Mit „Hanse“ auf Erfolgskurs bleiben

Aktionärsversammlung der Agravis Raiffeisen AG in Bockenem / Umsatz von 6,5 Milliarden Euro erwirtschaftet

In der großen Lagerhalle der Gundelach AG fand am Mittwoch die Aktionärsversammlung der Agravis Raiffeisen AG statt. Ein Unternehmen mit 6,5 Milliarden Euro Jahresumsatz – eine solche Veranstaltung dürfte für Bockenem bisher einmalig gewesen sein.

Bockenem. Solch eine Veranstaltung dürfte Bockenem noch nicht gesehen haben. Am Mittwoch hielt die Agravis Raiffeisen AG ihre Aktionärsversammlung in der Lagerhalle der Firma Gundelach ab. Vor rund 850 Aktionären berichtete der Vorstandsvorsitzende Andreas Rickmers von einem zahlenmäßig durchwachsenen Jahr für das Agrar- und Dienstleistungsunternehmen (siehe Extrakasten).

In seinem Lagebericht betonte Rickmers mehrfach, dass der Vorstand mit dem Vorsteuergewinn von 25,3 Millionen Euro nicht zufrieden sei. Trotzdem sei 2017 für die Agravis ein Wachstumsjahr gewesen. Hauptgrund für den geringeren Gewinn seien außerordentliche Belastungen gewesen. Im Umsatz und dem operativen Ergebnis (EBIT) habe man aber über dem Plan abgeschlossen. „In einem immer schwieriger werdenden Umfeld waren wir gut unterwegs“, so Rickmers. Der Umsatz ist im vergangenen Jahr um 3,8 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro gestiegen.

Die Genossenschaft hat deutlich mehr investiert, als geplant. Statt 63 waren es 87 Millionen Euro. So wurden 14 Raiffeisenmärkte und zwei Mischfutterwerke in Neuss und Wiesbaden übernommen. Negativ zu Buche geschlagen hat ein schlechtes Ergebnis der Ceravis AG in Rendsburg. Rickmers hält die Entscheidung, die vormalige Getreide AG übernommen zu haben, aber weiterhin für richtig. „In 2017 haben wir eine notwendige Restrukturierung eingeleitet. Das bringt keinen Spaß, das kostet Geld, ist aber notwendig, um mittelfristig den Turnaround zu schaffen.“

Die Agravis ist nicht nur in Deutschland tätig, sondern auch international. In Dänemark gibt es Kooperationen mit Danish Agro sowie Vestjyllands Andel, die insgesamt fast ein Drittel des Jahresumsatzes ausmachen. Auch im Baltikum wachsen die Unternehmen stark, der Umsatz stieg seit 2006 um das Fünffache an.

Die Aussicht auf die Zukunft ist durchaus zwiegespalten. „Vom Grundsatz her ist das Agribusiness ein strukturell und stetig wachsener Zukunftsmarkt, denn die globalen Fundamentaldaten bleiben angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und des steigenden Wohlstands in den Schwellenländern positiv. Damit wird der Bedarf an sicheren Lebensmitteln beständig zunehmen“, blickt der Vorsitzende voraus.

Doch speziell in Deutschland sind die Aussichten nicht so positiv. Der Agrarmarkt stehe für einen Konsolidierungsprozess. „Wir sind davon überzeugt, dass am Ende nur eine handvoll leistungsstarker Anbieter das Agrargeschäft in Deutschland bestimmen werden und wir wollen dabei sein“, unterstrich Rickmers. Von aktuell 250.000 bis 300.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland und somit potenziellen Kunden, sollen laut einer Branchenanalyse bis 2040 nur noch 100.000 übrigbleiben. Künftig werden also immer größere, kapitalintensive und betriebswirtschaftliche Agrarunternehmen die Branche prägen und weniger der bäuerliche Familienbetrieb.

Dafür hat die Agravis ein neues Strategieprogramm mit dem Namen „Hanse“ entworfen: „Mit Hanse setzen wir uns ambitionierte Wachstumsziele, die deutlich über die aktuellen Umsatz- und Renditeziele der Mittelfristplanung hinausgehen.“ Zentrale Botschaft des Leitbildes, die als Vision formuliert ist: „Agravis-Kunden sind erfolgreicher als andere.“ Am Ende müsse sich der Kunde für die Agravis und die genossenschaftliche Verbundleistung entscheiden. „Wir müssen ihm – dem Landwirt – und wir müssen den Genossenschaften die richtigen Lösungen bieten. Und die können und sollten nicht nur im besten Preis liegen, sondern in einem Gesamtpaket aus Preis, Leistung, Liefersicherheit, Beratung, Verlässlichkeit und Schnelligkeit.“

Für das kommende Jahr plant die Agravis Raiffeisen AG erneut mit einem Jahresumsatz von 6,5 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Steuern soll jedoch mit 42 Millionen Euro auf das Niveau von 2016 ansteigen. Derzeit liegt die Genossenschaft gut im Kurs, denn das Ergebnis von 2017 wurde in den ersten vier Monaten diesen Jahres übertroffen. Und das, obwohl insbesondere im Bereich Pflanzen aufgrund des langen Winters bis Ende März, noch deutlich weniger umgesetzt wurde, als sonst.

Der April, so Rickmers, habe aber einiges aufgeholt. Die Stimmung unter den deutschen Landwirten sei daher auch eher verhalten. Die geplanten Investitionen lägen deutlich unter denen vergangener Jahre. Völlig unabsehbar seien die Folgen, sollte die Afrikanische Schweinepest auch in Deutschland ausbrechen. Rickmers forderte daher die Politik auf, entsprechende Exportabkommen zu ermöglichen.dh