„Weltklasse! Bildung ist mehr wert“

Schüler der Oberschule Badenhausen fordern von Politikern höhere Investitionen in die Bildung

Einen liebenvollen und musikalischen Abschied bereiteten die Lutteraner Grundschüler ihrer Lehrerin Silke Melchert (Foto links). Zum Abschied gab es eine Leinwand mit dem Lied „Und so geh´nun deinen Weg”. Jeder Schüler hatte sich mit seinem Fingerabdruck auf der Leinwand verwewigt, die Abdrücke bildeten Noten. Am Vortag feierten die Grundschüler ihre School-Out-Party.

Badenhausen. Der Wahlpflichtkurs Politik des siebten und achten Jahrgangs der Oberschule Badenhausen unter der Leitung des stellvertretenden Schulleiters Thomas Koch forderte die Bundestagsabgeordneten der Region auf, sich für höhere Investitionen im Bildungsbereich – hier in Deutschland, aber auch weltweit – einzusetzen.

Im Rahmen der Globalen Bildungskampagne „Weltklasse! Bildung ist mehr wert“ haben die Schüler der Wahlpflichtkurse Briefe an die Bundestagsabgeordneten der Region geschrieben und sie dazu aufgefordert, sich für höhere Investitionen in der Bildung sowohl in Deutschland, aber auch weltweit einzusetzen. Die Briefe gingen an Thomas Oppermann von der SPD, Dr. Roy Kühne von der CDU, Jürgen Trittin von den Grünen und Konstantin Kuhle von der FDP.

Zuvor haben sich die Schüler im Unterricht mit der weltweiten Bildungssituation auseinandergesetzt. Nach Angaben der Globalen Bildungskampagne, die sich für eine Stärkung des Menschenrechts auf Bildung einsetzt, können weltweit 260 Millionen Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Schule gehen. Kriege, Bürgerkriege, eine schlechte Infrastruktur, zu hohe Schulkosten, schlecht ausgestattete Schulen, schlecht ausgebildete Lehrkräfte – dies alles führt dazu, dass viele Kinder und Jugendliche ihr Menschenrecht auf Bildung nicht wahrnehmen können.

So verfügen nur ein Prozent der Schulen in Tansania über ein Waschbecken, in Kenia besitzen lediglich 21 Prozent der Schulen eine Toilette und in Liberia sind gerade einmal sechs Prozent der Schulen an die Stromversorgung angeschlossen. Ganz konkret konnten die Schüler diesen Missstand in der Auseinandersetzung mit ihrem Misereor-Partnerprojekt „Waldgärten – Ein neues Fundament für Haiti“ erleben. Als Partnerschule von Misereor unterstützt die Oberschule Badenhausen dieses Projekt, indem die Schulgemeinde und die Öffentlichkeit über die Situation in Haiti informiert, das Thema im Unterricht behandelt wird, der Kontakt mit Misereor gestaltet wird und Spenden gesammelt werden. Das Partnerprojekt unterstützt die Wiederaufforstung Haitis, aber auch die Stärkung der Bildung.

Denn die Bildungssituation in Haiti ist katastrophal. Die Analphabetenquote beträgt 50 Prozent, es gibt kaum Schulen, an denen anständig Bildung vermittelt wird. Mehr als 80 Prozent der Schulen sind Privatschulen, die sich weite Teile der Bevölkerung nicht leisten können. Zudem werden durch Naturkatastrophen wie Erdbeben und Hurrikans immer wieder auch Schulen zerstört. Die Folgen liegen auf der Hand: ein Leben in Armut, eine hohe Geburtenrate, der wirtschaftliche Niedergang des Landes, kaum Zukunftsperspektiven. Viele versuchen diesem Teufelskreis zu durchbrechen, indem sie ihr Land verlassen und in die Nachbarländer oder nach Europa fliehen. Hier besteht also Handlungsbedarf, denn schließlich haben sich alle Unterzeichner der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, dieses Recht einzuhalten und zu schützen.

Die Schüler des Kurses konnten aber auch feststellen, dass selbst in so einem reichen Land wie der Bundesrepublik Deutschland mehr in Bildung investiert werden muss. So kann man immer wieder etwas über die katastrophalen Zustände etlicher Schulgebäude in Deutschland lesen. Und auch die Oberschule selbst ist betroffen. Daher sind den Schülern die Weiterentwicklung des digitalen Lernens und der Aufbau einer digitalen Infrastruktur wichtig, da die Oberschule Badenhausen eine MINT-freundliche und digitale Schule ist. Das methodisch-didaktische Konzept wurde ausgezeichnet, der Schulträger ist bemüht, die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen, aber bei dieser „Riesenaufgabe“ der Digitalisierung müssen die Schulträger mehr finanziell unterstützt werden.

Darüber hinaus stand bereits die Existenz der Oberschule in Frage. Hintergrund war auch hier der Investitionsdruck wie zum Beispiel in energetische Maßnahmen, Brandschutz und Inklusion durch den Schulträger sowie der demografische Wandel. Dank massiver Protestaktionen der gesamten Schulgemeinde konnte der Fortbestand der Schule vorerst gesichert werden. Dennoch sehen die Schüler auch hier einen dringenden Handlungsbedarf: Für ein umfassendes und nachhaltiges Bildungsangebot im ländlichen Bereich muss mehr investiert werden, damit auch kleinere Schulstandorte erhalten bleiben können. Diese Forderungen richteten die Schüler an die Politiker und klärten in einer offenen Projektarbeit auch ihre Mitschüler aus anderen Kursen und Klassen über die weltweite Situation der Bildung auf. Gleichzeitig luden sie die Politiker auch nach Badenhausen ein, um mit ihnen über die Situation der Bildung hier in Deutschland, aber auch in Haiti und weltweit zu diskutieren. Gespannt warten sie, ob und wie die Politiker antworten werden.red