150 Jahre Betriebsamkeit

Gute Musik und gute Stimmung bei Jubiläumsfeier der „Alten Mühle“ in Windhausen

„Newpast“ wusste zu überzeugen und zu begeistern.

Windhausen. Wo sich vor 150 Jahren das Wassermühlenrad zu drehen begann, trafen sich jetzt zahlreiche Bürger mehrerer Generationen aus nah und fern, um dieses Jubiläum mit Gesprächen, leckeren Hamburgern, einer Filmvorführung und fantastischer Live-Musik von „Newpast“, fünf Musikern aus Goslar, Langelsheim und Seesen, zu feiern.

Eingeladen dazu hatte Eike Weinreich, der vor einem Jahr den Entschluss gefasst hatte, die ehemalige Wassermühle und Gaststätte in eine Kulturmühle zu verwandeln. Diese Überlegung hatte sich als völlig richtig herausgestellt, denn mittlerweile verwandelt sich das Haus an der Unteren Harzstraße an einem Wochenende im Monat auch zu einem kleinen, aber feinen Kino. So auch während der Geburtstagsfeier, die mit der französischen Krimikomödie „Paulette“ eröffnet wurde.

Nachdem dann Jola Oledzka-Zogbaum, Uwe Rehberg, Marek Galeza, Dorothea Uthe-Meier und Sebastian Derer den Sound-Check abgeschlossen hatten, bat erst einmal Eike Weinreich um Aufmerksamkeit. Er sprach all denen, die sich in der Gaststätte oder auf dem Vorplatz eingefunden hatten ein großes Dankeschön dafür aus, dass sie ihn nicht allein feiern lassen wollten. Er erinnerte daran, dass er und Aleksej Hermann, der übrigens an dem Abend für die leckeren Hamburger sorgte, im vergangenen Jahr den 61 Minuten langen, amüsanten Krimi „Die Übriggebliebenen“, der auch zum Nachdenken einlädt, in Windhausen gedreht haben. Schließlich spielte ja auch die Geschichte dort. Der Tod des Vaters von vier Kindern brachte diese in die Ortschaft der Gemeinde Bad Grund, und dort sollte dann alles aus dem Ruder laufen.

Nicht aus dem Ruder lief der Auftritt von „Newpast“. Jola Oledzka-Zogbaum spielte quasi die erste Geige, die sehr überzeugend mit der Querflöte von Uwe Rehberg flirtete. Sie versicherte, dass es für die Band eine Ehre sei, bei dem Jubiläum der Alten Mühle spielen zu dürfen. Wenn es nach ihr ginge, würde man sich zum 160-Jährigen bis zum 200-Jährigen alle zehn Jahre zum Jubiläumskonzert treffen.

Dann begann die Reise durch die Geschichte des Blues, Folk und Rock, wobei auch klassische Elemente und harmonische Klänge nicht zu kurz kamen. So gehörte „House of the King“ ebenso dazu, „Storming Monday“, „Hoochie Coochie Man“ und „Whiskey Before Breakfast“. „Little Wing“ erinnerte an den unvergessenen Jimi Hendrix. „Locomotive Breath“  von Jethro Tull oder Weisen von Johann Sebastian Bach sorgten ebenfalls für Beifallsstürme. Die Gäste summten, tanzten und träumten drinnen wie draußen mit. Als „Streets of London“ angestimmt wurde, musste nicht lange ums Mitsingen gebeten werden.

Eines erhielt „Newpast“ von allen Seiten: von Faszination getragenen Applaus. Was Jola Oledzka-Zogbaum mit ihrer Geige, Uwe Rehberg mit seiner Stimme, Mundharmonika und Querflöte, Marek Galeza mit seiner Gitarre und seinem Bass, Dorothea Uthe-Meier mit ihrer Stimme und Sebastian Derer mit seinem Schlagzeug an überzeugendem Zusammenspiel und atemberaubendem Solo hervorzauberten, führte am Ende zu der Frage: „Wann kommt ihr wieder?“
Als nach den Zugaben der wirklich letzte Ton verklungen war, hieß es für viele noch lange nicht, den Heimweg anzutreten. Einer von den Langzeitgästen war Ortschronist Manfred Keinert, der aus dem geschichtlichen Mühlennähkästchen plauderte und damit auf offene Ohren stieß. So hat sein Vater vor Jahren bei Bauarbeiten den Mühlengrundstein gefunden, der beweist, dass die Mühle tatsächlich vor 150 Jahren gebaut und in Betrieb genommen wurde.

„Neben dem Mühlenbetrieb war es laut einer Urkunde aus den dreißiger Jahren auch ein Fabrikgebäude, das außerdem fünf Generationen ein Zuhause gegeben hatte. Wie mir erzählt wurde, wohnten einst in einem Raum bis zu 20 Menschen“, so Keinert. Er selbst könne sich daran erinnern, dass in den fünfziger Jahren in dem Haus sieben Familien lebten. In der kleinen Mühlen-und Gaststube habe sein Großvater mit der Mandoline, Heinrich Ludwig mit der Laute und Erich Sander mit seiner Gitarre Hausmusik gemacht. Die Atmosphäre sei so ähnlich gewesen wie die bei dem Jubiläumsfest.

Eine der prägenden Persönlichkeiten dieses Hauses sei aber unzweifelhaft Friedrich Metje gewesen, der das Anwesen noch vor 1900 erworben hat. Er war verheiratet mit Anna, geborene Lange. „Auch sie musste in der Mühle schwere Arbeit leisten und die Mehl- und Getreidesäcke die steile Mühlenstiege hochschleppen. Sie ist nicht alt geworden“.

Friedrich Metje hatte laut Dokumenten neben einer Sägemühle auch eine Bürstenfabrik. So lieferte er mit seinen Gesellen vielartige Bürsten und Besen. Aus einem erhaltenen Rechnungsbuch ist zu ersehen, dass die Kunden in Schöningen, Windhausen, Badenhausen, Teichhütte, Gittelde, Düderode und Goslar lebten. Die Königliche Berginspektion Grund, die Bergwerkswohlfahrt im Harz und Hilfe Gottes Grund sowie die Deutsche Fassfabrik Teichhütte wurden ebenfalls beliefert. „Friedrich Metje verlieh aber auch Geld und schnitt für die Windhäuser Holz. Weiter übernahm er die Vormundschaft für verwaiste Kinder, die er hier im Haus großzog“. Als Schiedsmann machte er sich sogar zu Fuß oder per Fahrrad auf den Weg zum Amtsgericht nach Gandersheim. Einmal holte er sogar einen unschuldig Verurteilten aus dem Zuchthaus. Totengräber war er ebenfalls. Letztendlich zog er mit einer Bimmel durchs Dorf und verkündigte Neuigkeiten.

Manfreds Keinerts Großmutter Anna heiratete um 1916 den Bergmann Ludwig Keinert aus Bad Grund. Eine Zeitzeugin aus Windhausen habe ihm dazu Folgendes mitgeteilt: „Als der Mann aus der Bergstadt Anna umwarb, schritt er von Grund kommend über die Wiesen und sang „Ich habe den Frühling gesehen…“. Nach dem Ja-Wort seiner Angebeteten führte der angeheiratete Großvater den Mühlenbetrieb weiter, bis er die Mühle aufgeben musste.pb