196 Jahre alte Fichte fällt Borkenkäfern zum Opfer

Die langanhaltende Trockenheit im vergangenen Sommer begünstige den Befall / Landesforsten haben jede Menge zu tun

Silas Tepper befindet sich momentan im ersten Trainee-Jahr der Niedersächsischen Landesforsten. Momentan betreut er das Forstamt Stauffenburg, dazu gehört der Gittelder Landteil.

Gittelde. Noch vor anderthalb Jahren war sie ein erfreulicher Mittelpunkt unseres Berichtes über sehr alte und große Bäume im Gittelder Landteil. Doch der lange und unnatürlich trockene Sommer im vergangenen Jahr ist auch an der 196 Jahre alten Harzfichte oberhalb der Köthe am Wasserbassin in Gittelde leider nicht spurlos vorüber gegangen.

Der Lochfraß im unteren Teil und das deutlich sichtbare Bohrmehl, das man in den Spinnennetzen sehen kann, sind deutliche Anzeichen dafür, dass der Borkenkäfer den kompletten Baum befallen hat. Auch wenn sie mit ihrer Höhe von rund 52 Metern und einem Brusthöhendurchmesser von 104 Metern wohl zu den beeindruckendsten Bäumen gehört. Mit Brusthöhendurchmesser (BHD) wird der Durchmesser eines stehenden Baumstammes in der Brusthöhe von 1,30 Meter bezeichnet. „Die Fichte ist leider nicht mehr zu retten. Man muss in diesem Fall davon ausgehen, dass der gesamte Baum befallen ist“, erzählt Silas Tepper, der sich gerade im ersten Jahr des Trainee-Programms der Niedersächsischen Landesforsten (NLF) im Forstamt Seesen/Revierförsterei Stauffenburg befindet. Wahrscheinlich handele es sich beim Befall der Fichte um den Buchdrucker.

Die Käfer bohren sich in die Baumrinde, um dort ihre Eier abzulegen. Sie zerstören dabei die Wasser- und Nährstoffleitbahnen der Fichten. Borkenkäfer gehören im normalen Maß normalerweise zum natürlichen Artenspektrum der Wälder dazu, und spielen im ökologischen Stoffkreislauf eine wichtige Rolle. Auch, wenn manch einer dies nicht glauben mag: der Borkenkäfer besitzt tatsächlich Eigenschaften, die ihn für das Ökosystem des Waldes nützlich machen. Häufig bringen die Larven lediglich geschwächte Bäume zum Absterben. Auf dem frei gewordenen Platz können dann durch Menschenhand neue Bäume gepflanzt werden, welche besser an den jeweiligen Standort passen.

Die Nützlichkeit der Käfer zeigt sich jedoch vor allem in der Tatsache, dass sie sich überwiegend von bereits verrottetem Holz ernähren. Dadurch entsorgen sie dieses auf natürliche Weise.

Von den 154 in Deutschland vorkommenden Borkenkäfer-Arten sind für die Baumart Fichte vor allem die Arten Buchdrucker und Kupferstecher bedeutsam. Der Befall beginnt typischer Weise dort, wo die Baumkrone ansetzt und verläuft dann den Stamm hinab. Momentan würde sich die nächste Generation der Borkenkäfer gerade kurz vorm Ausfliegen befinden, sagt Tepper. Beim Betrachten eines Stücks Borke könne man erkennen, in welchem Stadium sich der Befall gerade befindet: Je dunkler der Gang und die Larven, umso älter die Population. Pro Jahr können drei Generationen des gefräßigen Borkenkäfers heranwachsen. Ein Borkenkäfer entsteht durch insgesamt vier Stadien: das Ei, die Larve, die Puppe und dann entsteht der Jungkäfer. Die Entwicklung von der Eiablage bis zum fertigen Käfer dauert in warmen Perioden fünf bis sechs Wochen. „Erwischen“ könne man die Tiere nur in Stadium eins und drei.
Silas Tepper ist 24 Jahre alt und startet im September in sein zweites und letztes Jahr als Trainee. Seit 2016 bilden die Niedersächsischen Landesforsten alternativ zu einem Vorbereitungsdienst beim Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zusätzlich auch eigene forstliche Trainees aus. Das Trainee-Programm hat eine Dauer von 24 Monaten und bietet einen umfassenden Einblick in verschiedene Arbeitsbereiche mit einem hohen Anteil an Aufgaben, die eigenverantwortlich wahrzunehmen sind. Es gliedert sich in die folgenden Ausbildungsabschnitte: Revierförsterei mit Fachlehrgängen und Exkursionen, Servicestelle, Betriebsleitung oder Funktionsbereich eines Forstamtes, Forstamtsbüro, externe Hospitation in einem Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, selbstständige Projektarbeit sowie Lehrgänge und Fortbildungsveranstaltungen.

Von April bis September befinden sich die Trainees in der Projektphase und werden flexibel eingesetzt, dazu gehört auch der Einsatz als Revierleiter. Im Gegensatz zu vielen anderen, sei Tepper nicht auf klassischen Wege durch familiäre Verknüpfungspunkte zu diesem Beruf gekommen. Seine Familie hat eine Landwirtschaft und seine Großmutter eine Gärtnerei. „Die grünen Berufe waren in unserer Familie allerdings vorhanden“. Deshalb habe er sich auch bereits im Studium für die Naturwissenschaften interessiert. Den Entschluss, zukünftig in der Forst arbeiten zu wollen, habe er in seinem Freiwilligen Ökologischen Jahr gefasst. Dieses verbrachte er im Hamburger Stadtwald, wo er die vielfältigen Aufgabenbereiche kennenlernen durfte.

Aufgrund des extremen Wetters im vergangenen Jahr hätten die Landesforsten schon geahnt, dass es zu einem solchen Problem kommen könnte, so Tepper. Dennoch sei man über die Ausmaße doch sehr überrascht gewesen. „Diese starke Form des Borkenkäfer-Befalls haben wir nicht erwartet“. Und die Bereinigung könne auch noch einige Jahre dauern. Befallene Fichten müssen eingeschlagen und entrindet oder aus dem Bestand abgefahren werden. Im Wald liegendes bruttaugliches Material muss ebenfalls entfernt oder unschädlich gemacht werden (durch Mulchen, Hacken oder Verbrennen). Weitere Möglichkeiten, dort, wo es machbar ist, sind der Einsatz von Insektiziden. Das kommt zum Tragen, wenn die Abfuhr des geschlagenen Holzes nicht zeitnah erfolgen kann. „Momentan haben wir mehr Holzeinschlag durch den Borkenkäfer als durch den Windwurf“. Generell sei die Holzvermarktung auch aufgrund des hohen Aufkommens durch den Borkenkäfer und die Windwürfe der vergangenen Sturmtiefs schwierig, nicht nur für die Landesforsten sondern auch für private Waldbesitzer. Aber das Wetter spiele auch bei der Eindämmung eine große Rolle. Denn ab Temperaturen ab 16 Grad gedeihen die Käfer gut. Die besagte Harzfichte aus dem Jahr 1823 bleibt dem Gittelder Landteil trotzdem noch eine Weile erhalten, nämlich als sogenanntes stehendes Totholz. Damit dient sie zumindest noch anderen Lebewesen, wie dem Schwarzspecht und Pilzen, als Nahrungsgrundlage.hn