Demografischem Wandel begegnen

Rat der Gemeinde Bad Grund will über Leader-Projekt zur Innenentwicklung in der Bergstadt beschließen

In dem LEADER-Projekt der Bergstadt Bad Grund ist auch angedacht, den Bahnhof in Gittelde stärker in das Angebot einzubinden.

Bad Grund. Anhaltender Rückgang der Einwohnerzahlen und eine starke Zunahme der älteren Bevölkerung prägen den Altkreis Osterode. Der demografische Wandel hat Auswirkungen auf das Leben der Menschen in Bad Grund und der gesamten Region. Mit dem Leader-Projekt „Innenentwicklung“ soll diesem Wandel und seinen Folgen aktiv begegnet werden. Der Rat der Gemeinde Bad Grund wird sich in seiner öffentlichen Sitzung am Dienstag, 18. Dezember, um 18.30 Uhr im Rathaus Windhausen damit befassen und darüber beschließen.

Sowohl Rats- und Ortsratsvertreter als auch die Verwaltung sehen hierin ein für die hiesige Region bisher einzigartiges Projekt, „das unter Einbeziehung der aktuellen und zukünftigen kommunalen Herausforderungen eine große Chance für die Potenzial- und Fortentwicklung der örtlichen Ebene im ländlichen Raum bietet“, heißt es in der Beschlussvorlage. Dies gelte gleichermaßen für die unmittelbar beteiligte Ortschaft Bergstadt Bad Grund und auf Grundlage der hieraus gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse auch für alle anderen Orte in der Leader-Region Osterode am Harz „und im besten Fall darüber hinaus“.

Finanziert werden sollen die Personal- und Sachkosten bis zu 80 Prozent über die Förderung durch Leader, einem Maßnahmenprogramm der Europäischen Union, das modellhaft innovative Aktvitäten im ländlichen Raum unterstützt. Das vom Leader-Regionalmanagement gemeinsam mit der Gemeinde und Vertretern der Lokalen Aktionsgruppe entwickelte Projekt sieht vor, dass der verbleibende Eigenanteil zu gleichen Teilen von der Gemeinde Bad Grund und vom Landkreis Göttingen getragen wird.

Der Landkreis hat laut Beschlussvorlage sein „überregionales Projektinteresse“ bereits signalisiert. Auf die Gemeinde kämen im dreijährigen Projektzeitraum Kosten in Höhe von 19.500 Euro zu. Zusätzlich könnten Landesmittel beantragt werden, die den Eigenanteil weiter senken würden. Im Ortsrat ist das Projekt bereits bestätigt worden. Wenn der Gemeinderat zustimmt, würde die lokale Aktionsgruppe Leader in ihrer Sitzung im Frühjahr 2019 darüber entscheiden.

Nächster Schritt wäre die Antragstellung beim Amt für regionale Landesentwicklung. Ausgehend von einem positiven Bescheid könnte das Projekt im Herbst 2019 starten. Das Innenentwicklungsmanagement soll sich mit Themen befassen, „die die Attraktivität der Bergstadt unter dem Aspekt des demografischen Wandels in der Innen- und Außenwahrnehmung steigert“. Konkret genannt werden der Umgang mit Leerständen, das soziale Miteinander im Ort, Tourismus, Nah- und Ärzteversorgung sowie Mobilität.

Leerstände

Das Management könnte sich um abrissreife Immobilien kümmern und der Rückbau durch Förderanreize unterstützt werden. Als weitere Aufgabe käme die Vermarktung von Wohn- und Geschäftsimmobilien in Betracht. Der Aufbau einer Immobilienbörse inklusive Baulücken in Verbindung mit einer gezielten Vermarktung ist laut Konzept denkbar. Im Dialog mit den Besitzern ließen sich so gezielt neue Eigentümer für Geschäfte wie die ehemalige Eisdiele finden, heißt es. Zudem könnten das Management bei Unternehmen in der Region für das Wohnen in Bad Grund werben.

Soziales Miteinander

Für das soziale Miteinander im Ort könnte das Management eine Art Lotsenfunktion übernehmen, soziale Treffpunkte ins Leben rufen, einen Markt, Dorfevents und eine ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe organisieren, um Menschen, die Hilfe benötigen, mit Menschen zusammenzubringen, die helfen wollen. Als „große Herausforderung“ bezeichnen die Verfasser der Projektskizze den Umgang mit Patienten aus den örtlichen Pflege- und Betreuungseinrichtungen. Zu den potenziellen Aufgaben des Managements gehört es, die Patienten in Zusammenarbeit mit engagierten Bürgern und Betreibern der Einrichtungen ins Dorfleben zu integrieren.

Tourismus

Ein weiterer Punkt beschäftigt sich mit dem Tourismus vor Ort. Fehlen würden „adäquate Unterkünfte“ für Besucher und Touristen, einige der angebotenen Unterkünfte entsprechen nicht mehr den aktuellen Standards. Aufgabe könnte es sein, auf Vermieter zuzugehen und sie zu animieren, in ihre Unterkünfte zu investieren und dabei zu unterstützen. Auch Workshops für Vermieter zu wechselnden Themen sowie Hilfe bei der Suche nach Nachfolgern etwa für Gaststätten und Cafés könnten zu Arbeitsfeldern werden, ebenso die Unterstützung bei Sanierungsvorhaben.

Nahversorgung

Obwohl es gute Nahversorgungsangebote vor Ort gibt, haben es gerade ältere Bürger schwer, diese zu erreichen. Das Management könnte mit Akteuren vor Ort neue Formen der Nahversorgung wie einen regelmäßig stattfindenden rollenden oder stationären Markt erproben. Darüber hinaus könnte es eine Art Fahrdienst in Zusammenhang mit den Einzelhändlern organisieren, damit insbesondere die nicht mehr mobilen Bewohner das Nahversorgungszentrum in Teichhütte oder die Einkaufsmöglichkeiten in den anderen Ortschaften erreichen. Die Initiatoren regen an, mit dem Nahkauf vor Ort über die Möglichkeiten eines Lieferantenservice zu diskutieren.

Ärzteversorgung

Obwohl die hausärztliche Versorgung in Bad Grund derzeit und in den nächsten Jahren sichergestellt ist, fehlt es in der Bergstadt an Fachärzten. Einen Zahnarzt gibt es zum Beispiel nicht mehr. Das Management könnte niedergelassene Ärzte bei der Nachfolgesuche unterstützen und junge Ärzte für Bad Grund begeistern. Wünschenswert wäre, so   eine Anregung, mit den Kliniken in der Region wie denen in Herzberg und Seesen zusammenzuarbeiten.

Mobilität

Der Öffentliche Personennahverkehr in Bad Grund ist derzeit auf den Schülerverkehr abgestimmt. Den Bahnhof in Gittelde zu erreichen ist deswegen gerade in den Nachmittags- und Abendstunden schwierig. Ziel könnte es sein, Mitfahrbänke am Bahnhof einzurichten oder einen Bürgerbus zu entwickeln.

Standort für Management

Für den Sitz des Managements stehen zwei Varianten zur Wahl: vor Ort in Bad Grund oder im Rathaus in Windhausen. In der Anlage wird daran erinnert, dass in der Bergstadt eine Dorfmoderation ins Leben gerufen wurde. Eine Auftaktveranstaltung gab es bereits mit 250 Teilnehmern. Angestrebt werde „eine optimale Verknüpfung zwischen der ehrenamtlichen Dorfmoderation und dem hauptamtlichen Innenentwicklungsmanagement, sodass sich beide Strukturen gegenseitig bestärken“.alt