Von Grenzsäulen und dem „Jungborn“

Mitglieder der Harzklub-Zweigvereine Lutter und Lautenthal mit früherem Grenzschützer Lothar Engler unterwegs

Am Ortseingang von Eckertal: Die Wanderteilnehmer aus Lutter und Lautenthal dort, wo Deutschland bis 1989 geteilt war.

Lutter/Abbenrode. Buchstäblich auf geschichtlichen Pfaden wandelten Mitglieder der beiden Harzklub-Zweigvereine Lutter am Barenberge und Lautenthal in diesen Tagen. Dass die Veranstaltung in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum „Tag der Deutschen Einheit“ terminiert wurde, kam sicher nicht von ungefähr. Die Tour führte an die Ecker bei Abbenrode, Stapelburg und Eckertal.

Heute ist die Ecker vom Eckersprung bis kurz vor Abbenrode und unterhalb davon nochmals, für ein kleines Stück, Grenzfluss zwischen dem Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt und dem Landkreis Goslar in Niedersachsen. Bis zur Deutschen Wiedervereinigung verlief hier die innerdeutsche Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Ein ganz besonderes Kapitel deutscher Geschichte, über das an diesem Tag wohl keiner besser berichten konnte als Lothar Engler aus Wiedelah.

Der gebürtige Lochtumer war 41 Jahre lang als Bundesgrenzschützer tätig. Und seit vielen Jahren ist er im Grenzertreffenkreis, in dem sich ehemalige Ost- und West-Grenzer engagieren, aktiv. Er setzt sich dafür ein, dass die Zeit der Trennung Deutschlands nicht in Vergessenheit gerät. Auch den interessierten Harzklublern hatte er eine Menge zu erzählen. Station gemacht wurde beispielsweise an einer alten Grenzsäule aus Beton, von denen es im Verlauf der innerdeutschen Grenzen insgesamt mehr als 2.600 gab. Mitgebracht hatte Lothar Engler auch allerhand historisches Fotomaterial. So konnte die Wandergruppe gut nachvollziehen, wie sich die örtlichen Gegebenheiten zu Zeiten der deutsch-deutschen Teilung präsentierten und wie sie sich im Vergleich dazu heute darstellen.

Sogar ein Zeitzeuge, der im Alter von 14 Jahren in den Westen flüchtete, dann aber wieder in die DDR zurückkehrte, erzählte von seinen Erlebnissen.
Historische Exkurse gab es auch anderweitig. Auf der sieben Kilometer langen Tour gab es einiges über das einstige Forsthaus „Eckerkrug“ zu erfahren, das mit der Grenzziehung abgerissen wurde. Und auch über den Jungborn. Der Jungborn war eine großzügig angelegte Kuranstalt, ein ärztlich betreutes Sanatorium für einfaches natürliches Heilverfahren mit dem Wahlspruch: „Kehrt zur Natur zurück!“ Von diesem Wort geleitet, fand Adolf Just (1859 bis 1936), der Vater der Idee und Gründer der Anstalt, vor fast 120 Jahren den Weg aus Wirrung und Krankheit zu einem natürlichen Leben, das den Menschen Kraft, Gesundheit und Lebensfreude bringen sollte. Er gründete 1896 den Jungborn, in welchem zu jener Zeit viele Kranke und Gesunde nach seinen Ideen und Erfahrungen, Heilung und Erholung suchten und fanden. Die Kurmittel kamen aus der Natur: Licht, Luft, Lehm, Wasser.

Das heißt also – viel Bewegung in Form von Gymnastik und Wandern (Licht, Luft), Anwendungen der verschiedensten Art mit Wasser von unterschiedlicher Temperatur und Heilerdebehandlungen (Lehm). Zur Kureinrichtung gehörten auch eine Gärtnerei mit zwei Gewächshäusern, 2,5 Hektar Ackerland, Wiesen und Obstplantagen. Der Jungborn hatte Tausende von treuen Anhängern in aller Welt. Zu Besuch waren beispielsweise Franz Kafka, Marika Rökk oder Hans Albers. Die Kuranstalt „Jungborn“ ist heute nur noch eine große Wiese mit vereinzelten, wieder frei gelegten Fundamenten.

Den Abschluss der rund sieben Kilometer langen Wanderung bildete ein gemütliches Kaffeetrinken im Museum Abbenrode.

Lothar Engler wird übrigens auf Einladung des Hahäuser Frauenfrühstücksteams auch am Freitag, 15. November, im Gemeinderaum der St.-Romanus-Kirchengemeinde Hahausen in einem Vortrag über seine Erlebnisse berichten. Das Interesse ist groß, die Veranstaltung leider schon ausgebucht.kno