Unterirdische Trinkwassertalsperre

Die Bedeutung des Magdeburger Stollens für die Gemeinde Bad Grund

Die Sperrmauer des Magdeburger Stollens mit Einstiegsöffnung.

Bad Grund. Die diesjährige Trockenheit und Dürre im Land brachte täglich neue Schlagzeilen in die Tageszeitung. „Düna sitzt auf dem Trockenen“, „Die Harzer Talsperre Oderteich fällt trocken“  aber auch „Harztalsperren leeren sich – aber die Wasserversorgung ist sicher“. Da ist es interessant zu erfahren, woher die Einwohner in der Gemeinde Bad Grund ihr tägliches Trinkwasser bekommen. Das kommt seit vielen Jahren aus dem Magdeburger Stollen, der zunächst  ab 1527 als reiner Entwässerungsstollen für die im Iberg bei Bad Grund tätigen Bergwerke angelegt wurde (aufgefahren, sagt der Bergmann!).

Das abzuführende Grundwasser hatte jedoch eine so gute Qualität, dass es bereits vor mehreren hundert Jahren als Trinkwasser genutzt wurde. Noch heute werden aus diesem Stollen fasst alle Haushalte in der neuen Gemeinde Bad Grund ausreichend mit Trinkwasser von bester Qualität versorgt.

Wie alles anfing

Im Iberg bei Bad Grund wurden bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts von vermögenden Magdeburger Kaufleuten Bergwerke betrieben, die durch den Magdeburger Stollen entwässert wurden. Außerdem hatte Herzog Heinrich der Jüngere großes Interesse an der Verbesserung der Bergwerke „An dem Iberge zu Gittelt im Grunde“, dass er sogar diesen Stollen, mit dem damaligen Namen „Erbstollen“, in der ersten Bergfreiheit von 1532 besonders erwähnte.

Später erhielt dieser Entwässerungsstollen „Magdeburger Stollen“ seinen Namen nach den damaligen Betreibern und Geldgebern aus Magdeburg. Dank der guten Wasserqualität des abzuführenden Grundwassers war er dadurch nicht nur ein Wasserlösungsstollen, sondern auch bereits seit mehreren hundert Jahren die Trinkwasserversorgung für die Bergstadt Grund und die dort arbeitenden Hüttenbetriebe. Leider dauerte die Blütezeit der Gruben am Iberg nur kurze Zeit, bereits um 1550 wurde der Silberbergbau eingestellt. Der Eisenerzabbau wurde dagegen erst 1885  mangels geringer Ausbeute  aufgegeben. Der letzte Betreiber, der „Hörder Bergwerks- und Hüttenverein“,  veräußerte den Magdeburger Stollen an die Bergstadt Bad Grund. Seitdem dient der Stollen ausschließlich der Trinkwasserversorgung.

Nach historischen Unterlagen wurde mit dem Bau des Wasserlösungsstollens 1527 begonnen. Der tatsächliche Baubeginn dürfte jedoch bedeutend früher gewesen sein, wie in der Bergchronik des Harzchronisten Hardanus Hake von 1572 zu lesen ist: „Herzogin Elisabeth hat die Anordnung getan, den Magdeburger Stollen wieder aufnehmen und belegen zu lassen, wenn der wieder aufgemacht und weitergetrieben, hofft man, es soll das Silberbergwerk (dazu Gott Glück gebe) wiederum angehen“. Die Herzogin ist um 1500 zur Stauffenburg gekommen und 1522 verstorben. Das Mundloch des Stollens befindet sich im Hübichtal in Bad Grund. Von hier wurde er in einer Länge von über 2000 Metern zur Entwässerung der dortigen Bergwerke in den Iberg getrieben.

Ausläufer  und Seitenarme führen ungefähr unter der Harz-Hochstraße bis zum Höhlensystem der Iberger Tropfsteinhöhle. Unter damals schwersten Bedingungen wurde er in einer Tagesleistung von 1 Zentimeter  in das harte Gestein aus Grauwacke und Tonschiefer geschlagen. Vom Mundloch im Hübichtal wurde das Trinkwasser zunächst in Rohrleitungen aus Holz (sogenannten Piepen) und später aus Gusseisen zur Versorgung der Grundner Bevölkerung weitergeleitet.

