Drängeln gehört zum Schulalltag

Über 100 Schüler versammeln sich morgens am Seesener Bahnhof / Die Zugfahrt ist kein Vergnügen

Dichtes Gedränge gibt es von Montag bis Freitag um 6.56 Uhr am Seesener Bahnhof. Der Zug bringt die Schüler unter anderem an die weiterführenden Schulen in Goslar und Oker.

Region. Bahnhof Seesen, 6.50 Uhr. Aus allen Richtungen kommen die Schüler zum Bahnhof Seesen. Ihr Ziel ist der Zug RB 82 Göttingen-Bad Harzburg, Abfahrt um 6.56 Uhr ab Seesen mit den Zwischenstationen Langelsheim, Goslar, Oker und Bad Harzburg. Per Bahn geht es zu den weiterführenden Schulen, vom Bahnhof dann zu Fuß unter anderem weiter zur Berufsbildenden Schule Goslar-Baßgeige/ Seesen oder zur Adolf-Grimme-Gesamtschule nach Oker. Über 100 Kinder und Jugendliche versammmelten sich allein am gestrigen Freitag am Seesener Bahnhof. Am Bahnsteig positionieren sich die Schüler. Im Pulk stehen sie an zwei Stellen zusammen, um vorne und hinten einsteigen zu können. Denn es gilt, zeitiges Kommen sichert die besten Plätze. Der Zug fährt ein.
Ein Großteil steigt aus, nur wenige Pendler bleiben im Zug sitzen. Dann beginnt das Drängeln, mitunter Schubsen, Laufen. Der Kampf um die Sitzplätze ist eröffnet. „Es ist definitiv kein entspannter Schulweg”, sagt ein 17-jähriger Schüler. Von Montag bis Freitag, um 6.56 Uhr, die selbe Situation: Zu voll, zu wenig Platz. Bis Goslar und Oker müssen die Schüler sogar stehen.

Wie Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis auf Anfrage des „Beobachter” mitteilt, verfügt der hier eingesetzte Zug – ein Fahrzeug Typ Lint 41 – über 130 Sitzplätze. In der Regel fahren zwischen 150 und 160 Personen mit. Heißt, bis zu 30 Zugreisende müssen immer stehen. Dies lasse sich laut Unternehmenssprecher besonders in der Hauptverkehrszeit nicht vermeiden.

Für Matthias Busmann, Kommissarischer Oberstufenleiter der Adolf-Grimme-Gesamtschule, ein Unding. Zumal einige Schüler die Probleme den Lehrern geschildert haben. „Besonders die Fünft -bis Siebtklässler haben Angst, nicht mitgenommen zu werden”, sagt Matthias Busmann. Sie fühlen sich obendrein nicht wohl, wenn sie sich mit ihrem schweren und großen Schulrucksack in den Zug drängeln müssen.

„Wir haben wiederholt auch diesen Zug begleitet und konnten dabei feststellen, dass Schüler im Einstiegsbereich stehen, im Fahrgastraum aber durchaus noch freie Sitzplätze vorhanden waren”, teilt der Bahnsprecher weiter dazu mit. Fakt ist aber auch, die Situation auf der Linie Göttingen-Bad Harzburg um kurz vor 7 Uhr war bis vor zwei Jahren schon einmal entspannter.

Seit Dezember 2015 wird nur noch mit einem Wagen gefahren. Laut Egbert Meyer-Lovis wurde die Entscheidung, nur noch ein statt zwei Fahrzeuge auf der Strecke einzusetzen, einvernehmlich mit den Aufgabenträgern getroffen. Damals saßen Vertreter von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) und vom Regionalverband Großraum Braunschweig, der unter anderem für Seesen zuständig ist, an einem Tisch. Die LNVG regelt niedersachsenweit den schienengebundenen Nahverkehr. Egbert Meyer-Lovis verweist darauf, dass morgens zwischen 7 und 8 Uhr an vielen Standorten gleichzeitig die Schüler ans Ziel gebracht werden müssen. Hier wurden Schwerpunkte gesetzt. In der Praxis sieht das so aus, dass im Landkreis Göttingen (Herzberg und Nörten-Hardenberg) sowie im Landkreis Wolfenbüttel mehr Züge eingesetzt werden, eingespart wurden sie im Landkreis Goslar. „Da hier im Vergleich weniger Schüler mitfahren”, führt der Bahnsprecher an.

Sollten im Landkreis Goslar doch mehr Schüler mitfahren, würde das Unternehmen perspektivisch reagieren. Eine Sache stellt der Unternehmenssprecher hier heraus: „Das würde allerdings immer nur zu Lasten eines anderen Schulstandortes möglich sein”. Gut 80 Schüler allein aus dem Raum Seesen pendeln von Montag bis Freitag zum Beispiel an die Adolf-Grimm-Gesamtschule. Sie kommen unter anderem aus Alt Wallmoden, Gittelde (Gemeinde Bad Grund), Lutter und Seesen.sg