„Angekommen!“ würdigt gesellschaftliches Engagement

Landesbeauftragte Editha Westmann zeichnete elf Jugendliche und junge Erwachsene aus / Bad Gandersheimer dabei

Landesbeauftragte Editha Westmann mit dem Bad Gandersheimer geehrten Alexander Piljuk.

Bad Gandersheim/Hannover. Der Fritz-Haake-Saal im hannoverschen Stadtteilzentrum Ricklingen wird gern für Jugendveranstaltungen gebucht, weil die Veranstalter und die Gastronomie unkompliziert und freundlich sind. In Zeiten der Corona-Pandemie war der Saal mit Einzeltischen eingerichtet und vermittelte auf den ersten Blick den Eindruck einer Prüfungssituation.

Jeder der 60 Tische für die geladenen Gäste war von der hauseigenen Gastronomie RIX mit Beköstigung bestückt, dazu kamen Ablaufpläne, Infos zu Hygieneregeln und der Livestream-Filmarbeit. Jeder Gast war gebeten, mit Mundschutz unverzüglich an seinen Platz zu gehen. So nüchtern sieht „Meet&Greet“ in Zeiten der Corona-Pandemie aus.

Schon während des Grußwortes der Gastgeberin, der niedersächsischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, Editha Westmann (MdL), zeigte sich die Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit der Veranstaltung.

Die aus ganz Niedersachsen angereisten Preisträgerinnen und Preisträger fühlten sich sofort willkommen.

Moderator Jan Starkebaum, den meisten bekannt durch die tägliche NDR „Hallo Niedersachsen“ Sendung, moderierte mit professioneller Lebendigkeit durch den kurzweiligen Showablauf.

Videosequenzen, die die Preisträgerinnen und Preisträger bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit zeigten, Laudationen der prominenten Paten, die sich lobend und interessiert äußerten, wechselten sich ab mit der Preisübergabe und kleinen Interview-Sequenzen des Moderators. Das Programm war schnell, lebendig, bunt und emotional aufgeladen. Hammerflügel-Pianistin Nicoleta Ion strahlte mit ihren Werken aus russischem Musik-Repertoire.

Per Livestream wurde zeitgleich an Freunde und Bekannte übertragen. Die Preise bezogen sich nicht auf herausragende Leistungen; es gab keine Jury. Es ging um kleine Gesten ebenso wie verantwortungsvolle Leistungen; ehrenamtliche Nachhilfe und Jugendgruppenarbeit ebenso wie Gemeindearbeit und politisches Engagement.

Die Landesbeauftragte würdigte die Leistungen als Dienst an unserer Gemeinschaft und deutete mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig und wertvoll jeder einzelne Beitrag ist.

Nach dem lebendigen Programm gab es – mit Distanz – noch freundliche Worte unter den Teilnehmenden und Paten, die sichtlich gerührt waren, obwohl die ehemals geplante Abendveranstaltung mit persönlichem Netzwerken ausfallen musste.
Der weitere Dialog und der weitere Aufbau des Niedersachsen-Netzwerkes von Friedland bis zur Nordseeküste in großen und kleinen Gemeinden wird nun in digitalen Räumen fortgesetzt, bis die persönliche Begegnung für Workshops und gemeinsame Seminare wieder möglich sein wird.
Ein geehrter Bad Gandersheimer

Alexander Piljuk wurde 2002 in Bad Gandersheim geboren. Er wächst zweisprachig – russisch und deutsch – mit einer jüngeren und einer älteren Schwester auf. Seine Eltern sind Spätaussiedler aus Kasachstan.

Seit der Geburt ist Alexander blind. Seine Familie ist die wichtigste Stütze in seinem Leben. Sie bedeutet ihm alles, steht hinter ihm und ist immer für ihn da. Er ist stolz darauf, dass sich seine Eltern so gut in Deutschland integrieren konnten. „Besonders wichtig ist, dass man sich selbst treu bleibt“, sagt Alex auf die Frage, was er neu angekommenen Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern raten würde.

Neben seiner Familie und der Ehrlichkeit zu anderen und sich selbst sind Zuverlässigkeit, Sicherheit, Vertrauen und Freundschaft die wichtigsten Werte in seinem Leben.

Wenn der 17-Jährige nicht im Landesbildungszentrum für Blinde in Hannover mit der Schule beschäftigt ist, geht er seinem größten Hobby nach: der Musik. Seit er drei Jahre alt ist, spielt er Keyboard, seit dem zehnten Lebensjahr Akkordeon und Melodica. Seine Leidenschaft gilt aktuell jedoch dem Saxophon, das er, wie das Klavier und das Akkordeon, täglich spielt.

Alexander hat sich das Spiel auf seinen Instrumenten ohne Anleitung eines Lehrers nur nach Gehör selbst beigebracht. Seit Geburt fehlt ihm Feinmotorik an der rechten Hand, die sich durch das Spiel des Saxophons deutlich verbessert hat. Durch jahrelange Übung kann Alexander so auch die rechte Hand zum Klavierspiel einsetzen.

Mit seinem außergewöhnlichen Gehör begleitet Alex ehrenamtlich den Chor „Klingenthal“ aus Osterode. Durch die musikalische Begleitung des Chors kann er nicht nur seine Freude am Musizieren ausleben, sondern auch Freundschaften knüpfen, die ihn beflügeln und prägen.

Neben der Musik als stete Begleiterin wünscht sich Alex für die Zukunft Gesundheit für seine Familie – und ein Mundstück für sein Saxophon, das auch für klassische Musik geeignet ist. Alexander träumt davon, ein international bekannter Saxophonist zu werden.red