Schwergewichtiger Bergmann mit einer besonderen Aufgabe

Die Bergstadt ist um eine Attraktion reicher / Neugestaltung des Quisisana-Parks / Landestscherper in Bad Grund

Nach der feierlichen Einweihung samt Enthüllung gingen sie ins Atrium, um das zwölfte Landestscherper zu feiern.

Bad Grund. Er wiegt eine Tonne, wurde in Handarbeit aus einem doppelt so schweren Granit-Quader herausgeschlagen, trägt Bergmannkleidung, ein Geleucht und eine Hacke. Laut Dr. Oswald Sander könnte er einen Schwatz mit dem Zwergenkönig Hübich auf der anderen Straßenseite halten. Die Rede ist vom 1,80 Meter großen Bergmann, der am Sonnabend in dem in der Ortsmitte von Bad Grund neu gestalteten Quisisana-Park feierlich enthüllt wurde.

Das Ensemble wird durch Kinder aus Bronze ergänzt, die auf den Bergmann umgebenden Bänken sitzen. Zugleich war die Einweihung die Eröffnung des zwölften Landestscherper, der Vereinigung der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine Niedersachsen (VBN). Deshalb waren die größte Zahl der Schaulustigen Mitglieder aus über 20 Bergmanns-Knappenund Fördervereinen, die nicht nur aus Niedersachsen, sondern auch aus benachbarten Bundesländern in die Bergstadt kamen.

Das Highlight war ohne Zweifel die Einweihung. Dr. Oswald Sander ging in seinem Grußwort in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück. Schließlich lebte 1642 eine mutige Person in Bad Grund, die der Bergstadt ein prachtvolles vierstöckiges Gebäude als Erbschaft hinterlassen hat, das Quisisana-Haus. Das habe nicht nur diesen Krieg überstanden, sondern auch die napoleonischen Zeiten und die beiden Weltkriege. „Bei so einer Leistung stehen wir heute in der Pflicht, unser denkmalgeschütztes Haus Quisisana aufrecht zu erhalten und alte Handwerke wieder ins Leben zu rufen“. Schließlich habe das Gebäude auch alle Epochen des Bergwerkes als Zeitzeuge miterlebt. Jetzt bräuchte es einen Wächter, der die Erinnerung an gute alte Bergwerkszeiten wachhält und belebt.

Genau diese Aufgabe soll der neu angelegte Park erfüllen, damit die alte Tradition nie vergessen wird. Dr. Sander verwies auf die Tafel, die zu Füßen des Bergmanns angebracht ist und auf der drei alchemische Zeichen zu sehen sind: Blei, Zink und Silber, die aus den Bad Grundner Gruben zwischen 1564 und 1992 zu Tage gefördert wurden. Er und sein Team bedankten sich beim Amt für regionale Landesentwicklung für die gewährte LEADER-Unterstützung, dem Amt für Denkmalschutz des Landkreises Göttingen, der Gemeinde Bad Grund, der Volksbank im Harz, dem Architekten sowie den vielen fleißigen Handwerkern.

Ein besonderes Dankeschön ging an Martin Armbrecht für die Planung, Zeichnung, für das Konzept und die Ausführung. Izabela Dylag sprach im Namen der Bürgerinitiative „Zukunftsbergstadt“ der Parkanlage und dem Statuen-Ensemble, das zum Verweilen einlädt, ein großes Kompliment aus. Damit sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Verschönerung der Bergstadt getätigt worden. Bürgermeister Harald Dietzmann sprach Dr. Oswald Sander ein aufrichtiges Dankeschön aus. Denn das persönliche Engagement im Sinne des öffentlichen Gemeinwesens sei nicht selbstverständlich. In der Mitte der Bergstadt sei jetzt ein Ensemble zu sehen, das dem Ortsbild und der Historie Bad Grund gerecht wird und den Bergleuten gewidmet ist. Der Bergmann betone die Erinnerung an mehrere hundert Jahre Bergbau im Harz, speziell in der Bergstadt. Er stünde auch für den Stolz, die Kraft und die unvergessliche Tradition, die die Bergstadt nicht nur zum Wirtschaftsfaktor hat werden lassen.

