Die unendliche Geschichte einer Baugenehmigung

Ausführungen von Gesellschafter Nuri Celik im Kultur- und Fremdenverkehrsausschuss können wachsende Skepsis nicht bremsen

Bislang hat sich im Vitalpark noch nicht so viel getan, auch die Modernisierung kommt nur in kleinen Schritten voran.

Bad Gandersheim. Wird es noch was mit dem großen Bauvorhaben des türkischen Vitalpark-Betreibers Nuri Celik? Die Skepsis war angesichts des gigantischen Projektes, das Celik den Gandersheimern da im September 2016 schon von Beginn an groß. Ein solcher Bau, hier in Bad Gandersheim, warum? Eine Frage, auf die es bis heute keine wirkliche Antwort gibt. Wohl aber eine darauf, ob das Projekt denn einer Realisierung zum Beispiel durch Einreichung eines Bauantrages beim Landkreis Northeim entscheidend näher gekommen ist: Nein, es gibt ihn bislang nicht, den Bauantrag – und das auch nicht, obwohl er schon mehrfach angekündigt und zu konkreten Zeitfenstern avisiert worden war.

Zugestanden hat all das Vitalpark-Gesellschafter Nuri Celik am Dienstag in Begleitung seiner Geschäftsführerin Karin Bargstädt im öffentlichen Teil des Kultur- und Fremdenverkehrsausschusses. Auch im nichtöffentlichen Teil stand er noch für spezielle Nachfragen zur Verfügung. Celik war damit der Bitte der Stadt gefolgt, im Ausschuss Antworten auf brennende Fragen zu geben, denn der Ausschuss wollte am Dienstag eigentlich unter dem Gesichtspunkt beraten, welche Rolle die Zukunft des Kurmittelhauses im laufenden Prozess der Neuprädikatisierung Bad Gandersheims als Heilbad spielen wird.

Die momentane Rolle ist vertraglich fest geregelt: Celik ist bei Übernahme des Vitalparks im Mai 2016 in alle Rechte und Pflichten des bisherigen Betreibers eingetreten. Für das Heilbad Bad Gandersheim sichert er damit die Abgabe des Heilmittels Sole in seinem Hause zu, das ebenfalls das „Haus des Gastes“ beherbergt, einen offenen Bereich, der auch als Café mitgenutzt wird. Beides sind Erfordernisse des Heilbadstatus’, die damit an dieser Stelle erfüllt werden.

Vertraglich wird der Vitalpark dafür von der Stadt mit einem jährlichen Zuschuss von 250.000 Euro aus dem Kurtaxaufkommen unterstützt. Diese Zusage läuft aber Ende 2019 aus, der Betreiber muss die Leistungen aber noch bis 2025 erbringen. Das Ende des Zuschusses ist an das Ende des aktuellen Prädikatzeitraumes gebunden: 2020 muss sich Bad Gandersheim erneut prädikatisieren lassen. Wobei im Moment die Debatte wieder aufflammt, ob es unbedingt für den Heilbadstatus sein müsse oder nicht auch noch ein oder zwei Stufen tiefer (in denen der Zusatz „Bad“ im Ortsnamen ebenfalls erhalten bliebe) ausreichen würden.

Und eben diese Debatte dreht sich dabei auch zentral um das Kurmittelhaus. Denn würde Bad Gandersheim nicht mehr Heilbad, sondern vielleicht nur noch Kurort, fallen Anforderungen weg, die im Vitalpark lokalisiert sind. Und auch die Kosten könnten dann ab 2020 entfallen. Eine bilanzierende Aufstellung, welche Vor- und Nachteile ein solcher Schritt hätte, ist in der Verwaltung aber bislang noch nicht vorgenommen worden.

Folglich konnte am Dienstag auch die Rolle des Kurmittelhauses in dieser Frage nicht wirklich vertiefend diskutiert werden, angeschnitten – mehr aber auch nicht, so Ausschussmitglieder – wurde sie ohnehin erst richtig im nichtöffentlichen Teil.

