Gottesdienstbesuch im Wald trotz Rollstuhl – DRK Störy macht’s möglich

Emilie Giesel ließ keinen der über 300 Weinberggottesdienst aus

Die drei Störyer Rotkreuzler Stephanie Winter, Jens Strzala, Dr. Katja Günther-Schade (von links) sorgen dafür, dass die 97-jährige Emilie Giesel wieder an den Netter Weinberggottesdiensten teilnehmen kann.

Nette. Die heute 97-jährige Emilie Giesel, eine der ältesten Mitbürger aus dem Ambergau, ging schon seit frühen Jahren jeden Sonntag in Nette zur Kirche und verfolgte die Gottesdienste mit großem Interesse. Für sie selbstverständlich war der Besuch des ersten Freiluftgottesdienstes auf dem Weinberg. Von Stund an ließ Emilie Giesel nicht einen der folgenden über 300 Weinberggottesdienste aus. Erst in Begleitung ihres Mannes, erklomm sie später dann mit ihrer Tochter Monika sonntäglich den Berg. Noch zu Beginn diesen Jahres war Giesel trotz des hohen Alters gut zu Fuß unterwegs und freute sich auf die bald kommenden Gottesdienste im Freien. Aus gesundheitlichen Gründen ist es ihr nun nicht mehr möglich, selbstständig auf den Berg zu gelangen. Sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen.

Die Bereitschaft des DRK-Ortsvereins Störy ließ es sich nicht nehmen, Emilie Giesel auch weiterhin den Besuch des Weinberggottesdienstes zu ermöglichen. Kurzerhand wurden Übungsstunden angesetzt, um verschiedene Tragemöglichkeiten zu erarbeiten und auszuprobieren. Die Netterin ist im Besitz eines Elektro-Rollstuhls. Mit Hilfe von drei Rotkreuzlern und der Elektro-Unterstützung des Rollstuhls ist es möglich, den holperigen Anstieg zur Lichtung zu bewältigen. Die Seniorin ist überglücklich, dass sie endlich wieder auf den Berg kommen kann, um dem geliebten Gottesdienst im Freien beizuwohnen.

Der Weinberggottesdienst, am Anfang noch durch Anzeigen in der Presse beworben, ist heute ein Selbstläufer und weit über die Kirchenkreis-Grenzen hinaus bekannt. Eine liebgewonnene Tradition, die durch die Unterstützung und Vorbereitung durch den Kirchenvorstand über all die Jahre möglich war. Die Freiluftsaison der evangelischen Kirche in Nette beginnt auch heute noch mit dem Himmelfahrtstag. Gefolgt vom zweiten Sonntag nach Pfingsten dann 14-tägig in den Monaten Juni, Juli und August. Sollte das Wetter es einmal nicht zulassen, einen Gottesdienst im Freien abzuhalten, fällt dieser nicht aus, sondern wird in die Netter Dreifaltigkeits-Kirche verlegt.

Der Weinberg liegt an der B 243 bei Nette in Richtung Bad Salzdetfurth. Mit seinen 219 Höhenmetern überragt er den Ambergau und gewährt bei gutem Wetter eine Weitsicht bis in den Harz hinein und zum Brocken. Der Weinberg ist bewaldet und gehört zur Forstgemeinschaft Nette. Genau dieses schöne Fleckchen Erde hat sich im Jahr 1972 der Gemeindepastor (von 1962 bis 1984) für Nette-Upstedt-Söder, Horst Dietrich Schlemm, ausgesucht, um einen Freiluftgottesdienst zu organisieren. Die malerisch gelegene Lichtung bot sich hierfür an. Pastor Schlemm überlegte nicht lange und bat die Netter Bürger um Mithilfe. Es wurden kleine Klappstühle angeschafft, damit die Besucher einem Gottesdienst im Wald bequem folgen können.

Es wurden Anzeigen in der örtlichen Presse geschaltet und zum ersten Weinberggottesdienst eingeladen. Bestand nur noch das Problem, wie die vielen Stühle auf den Weinberg zu transportieren. Die Netter Handwerker Tischlermeister Karl Hans und Schmiedemeister Heinrich Giesel besaßen Pkw mit einer Anhängekupplung und boten ihre Hilfe an.

Heinrich Giesel war es auch, der für den Anstieg zur Lichtung ein Geländer geschmiedet und angebaut hat. In den späteren Jahren wurde das kurze Geländer durch den ebenfalls in Nette ansässigen Schmiedemeister Robert Bosse erweitert und verlängert. Pastor Horst Dietrich Schlemm involvierte nicht nur die Netter Handwerker, er legte all die Jahre auch großen Wert darauf, dass die Netter DRK-Ortsgruppe bis zu ihrer Auflösung stets dabei war. Diese zur Tradition gewordene Begleitung durch das Deutsche Rote Kreuz konnte 2009 durch den damaligen Vorsitzenden des DRK-Ortsvereins Störy, der selber in Nette wohnhaft ist, wieder aufgenommen werden.red

Bockenem

Herzlichen Glückwunsch, Stadt Bockenem!