Diese Traditon habe auch Menschen und ganze Regionen über Generationen geprägt. Gerhard Pape, der Landesvorsitzender der VBN sowie Harald Dietzmann und Gerd Hintze enthüllten den Bergmann. Pape betonte, dass dies ein großes Ereignis der Bergbaugeschichte für nachfolgende Generationen sei. „Ich wünsche dem Kameraden in Stein, dass er lange im Park verweilen kann und so an die Bergbaugeschichte erinnert“. Pastor Michael Henheik lud zur kleinen liturgischen Feier, er erinnerte an die Gemeinschaft, Gemeinsamkeit, Verbundenheit und die Verlässlichkeit unter Tage. Die sei vorbildlich und vor allem lebensnotwendig. Unter Tage hieß es stets „Jeder für jeden, alle für alle“. Heute setze sich leider immer mehr die Vereinzelung durch „jeder gegen jeden, alle gegen alle“.

Im Anschluss folgte der zweite Teil, nämlich das Landestscherper, das vom Knappenverein Bad Grund/ Harz und Umgebung im Atrium organisiert wurde. Der Musikzug Taubenborn spielte zum Aufbruch, ein langer Zug machte sich auf den Weg. Als alle Platz genommen hatten, brachte Gerd Pape seine Freude darüber zum Ausdruck, so viele Bergmanns- und Knappenvereine, aber auch politische und bergmännische Vertreter begrüßen zu können. „Wir möchten mit dieser Veranstaltung den Kameraden, die keine Großveranstaltungen oder große Vereinsfeste mehr bestreiten können, die Möglichkeit geben, im gegenseitigen Austausch, ein paar gemütlichen, von Frohsinn und Harmonie geprägten Stunden zu verbringen.“

Harald Dietzmann versicherte, dass es für ihn eine besondere Ehre sei, dass er die Schirmherrschaft übernehmen durfte. Dieses Treffen erinnere ihn ans Bergdankfest, was jedes Frühjahr ein eindrucksvolles Erlebnis sei. Jetzt wolle man gemeinsam feiern und ausdrücken, dass man für die bergbauliche Tradition und deren Erhalt eintreten werde. Inzwischen sei fast 28 Jahre vergangen, dass das letzte Bergwerk eingestellt wurde. „Es ist schön, dass die Tradition weiter lebt und Erinnerungen erhalten werden“. Dipl. Ing. Klaus Rumphorst, Leiter der Inaktiven Werke der K + S AG (früher Kali und Salz AG, mit Sitz in Kassel) betonte, dass trotz die Hoffnung nicht sterben werde, den Bergbau wieder zu aktivieren. Festredner Gerhard Lenz, Geschäftsführer des Weltkulturerbes Rammelsberg, mahnte an, dass das Thema Bergbau für gegenwärtige Generationen im Prinzip nicht mehr existiere. Das liege auch im Aussterben in vielen Bereichen des Berufszweiges, denn es gebe bei den Kindern und Jugendlichen keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte zum Bergbau mehr. Außerdem sei die generelle Wahrnehmung von Lebensumwelt seit Mitte des 20. Jahrhunderts sehr viel stärker durch das fertige Produkt geprägt, man befasse sich zunehmend weniger mit Herstellungsprozessen. Bergbau, das „erste Handwerk des Menschen“ ging in dieser Region – beispielsweise am Rammelsberg – vor mehr als 300 Jahre um. „Wenn wir den Funden unserer Archäologen glauben, dann gibt es in der Harzregion bergbauliche Spuren bis in die Bronzezeit“.

Somit seien das Bergwerk Rammelsberg, die Altstadt von Goslar und die Oberharzer Wasserwirtschaft nicht nur landschaftlich verbunden. Sie seien über Kommunen und Landkreisgrenzen hinweg ein Welterbe. „Wir sind ein Ensemble Welterbe geworden. Und dazu gehört nicht nur dessen Erhalt, sondern auch im Besonderen dessen Vermittlung“. Man müsse Erkenntniswege errichten und Brücken schlagen zwischen den Orten. Es sollten keine Wanderwege werden, sondern Rundgänge von drei bis fünf Kilometern für Menschen, die vielleicht gar nicht wissen, was Welterbe ist. Dazu gehörten beispielsweise die Qualität der Museen und die Vermittlung von Kreativ-Projekten in Form von Welterbe-Zentren. „Ich vertraue auf unser gemeinsames Tun, denn Bergbau ist nicht eines Mannes Sache“. Nach ein paar Stunden machten sich alle auf den Heimweg mit einem „Glück auf“ bis nächstes Jahr.pb