Domfestspiele sind im „Jubiläumsjahr“

Vor einem Jahr gestellte Raumfrage ist einer Lösung noch nicht näher gekommen

Hat ihn das „eiskalte Händchen“ der Addams Family schon fest im Griff? Fest steht, mit der Stückauswahl hat Domfestspiel-Intendant Achim Lenz ein gutes Händchen bewiesen.

Bad Gandersheim. „Läuft bei uns“ – „Aber sowas von“, strahlt Intendant Achim Lenz Mitte Januar. Und meint damit den Vorverkauf zu den 60. Domfestspielen. Der brummt nämlich so richtig und macht die Macher zurzeit komplett glücklich. Das gibt Schwung für die vielen Herausforderungen und Aufgaben der neuen Spielzeit, die auf uns zurast.

Viele Pflöcke dafür sind bereits eingeschlagen: Das Programm steht seit der letzten Spielzeit bereits fest, im Spätherbst haben bereits die Auditions zur Besetzung der Ensembleplätze stattgefunden. Über 550 Bewerbungen gab es, rund 80 kamen in die engere Auswahl und heute weiß Achim Lenz, mit wem er 2018 wieder ein hochkarätiges und nicht ganz kleines Ensemble haben wird. Ende April, genau am 30. des Monats, wird Probenbeginn sein, Mitte Mai der Empfang durch die Stadt und das Begrüßungsfest. Scheinbar weit weg, aber wie schnell sind die 15, 16 Wochen bis dahin verflogen...

Und es ist auch schon wieder fast ein Jahr her, dass der Intendant beim Stadtempfang im März denkwürdige Worte für die Grundlagen gefunden hatte, die nach einer Ansicht notwendig sind, um den Festspielen mittelfristig die Existenz zu sichern. Die Forderung war klar: Die Domfestspiele benötigen einen eigenen Probenraum in der (Kern-)Stadt, um von dem jährlichen Kampf weg zu kommen, wo man die Erarbeitung der Stücke unterbringen kann.

Das Ergebnis ein knappes Jahr später ist ernüchternd: „Diesem Ziel sind wir noch nicht entscheidend näher gekommen. Auch 2018 sind wir auf vielfache Hilfe angewiesen und müssen uns mit Provisorien über diese Runde retten“, resümierte Achim Lenz den Sachstand. Zwar habe er in der Zwischenzeit in Bad Gandersheim so ziemlich jeden auch nur weitläufig in Frage kommenden Leerstand von innen gesehen, doch Geeignetes habe sich darunter nicht gefunden.

Die Grundanforderungen sehen Räumlichkeiten von etwa 320 Quadratmetern, Sanitär- und Duschräumen, Umkleiden, einem kleinen Versorgungsbereich und Lagerkapazitäten. Jüngst habe sich etwas ergeben, was bislang nicht zur Disposition stand, aber durchaus geeignet wäre, so Lenz mit Blick auf das aufgegebene Gebrauchtmöbellager in der Neuen Straße.

Nach Umbau würde es alle Bedingungen erfüllen können. Aber ein solcher läge vermutlich im siebenstelligen Bereich. Und Gelder für solche festen Einrichtungen werden bei Kulturförderern nur selten locker gemacht. Trotzdem werden natürlich weitere Schritte geprüft, ist es doch ansonsten neben der Variante eines – vermutlich nicht minder kostspieligen – Neubaus der einzig aktuelle Ansatz.

Für die Theatermacher heißt der Status quo allerdings, auch 2018 wieder mit viel Improvisation den Betrieb zu managen. Hilfe ist von der Paracelsus gekommen, die Probenplatz in der Sporthalle der Roswithaklinik angeboten hat. Aber der stehe eben nur immer zur Verfügung, wenn es mit dem Sportbetrieb der Rehaeinrichtung zu vereinbaren geht, und Bühnenbild oder Requisiten könnten kaum genutzt und nicht gelagert werden. Zwei weitere Probenräume stellt Hauseigner Melz in der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft (früher Hotel Bartels) zur Verfügung.

Das daher notwendige „Drumherum“ sorgt für viele Kraftverluste – „Kräfte, die wir anderswo gut gebrauchen könnten“, so Lenz. Der Intendant ist sich aber trotzdem sicher, dass es den Beteiligten gelingen wird, auch unter diesem Rahmen wieder ein Top-Ergebnis auf die Bühne zu bringen: „Das zeichnet Theaterschaffende aus, sie sind es vielfach gewohnt, aus weit im perfekten Umständen durch Leidenschaft Großes zu erschaffen.“

Leidtragender der fehlenden Räumlichkeiten ist akut auch die Theaterpädagogik. Indra Schiller ist, seit Schaffung der Stelle einer Theaterpädagogin, rund ums Jahr im Einsatz. Das nächste Nahziel ist die Premiere des eigenen Stückes der „DOMinos“, des Theaterjugendclubs der Domfestspiele; Premiere am 23. Februar.

Und zwar im großen Musiksaal der Turnermusikakademie in Altgandersheim. „Dorthin sind wir letztlich ausgewichen, weil das Angebot des Roswitha-Gymnasiums auf Nutzung des Forums uns nicht genug Möglichkeiten für Proben und Aufführungen bot. Das Forum wird dazu zu vielen anderen Zwecken genutzt.“ Die Entscheidung, nach Altgandersheim zu gehen, ist nicht nur mit Zusatzmühen für die Teilnehmer und deren Eltern (Fahrdienste) verbunden, es muss auch bezahlt werden, denn die Domfestspiele sind jetzt im Musiksaal der TMA Mieter.

Auch wenn die Raumproblematik für die Domfestspiele hohen Rang hat, den Erfolg der „Jubiläumsspielzeit“ wird das nicht gefährden können. „Uns geht es allerdings bei der Verfolgung dieser Ziele vor allem darum, die Grundlagen für dieses Kultur-Highlight“ zu verbessern und damit einen mittelfristigen Bestand sicherer zu machen“, sagt Intendant Achim Lenz.

Bei genauem Hinsehen sei festzustellen, dass sich diese Grundlagen in den vergangenen 60 Jahren Festspielexistenz immer mehr verringert hätten. Und wenn schon zu erkennen sei, wie rundherum die Substanz wegbröckele, sei der Verfall schon bedrohlich vorangeschritten. Bislang gelingt es, dagegen „anzuspielen“. Ohne Frage auch 2018, doch Lenz’ Gedanken gehen schon in die Folgejahre darüber hinaus.

Überschatten wird das diesen Sommer nicht. Da ist sich Lenz mit seinem Team sicher: Die Festspiele „rocken“ die Stadt. Mit „Fame“ und der „Addams Family“ zum Beispiel, deren Karten schon jetzt Renner sind. Mit dem „Traditions“-Jedermann, der aber seine ganz eigene, die Zuschauer ansprechende Fassung bekommen soll, um Hoffmansthal verständlich werden zu lassen. Mit einem „Peter Pan“, der so viele interessante Facetten des Lebens aufgreift, und zwei tollen Studiostücken in Brunshausen als unausweichlichem Bezug auf die gleichzeitig laufende Fußball-WM.

Und natürlich mit Theatervirus-Festival und Theaterpädagogik (darüber noch mehr in einer weiteren Ausgabe). „Läuft bei uns“ – das ist 2018 schon ziemlich sicher.rah