Brandschützer machen mit Aktion auf ihre Lage aufmerksam

Coronabedingt ist der Ausbildungs- und Übungsdienst eingestellt / Dennoch müssen sie einsatzbereit sein

Auch die Ortsfeuerwehr Engelade beteiligte sich an der besonderen Aktion in den sozialen Netzwerken. Sie nominierten im Anschluss drei weitere Feuerwehren.

Region. Die aktuelle Situation ist nicht einfach. Das öffentliche Leben ist heruntergefahren. In den sozialen Netzwerken gibt es auch ein Stück weit als Abwechslung regelmäßig sogenannte Challenges. Das Wort kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt nichts anderes als Herausforderung. Heißt also, eine Person macht meist eine Aktion oder Tätigkeit vor und nominiert anschließend weitere Leute, das Gleiche zu tun – also eine Art Wette. Doch hinter solchen Dingen stecken mitunter auch ernste Hintergründe. So wie bei der Challenge der Feuerwehren. Sie wollen mit besonderen Bildern auf ihre Corona-Situation aufmerksam machen. Diese Challenge hat mittlerweile die hiesige Region erreicht.

Geliefert haben beispielsweise aus dem Seesener Stadtgebiet die Feuerwehren Seesen, Bornhausen, Engelade und aus der Gemeinde Bad Grund die Brandschützer der Bergstadt. Sie sind bisher Teil der „Bluelightfirestation-Challenge“. Dabei wird das Gerätehaus, in dem aktuell nur bei Einsätzen die Lichter angehen, in blaues Licht gehüllt. Erzeugt von den Einsatzfahrzeugen. Beeindruckende Bilder, die Wirkung zeigen.

Diese Situation will sich keiner Ausmalen. Ein Großfeuer eines Mehrfamilienhauses. Zahlreiche ehrenamtliche Brandschützer rücken aus. Die Atemschutzgeräteträger müssen hinein. Sie riskieren ihr Leben, doch sie sind auch nur Menschen. Vielleicht zögern sie einmal für einen Wimpernschlag zu lange, weil die Handgriffe nicht mehr so verinnerlicht sind, wie zu normalen Zeiten. Am Ende kann vielleicht jemand dadurch nicht gerettet werden. Ein Horrorszenario, das so hoffentlich nie eintritt. Und genau mit ihrer Aktion wollen die Feuerwehren auch darauf aufmerksam machen, dass sie aktuell ausgebremst sind. Trotzdem aber an 365 Tagen rund um die Uhr in Alarmbereitschaft sein müssen.

Seit März 2020 konnte nur noch sehr eingeschränkt Aus- und Fortbildung betrieben werden. Jedes praktische Training ist teilweise über Monate völlig zum Erliegen gekommen. Trotzdem muss die Einsatzbereitschaft natürlich auch unter diesen Bedingungen jederzeit gewährleistet werden, schreibt die Feuerwehr Seesen zur Aktion. „Ohne Frage war 2020 ein besonders schwieriges Jahr. So galt es doch fast das gesamte Jahr über, die Einsatzbereitschaft der Ortsfeuerwehren während der noch laufenden Corona-Pandemie unter allen Umständen uneingeschränkt aufrecht zu erhalten und mit Stolz sollten wir darauf zurückblicken, dass es uns Allen bislang gelungen ist, dieses oberstes Ziel zu erreichen und aufrecht zu erhalten. Dieses Ziel war nicht der Erfolg eines Einzelnen, sondern es war nur zu erreichen gemäß unserem Leitspruch Gott zur Ehr dem nächsten zur Wehr, einer für alle, alle für einen, sowie dem umsichtigen Verhalten aller Einsatzkräfte“, betonte Kreisbrandmeister Uwe Fricke.

Auch im aktuellen Jahr, in dem die Corona-Krise noch immer allgegenwärtig und ein Ende nicht absehbar ist, hat sich die Situation für die Feuerwehr in puncto Ausbildungs- und Übungsdienst nichts verändert. „Es findet nur der sogenannte Technische Dienst statt, um die Fahrzeuge „in Schuss“ zu halten, darunter zählen unter anderem Bewegungsfahrten und Überprüfungen, teilt Seesens Stadtsprecherin Beatrice-Arianne Dziuba auf Anfrage mit. Für den Einsatz müssen sie dennoch gewappnet sein. Einige haben auf theoretischen Onlinedienst umgestellt, das bestätigen unter anderem der Engeläder Ortsbrandmeister Tino Koerver und Herrhausens Ortsbrandmeister Markus Klaßen auf Anfrage.

Nicht nur vor Ort sondern auch auf Kreis- und Landesebene kam die Ausbildung fast gänzlich zum Erliegen. Die Verantwortlichen sehen das Ganze mit Sorge, so unter anderem Lutters Gemeindebrandmeister Bernd Kerwien.  Bekanntlich ist es immer schwerer Freiwillige zu finden, die sich beispielsweise für den Posten des Ortsbrandmeisters oder als dessen Stellvertreter bewerben. Fehlt die Qualifikation werden sie kommissarisch ernannt. Kerwien hofft inständig, dass das Ganze nicht negative Auswirkungen hat. „Nicht, dass sie irgendwann frustriert die Aufgabe abgeben, weil sich die Ausbildung immer wieder verschiebt“, so Bernd Kerwien im Gespräch. Vor allem vermuten schon jetzt viele, dass der Ausbildungsstau an der Landesfeuerwehrschule, vielleicht jahrelange Auswirkungen haben wird, bis das Ganze abgearbeitet ist.

Das Niedersächsischen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz musste eine Entscheidung bezüglich der Feuerwehrausbildung treffen. Festgelegt wurde bereits unter anderem, dass vom 1. Februar bis zum 1. April diesen Jahres keine Lehrgänge in der technischen Hilfeleistung und für den Gruppenführer Modul 2 aufgrund der praktischen Inhalte stattfinden. Für die ab 15. Februar 2021 geplanten Gruppenführer Modul 2 Lehrgänge werden Lehrgänge Gruppenführer Modul 1 (Theorie) angeboten. Als Ausgleich werden im zweiten Halbjahr schwerpunktmäßig Lehrgänge Gruppenführer Modul 2 angeboten, sodass der zeitnahe Abschluss der Gruppenführerausbildung ermöglicht wird. Unterstützt wird diese Maßnahme durch die Einführung der virtuellen Ausbildung für die Lehrgänge Gruppenführer Modul 1.

In den nächsten Wochen werden sich bestimmt weitere Feuerwehren anschließen und ihre Häuser in Blau hüllen.syg