Sanierung der Schurfbergstraße liegt auf Eis – Angebote schocken

Anwohner kritisierten im Ortsrat von Bad Grund die Straßenausbaubeiträge / Die CDU und die SPD im Landtag arbeiten an Reformen

Die Angebote zweier Tiefbaufirmen für die dringende Sanierung der Schurfbergstraße/Bergstraße sind mit etwa 3,37 Millionen Euro höher ausgefallen als die geplanten 1,92 Millionen Euro. Deshalb wird momentan keine Auftragsvergabe erfolgen.

Bad Grund. Auf der Straße gilt Tempo 20 und trotzdem kommt man sich vor, als fahre man auf einer Huckelpiste. Schon lange ist die dringend notwendige Sanierung der Schurfbergstraße / Bergstraße geplant, die die direkte Verbindung von der Harzhochstraße zur Ortsmitte der Bergstadt Bad Grund darstellt, auf der auch viele Touristen in den Ort kommen. Die geplante Sanierung war auch wieder einmal Thema im Ortsrat von Bad Grund, der am Dienstag im Alten Rathaus stattgefunden tagte. Der Bürgermeister der Gemeinde Bad Grund, Harald Dietzmann, berichtete dabei über den aktuellen Sachstand.

Für die Maßnahme mit einem Volumen von rund 1,92 Millionen Euro (ohne die baulichen Teile für den Kanal des Eigenbetriebes) habe Ende Juli die sogenannte Submission stattgefunden. Dabei seien zwei Angebote von Tiefbaufirmen eingegangen, wie der Verwaltungschef berichtete. Allerdings liege der günstigste Anbieter dabei immer noch bei Kosten von rund 3,37 Millionen Euro, beziehungsweise rund 3,6 Millionen Euro inklusive der Ingenieurleistungen. „Das sind rund 1,7 Millionen Euro oder 85 Prozent mehr als geplant. Das ist ein ungeheurer Schlag durch die Decke, was uns vor erhebliche Probleme stellt“, so Dietzmann.

Grund für die höheren Kosten seien die gestiegenen Kosten für den Bodenaushub sowie für die Arbeits- und Lohnkosten. Das sei zum einen nicht über den eigenen Haushalt zu finanzieren und zum anderen nicht den Anliegern zuzumuten, auf die dadurch natürlich auch höhere Anliegeranteile zukämen. Deshalb könne man momentan keinen Auftrag erteilen. Bei der Gelegenheit kam aus Reihen der Einwohner das schon lange umstrittene Thema der Straßenausbaubeiträge zur Sprache.

Die Straßenausbaubeitragssatzung der Kommunen, die Anlieger für die Sanierung von Straßen zur Kasse bittet, ist schon seit vielen Jahren ein viel diskutiertes und strittiges Thema. Auch in der Gemeinde Bad Grund kam es deshalb schon zu Debatten im Rat, vor allem aber auch in der Bevölkerung. Wie am Dienstag im Beobachter zu lesen war, plant die rot-schwarze Koalition im Landtag Reformen dieser Beiträge. Die CDU könne sich sogar eine komplette Abschaffung vorstellen, die SPD hingegen will Anlieger für die Straßensanierung zumindest nicht mehr ganz so stark zur Kasse bitten.
Auf die Frage des Einwohners nach Abschaffung der Anliegergebühr antwortete Dietzmann, dass es in der Gemeinde eine rechtmäßige Straßenausbaubeitragssatzung gebe, man also verpflichtet sei, Beiträge zu erheben.

Dietzmann sei davon überzeugt, dass selbst wenn die Fraktionen im Landtag an dem Thema dran seien, in naher Zukunft wohl keine Lösung gefunden würde. Außerdem könnten die Kommunen wohl auch nicht davon ausgehen, dass das Land den Ausfall ersetzen werde. Ein großes Problem stelle für Harald Dietzmann auch die Gleichbehandlung der Einwohner dar. „Wie soll man das jemandem erklären, der gerade noch einen Anliegerbeitrag bezahlen musste? Damit produziert man eine große Ungerechtigkeit“.