Statt dessen standen im öffentlichen Teil Nachfragen im Vordergrund, was denn den Fortgang des Bauvorhabens verhindere. Im Fazit fasste Nuri Celik zusammen, sei dies ein von ihm so nicht erwarteter komplizierter Genehmigungsvorgang. Vor allem Fragen des Brandschutzes und Bodenuntersuchungen, aber auch andere Umstände hätten immer wieder zu deutlichen Verzögerungen geführt. Celik bekräftigte zugleich erneut seinen Optimismus, dass es bis Jahresende gelingen sollte, den Bauantrag nun endlich beim Landkreis eingereicht zu haben.

Worüber es offen – und unter vorgehaltener Hand erst Recht – massive Skepsis gibt. Immerhin ist inzwischen eine Verzögerung des avisierten Baubeginns um rund zwei Jahre (statt Frühjahr 2017 nun frühestens Frühjahr 2019) eingetreten.

Auch weitere Details, die der Ausschuss erfuhr, glätteten nicht eine Sorgenfalte: So ist das Gelände am Kriegerweg, das Celik als Baulager und Aufstellungsort der Wohncontainer für die türkischen Arbeiter, die das Projekt umsetzen sollen, von der Stadt kaufen wollte, bislang vertraglich immer noch nicht in trockenen Tüchern. Eine Unterschrift, so Celik, werde es auch frühestens geben, wenn die Baugenehmigung vorliege.

Die gleiche „Hängepartie“ in Sachen Parkhausbau auf dem Kurhausparkplatz. Hier hat Celik zwar mit der Stadt Bad Gandersheim die grundsätzliche Zustimmung der Stadt ausgehandelt, dass auf dem nördlichen Teil des Platzes parallel zum alten Bahndamm das zweigeschossige Parkhaus gebaut werden könnte, vertraglich geregelt werde dies ebenfalls aber alles erst, wenn es zu einer tatsächlichen Baugenehmigung komme, ließ Celik den Ausschuss wissen.

Umstände, die Timo Dröge sehr sorgenvoll stimmten: „Ich mag mir nicht vorstellen, in welche Lage die Stadt kommt, wenn da auf dem Kurhausparkplatz ein Parkhausbau begonnen wird und dann das Projekt schief geht oder nicht zu Ende gebracht werden kann. Was soll die Stadt dann mit einem halbfertigen Parkhaus? Vom Vitalpark ganz abgesehen“, gab er seine Bedenken dem GK zur Kenntnis.

Gern hätte sich der Ausschuss (wie der gesamte Rat) ein Bild über die aktuelle wirtschaftliche Lage des Vitalparks gemacht. Das könnte er auch, denn der Vertrag sieht vor, dass der Stadt die Jahresbilanz offenzulegen ist. Zum 30. Juni spätestens hätte die des Jahres 2017 vorliegen sollen – sie fehlt aber bis heute. Was Celik auf Nachfragen im Ausschuss mit „personellen Problemen“ begründete.

Mit Interesse würden Bilanz-Fachkundige aus der Bilanz gern herauslesen, welche Rolle die bis zu neun Gesellschaften spielen, die Celik zwar im Ausschuss als existent bestätigte, zu deren Notwendigkeiten und Aufgaben er aber nichts Vertiefendes sagte.

Nachgefragt wurde auch, warum aus der Belegschaft Kritik geübt werde, dass sie über die aktuellen Entwicklungen nicht auf dem Laufenden sei. Dem widersprach Celik, die Belegschaft werde von ihm über alles zeitnah informiert. Der Widerspruch der Angaben konnte im Ausschuss nicht aufgelöst werden.
Ein weiterer Sitzungsteilnehmer brachte gegenüber dem GK seine inzwischen grundlegende Skepsis zum Ausdruck. Sie rühre daher, dass der Betreiber zu oft betont habe, man schaffe das, während viele faktisch nicht laufende Angelegenheiten viel zu positiv dargestellt worden seien.

