„Duo Discus“ startet bald vom Flugplatz

Neues Segelflugzeug des LSV Alfeld auf dem Kühler beheimatet / Pilot nach Unfall auf dem Weg der Besserung

20 Meter Spannweite, 9 Meter Rumpflänge und ein Gewicht von 420 Kilo: Das sind die Eckdaten des neuen Alfelder Flaggschiffs. Doch wichtiger sei die „Gleitzahl“, sagt Wenzeck. 45 Minuten könne das Flugzeug bei ruhiger Luft aus einer Höhe von einem Kilometer gleiten.

Bad Gandersheim. Der Alfelder Luftsportverein LSV Thermik hat ein neues Flaggschiff in seiner Flotte: Den Segelflieger „Duo Discus“, 2005 gebaut von der schwäbischen Firma Schempp Hirth. Der „Duo Discus“ ersetzt die „ASKL 21“, die im vergangenen Jahr beim Landeanflug auf den Bad Gandersheimer Flugplatz abgestürzt war und einen Totalschaden erlitt.

Der damals 18-jährige Pilot verletzte sich bei dem Unglück im Sommer 2019 schwer, befindet sich aber auf dem Weg der Besserung: „Ihm geht es gut. Er kehrt nach und nach wieder in den Segelflugsport zurück“, sagt der LSV-Vorsitzende Andreas Wenzeck.

Das neue Flaggschiff sei „ein echtes Hochleistungsflugzeug“, berichtet er. Der Doppelsitzer wird beim LSV unter anderem auch für die Ausbildung des Pilotennachwuchses eingesetzt. In der LSV-Flotte ist der „Duo Discus“ aktuell das modernste und mit einer „Gleitzahl“ von 45 auch das leistungsfähigste von vier vereinseigenen Flugzeugen. Die Gleitzahl, auch Gleitverhältnis genannt, gibt an, wie weit ein Segelflugzeug in ruhiger Luft aus einem Kilometer Höhe ohne Aufwind gleiten kann. In diesem Falle also 45 Kilometer.

„Besonders attraktiv ist der ,Duo Discus’ wegen seiner angenehmen Flugeigenschaften“, erklärt der Vorsitzende. Er nutze Aufwinde optimal aus und sei „einfach und harmonisch“ zu fliegen, was ihn besonders in Vereinen beliebt mache. „Ein wichtiges Kriterium bei der Kaufentscheidung war, dass das Flugzeug von der Mehrheit unserer Mitglieder geflogen werden kann“ – und nicht nur von gestandenen Vollprofis.

Rund 77 000 Euro gab der LSV Thermik für den neuen Flieger im Alfelder Geschwader aus. Ein Großteil davon stammt aus der Versicherungssumme, die der Verein nach dem Absturz der „ASK 21“ im vergangenen Sommer erhalten hatte. Den Rest habe der LSV durch Spenden finanziert.
Auf den ersten Start von seinem neuen Heimatflughafen in Bad Gandersheim muss der „Duo Discus“ mit seinen markant aufgeschwungenen Flügeln noch warten. Es fehlt noch eine neue Zulassung, denn bisher war das Flugzeug in der Schweiz für die Segelfluggruppe Thun angemeldet. Die Ummeldung erfolgt beim Luftfahrt Bundesamt (LBA) in Braunschweig.

Der „Duo Discus“ wird dann künftig statt der HB-3390 die neue Kennung D-3387 auf seinem Rumpf tragen. „Wir hoffen, dass wir ihn Mitte Juni in die Luft bekommen“, sagt Wenzeck zuversichtlich. In der Schweiz sammelte das Flugzeug rund 2000 Flugstunden. Die Coronakrise gestaltete die Kaufabwicklung schwierig: Wie sollten die Segelflugfreunde ein Flugzeug in der Schweiz begutachten, bei europaweiten Reise- und Ausgangsbeschränkungen? Dort kam Rainer Cronjäger ins Spiel: Der einstige „Vorzeigepilot“ des LSV, der seine fliegerische Karriere im Alfelder Verein begann und noch immer Mitglied im Verein ist, lebt und fliegt seit einigen Jahren in der Schweiz und zwar so erfolgreich, dass er mittlerweile zur Schweizer Nationalmannschaft gehört und als einer der aktuell besten Alpenflieger gilt.

Er besichtigte den „Duo Discus“ in Vertretung seiner Alfelder Kameraden und erstellte ein umfangreiches Protokoll mit unzähligen Fotos. Schnell wurde man handelseinig mit dem Verkäufer, so blieb nur noch die Frage, wie bekommt man den Flieger über die Grenze?

Nachdem alle erforderlichen Dokumente zum Kauf und Einfuhr nach Deutschland erstellt waren, gestaltete sich das eigentliche Szenario am Grenzübergang Thayngen, bei Singen, problemlos:Cronjäger brachte das Flugzeug zur Grenze, wo Patrick und Andreas Wenzeck schon mit allen Zolldokumenten warteten und den Flieger in Empfang nahmen. Nach siebenstündiger Rückfahrt rollte das Anhängergespann auf den Flugplatz Bad Gandersheim, der neuen Heimatbasis des „Duo Discus“. Am vorletzten Wochenende begann für den LSV endlich die neue Flugsaison – allerdings unter ungewohnten Bedingungen. Die neue Normalität, die Corona auch in den Vereinssport brachte, verlangt die Einhaltung von vielen Vorschriften, auch beim Flugbetrieb.

Doch das perfekte Flugwetter machte es den Alfelder Luftsportlern leicht, den Winterstaub abzuschütteln und nach langer Pause den geliebten Sport an den Wolken wieder aufzunehmen.red