Auf den Spuren der Schulgemeinde

Schüler starteten in Bad Gandersheim zu Radtour nach Marienau / Erinnerung an Reformpädagogen

Die Gruppe aus Marienau mit ehemaliger Stadtführerin Brigitte Reuter-Smidt (zweite von links) vor dem Gebäude der früheren Schulgemeinde Gandersheim.

Bad Gandersheim. Ungewöhnliche Zeitreise auf vier Rädern: Fünf Schüler und zwei Sozialpädagogen aus dem Internatsgymnasium Schule Marienau sind am Montag zu einer viertägigen Radtour von Bad Gandersheim nach Marienau gestartet. Sie stellten damit ein Stück Schulgeschichte nach. Die Fahrt ist Bestandteil einer Projektwoche mit dem Titel „Sieh hin, misch dich ein!“

Der deutsche Reformpädagoge Max Bondy, der im Jahr 1923 in Bad Gandersheim die Schulgemeinde Bad Gandersheim gegründet hatte, war im September 1928 mit damaligen Schülern ebenfalls per Rad aus der Domstadt zum Gut Marienau gefahren, um zu sehen, ob Gelände und Gebäude den Schülern gefallen. Dies war der Fall, die Schulgemeinde zog ein Jahr später nach Marienau um.

„Wir stehen in der Tradition der Reformpädagogik so wie sich Bondy das mal gedacht hat“, sagte Internatsleiter und Sozialpädagoge Tobias Karrasch. Grundzüge seien die Erziehung zur Demokratie und Mitbestimmung. Dies spiegele sich in Marienau unter anderem in einer paritätisch besetzten Schulversammlung wider.

Mit 230 Schülern ist die Schulgemeinschaft überschaubar, rund 100 aus dem Umland besuchen die von einem gemeinnützigen Verein getragene Unesco-Projektschule als Ganztagsschule, die anderen kämen aus dem In- und Ausland wie China, Mexiko, den USA und der Türkei. Die Atmosphäre an der Einrichtung sei sehr persönlich, jeder Schüler habe „seine Insel“.

Als die Schüler von der Idee gehört hätten, Bondys Tour aus dem Jahre 1928 nachzufahren, seien sie „on fire“ gewesen, berichtete Karrasch. Übernachtungsstationen auf dem Weg zurück waren Bad Salzdetfurth, Edemissen bei Peine und Uelzen.

Nachdem Manfred Kielhorn, Geschäftsbereichsleiter Tourismus, Kultur und Gesundheit bei der Stadt Bad Gandersheim, die Gruppe vor dem Rathaus begrüßt hatte, zeigte ihr die langjährige Leiterin der Geschichtswerkstatt und ehemalige Stadtführerin Brigitte Reuter-Smidt einige Sehenswürdigkeiten der Roswithastadt und informierten über deren Geschichte. Die Aufbauarbeiten vor dem Dom nahm sie zum Anlass, um auch kurz die Gandersheimer Domfestspiele und den inhaltlichen Wandel des Programms anzusprechen.

Letzte Station war das ehemalige Gebäude der Schulgemeinde Bad Gandersheim. Die Gruppe stoppte an der Hildesheimer Straße und erfuhr von Reuter-Smidt, dass nach dem Wegzug der Schulgemeinde der Salem-Orden in das Schulgebäude eingezogen sei. Dort befindet sich nach ihren Worten heute ein Alten- und Pflegeheim.

„Ich habe mir das Haus älter vorgestellt, nicht so ganz renoviert“, meinte der 16-jährige Emil und fügte hinzu: „Es sieht neu aus.“ Die Stadt sei „ziemlich ruhig“, schilderte die 15-jährige Jana ihren Eindruck von Bad Gandersheim, bevor sie sich mit den anderen Teilnehmern in Richtung des nächsten Etappenziels in Bewegung setzte.art