Intern kämpft der Vitalpark auch mit Kritik aus den Reihen der Nutzer. Die monieren inzwischen offen, dass ihnen vor zwei Jahren Modernisierungen vor allem des Geräteparks im Fitnessbereich versprochen worden seien, die – wenn überhaupt – nur in sehr kleinem Rahmen stattgefunden hätten. Auf der anderen Seite erfolgte aber eine Anhebung der Vertragsgebühren, die zu einer Reihe von Kündigungen geführt hat.

Die Ausschusssitzung vom Dienstag hat einige wenige Fragen beantwortet – wenn auch eher nicht zur Zufriedenheit der Ratsvertreter. Sie hat aber im Eindruck der Teilnehmer jede Menge neue Fragen aufgeworfen. So auch die, was 2020 passieren wird, wenn die Vitalpark GmbH ohne den städtischen Zuschuss von 250.000 Euro über die Runden kommen muss (und das Bauprojekt bis dahin bei einer von Celik erwarteten Bauzeit von eineinhalb Jahren noch nicht vollendet ist). Wer die Bilanzen vor 2016 kennt, weiß, dass der Vitalpark ohne den Stadtzuschuss nicht überlebensfähig gewesen wäre...

In der Summe all dessen ist zu erwarten, dass die Diskussion vom Dienstag erst den Anfang weiterer Schritte darstellt, die Ursprungsfrage mindestens annähernd perspektivisch beantwortet zu bekommen. Was für Bad Gandersheim im Blick auf die Herausforderungen der Folgejahre existenziell wichtig wird.

Vitalpark-Projekt: Die Zeitschiene und was bisher passierte

Das Gandersheimer Kreisblatt berichtete am 2. Mai 2016 darüber, dass die Vitalpark-Gesellschaft an einen neuen Eigentümer übergeben wurde: Nuri Celik übernahm das Ruder.

Am 3. September 2016 berichtete das GK über die kurz vorher im Vitalpark stattgefundene große Vorstellung des Bauvorhabens eines Hotels, Gesundheitszentrums und der Modernisierung des Vitalparks.

Am 24. Januar 2017 musste das GK darüber berichten, dass der Genehmigungsfortgang stocke; es gab Probleme mit Unterschriften, die Nachbarn zum Projekt geben mussten, weil Abstände und Höhen des geplanten Baukörpers das erforderten. Ergebnis war eine rund halbjährige Verzögerung.

In der GK-Ausgabe vom 7. Juli 2017 hieß es nach einem Gespräch mit Nuri Celík: „Der Bauantrag ist auf dem Weg“ vorgestellt wurde dabei als Antreiber in der Sache Michael Seeberger, der den Bau begleiten und das Verfahren beschleunigen sollte.

Mit August 2017 wurde im Vitalpark erste Sanierungsarbeiten im Keller begonnen, weitere schlossen sich im Eingangsbereich und mit einigen Innenausbauten im Jahr 2018 an. Der Gesamtumfang blieb aber bislang überschaubar.

Am 22. November 2017 wurde ein Baubeginn für spätestens April 2018 fest anvisiert. Vorgestellt wurden zu dieser Zeit auch die Pläne für den Parkhausbau auf dem Kurhausparkplatz.

Im Mai 2018 gab Nuri Celik dem GK zur Kenntnis, dass Herr Seeberger abgelöst worden sei, weil er die Erwartungen einer Baubeschleunigung nicht erfüllt habe. Das sollte nun mit Hilfe eines türkischen Architekten bis Mitte Juni zur Einreichungsreife vorangetrieben werden.

Weitere drei Monate später, im August 2018 muss Nuri Celik vor dem Kultur- und Fremdenverkehrsausschuss eingestehen, dass es bislang keinen eingereichten Bauantrag gibt. Neue Zielmarke nun: Jahresende 2018, möglicher Baubeginn damit frühestens Frühjahr 2019.rah