Der Diplom-Geologe Dr. Ralf Nielbock hat sich vor einiger Zeit mit der Geschichte des Stollens beschäftigt und berichtet, dass die Wasserversorgung in den Jahren 1767 und 1823 durch einen extrem heißen Sommer beziehungsweise einen kalten, schneelosen Winter zum Erliegen gekommen ist. Zu einer längeren Versorgungspause kam es außerdem 1868, als der Stollen am 18. Oktober versiegte. Die Straßenbrunnen hatten kein Wasser mehr und die Mühlenräder standen still. Der Grund war ein vom Knesebeckerschacht  zum Iberg angelegter Stollen.

Er lag 40 Meter unter dem Magdeburger Stollen und hat sein Wasser abgefangen. Zehn Jahre lang wurde die Bergstadt Grund von der Wiemannsbucht mit Trinkwasser schlechter Qualität versorgt. Es kam vermehrt zu Krankheiten und die Sterblichkeit in der Bevölkerung nahm zu. Erst nach zehn Jahren wurde dieser Stollen wieder abgemauert, nach weiteren 204 Tagen hatten sich die Hohlräume im Iberg wieder mit Wasser gefüllt und der Magdeburger Stollen fing im Januar 1879  wieder an zu laufen. Diese lange Stauzeit lässt vermuten, dass sich riesige Hohlräume im Iberg befinden, in denen sich das Wasser stauen kann. 

Unterirdische Talsperre im Iberg

Nachdem die Eisenerz-­gewinnung 1881 aufgeben wurde, musste sichergestellt werden, dass auch die Trinkwasserversorgung nicht zum Erliegen kommt. Aus diesem Grunde wurden in dem Iberger Stollen- und Höhlensystem Dämme eingebaut, was zu einem weiteren Wasserzufluss in den Magdeburger Stollen führte. Zur Erhöhung der Speicherkapazität und des Wasserdruckes wurde 1911  im Stollen eine Sperrmauer errichtet, und zwar 280 Meter vom Stollenmundloch entfernt (sie liegt unter der Ibergsiedlung).

Die  Mauer besteht aus Hartbranntsteinen, hat eine Stärke von zwei Metern und ist mit einer Einstiegsöffnung  von 60 x 60 Zentimeter versehen. Durch diese Mauer ist ein geschlossenes Sperrsystem  entstanden. Hinter der Mauer staut sich das Wasser in einer unterirdischen Talsperre im Berg bis 20 Meter über die Sperrmauer. Ein eventueller Überlauf ist in dem weitverzweigten Stollensystem geregelt.

Nach Schätzung von Fachleuten beträgt der Wasservorrat in dieser unterirdischen Talsperre über eine Million Kubikmeter. Heute werden jährlich rund 300.000 Kubikmeter Wasser entnommen. Im Stollen sind zwei Entnahmeleitungen mit einem Durchmesser von 15 beziehungsweise 20 Zentimeter verlegt, die das Wasser in das öffentliche Versorgungsnetz leiten.

Die Wasserversorgung heute

In den letzten Jahren wurde in der gesamten Gemeinde Bad Grund durch den Bau neuer Transportleitungen, Druckerhöhungspumpen  und Hochbehälter ein leistungsfähiges Verbundsystem geschaffen. Das Netz der Transportleitungen mit verschiedenen Querschnitten hat eine Länge von etwa 65 Kilometer. Der Versorgungsbereich der Gemeinde kann ständig mit Trinkwasser aus dem Magdeburger Stollen versorgt werden. Außerdem besteht eine Vereinbarung mit den Harzwasserwerken GmbH über einen regelmäßigen Trinkwasserbezug. Auch für äußerste Notfälle ist vorgesorgt, wenn es Probleme mit der Versorgung aus dem Stollen geben sollte.

Am „Tiefen-Georg-Stollen“ in Bad Grund besteht eine Wasserentnahmestelle mit einer Pumpstation. Für Gittelde und Badenhausen bestehen Übergabestellen aus der Harzwasserleitung der Sösetalsperre. Die Wassergewinnungsanlage „Gittelder Kiefholzquelle“ wurde allerdings bereits am 19. Mai 2004 außer Betrieb genommen. Außerdem  gibt es in Badenhausen einen Tiefenbrunnen, der seit 1972 genutzt wird.

In Willensen existiert ein Notbrunnen, der kurzfristig in Betrieb genommen werden kann. Die Gemeinde Eisdorf wird aus der eigenen Krytertalquelle versorgt, ist andererseits an das Verbundsystem angeschlossen und kann daraus jederzeit versorgt werden. (Bodo Biegling)red