Der stellvertretende Landesvorsitzende des Landesverbandes Wohneigentum (VWE) und Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Gittelde (Kreisgruppe Harz), Helge Güttler, bezieht schon seit langem zu dem Thema eindeutig Stellung. „Wir sind für die Abschaffung, weil die Straßenausbaubeiträge ungerecht und unsozial sind“. Denn die Rechnung würden diejenigen erhalten, deren Grundstück praktisch zufällig an der zu sanierenden Straße liegt. Deshalb habe der VWE eine Eingabe beim Niedersächsischen Landtag gemacht, verbunden mit rund 26.000 Unterschriften für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. „Jetzt liegt der Ball beim Landtag, jetzt muss man sich äußern“, so Güttler, der der Meinung ist, dass die Kosten für Straßensanierungen auch auf anderem Wege finanziert werden könnten. Dabei meint Güttler aber nicht die sogenannten „wiederkehrenden Beiträge“.

Wiederkehrende Beiträge können für den Straßenbau im gesamten Gemeindegebiet oder einem Ortsteil erhoben werden. Dabei muss in der Straße des Beitragszahlers nicht unbedingt ein Straßenausbau erfolgen. Der kann auch Kilometer von seinem Grundstück entfernt am anderen Ende der Gemeinde durchgeführt werden. Es werden alle Grundstückseigentümer in einer Gemeinde oder einem Ortsteil zu Beiträgen herangezogen. Ihre Grundstücke bilden eine Abrechnungseinheit. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass alle Straßen in einer Gemeinde ein Straßennetz bilden.

Dies sei für Güttler jedoch keine Lösung. Die Finanzierung könne über den öffentlichen Haushalt und die Grundsteuer erfolgen. „Es sind Mittel da, auch bei uns in der Gemeinde. Es ist aber auch immer eine Frage, ob das gewollt ist oder nicht“, so Güttler.

Für die Abschaffung plädieren neben den Verbänden für Haus- und Wohnungseigentümern auch der Steuerzahlerbund und die FDP.

Die Koalition reagiere damit auf zunehmende Proteste von Haus- und Wohnungsbesitzern, hieß es am Dienstag im „Beobachter“. Auch der Verband Wohneigentum ist schon lange gegen diese Zwangsrechnungen, die je nach Grundstücksgröße schon mal mehrere tausend Euro für einen Anlieger bedeuten können.

Wie auch in Willensen an der Hammenser Straße. Der Ausbau und die daraus resultierenden Kosten hatten sich zwischen 2015 und 2016 zu einem Streitpunkt zwischen der Verwaltung der Gemeinde Bad Grund und den Anliegern entwickelt. 75 Prozent der Sanierungskosten sollten ursprünglich auf die Anlieger umgelegt werden, wogegen ein Anwohner klagte – und Recht bekam, zumindest teilweise. Denn immer noch mussten die Anlieger tief in die Tasche greifen.

Zum Hintergrund: Zunächst eingestuft als reine Anliegerstraße, wollte die Gemeinde 75 Prozent der Kosten auf die Anlieger umlegen. Der Grund: Es handele sich um eine Straße mit überwiegendem Anliegerverkehr. Das sah das Verwaltungsgericht Göttingen anders und machte in seinem Urteil deutlich, dass es sich eben nicht um eine Straße mit überwiegendem Anliegeranteil handele, sondern als Einrichtung mit starkem innerörtlichem Verkehr zu bewerten sei. Da in der Straßenbausatzung zwischen diesen beiden Kategorien keine weitere vorhanden war, müsse die nächstniedrigere Stufe – also die der innerörtlichen Straße – als Auffangkategorie herangezogen werden, die im Mittel bei 45 Prozent liegt.

Die später im Rat und dann auch noch rückwirkend beschlossene Einzelsatzung, nach der die Anlieger nun 55 Prozent tragen mussten, war für viele gleichgesetzt mit einer nachträglich eingeschobenen Kategorie. Der Bürgermeister Harald Dietzmann sagte damals dazu, dass der Anteil, den die Gemeinde trägt, in irgendeiner Form auch der Gemeinschaft zulasten falle, und die Gemeinde die Verantwortung dafür zu tragen haben, die Lasten fair, gerecht und rechtssicher zu verteilen.

Eine Straßensanierung bedeutet im Detail betrachtet sehr viel Geld. Und im Fall der Hammenser Straße standen sogar Summen von bis zu 15.000 und 28.000 Euro für einzelne Anwohner im Raum. Da ist es dann wohl auch nur ein kleiner Trost, dass die Möglichkeit besteht, mit der Gemeinde eine Stundung zu vereinbaren.hn