Stromkastengeschichte(n)

Ein Rundgang durch die Geschichte von Ackenhausen

Die Ackenhäuser Initiatoren der Stromkastenbilder: Rainer Nothdurft, Hartmut Brinkmann und Michael Goslar (von links).

Ackenhausen. Der Kur- und Verkehrsverein versteht sich als ein Bürgerverein, nicht nur begrenzt auf die Kernstadt, sondern für das gesamte Stadtgebiet inklusive aller Ortsteile. Im letzten Jahr ist die Aktion „Stromkästen erzählen Geschichte(n)“ in der Kernstadt gut angelaufen und in diesem Jahr konnten bereits wieder mehrere Kästen umgestaltet werden. In diesem Jahr haben die Ortsteile Ackenhausen, Altgandersheim, Dannhausen, Ellierode und Seboldshausen ebenfalls Interesse an der Aktion angemeldet. Leider zeigte sich, dass die Schwierigkeit darin besteht, geeignete alte Fotografien zu finden. Zur Freude des Organisationsteams des Kur- und Verkehrsvereins wurden die Stromkästen in Ackenhausen pünktlich zum diesjährigen Feuerwehrfest gestaltet. Gäste und Einwohner haben so die Gelegenheit, die Geschichte des Ortes in Bildern zu erfassen.

Ackenhausen oder Akkanhusi wie in einer Urkunde im Jahre 1007 genannt, kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Von durchziehenden Truppen während der Hildesheimer Stiftsfehde und des 30-jährigen Krieges zerstört, wurde der gesamte Ort im Jahr 1688 Opfer der Flammen. Hochwasser war früher und heute, insbesonders im Jahr 2016 eine Bedrohung für Leib und Leben.

Der Ort ist geprägt von einem lebendigen Vereinsleben. Das Ortsbild hat sich in den Jahren stark verändert. Gebäude mussten weichen oder wurden dem veränderten Lebensstil angepasst. So ist die eigene Molkerei, die um 1885 und 1886 gebaut wurde, auf dem ersten Stromkasten in der Ortsmitte am Feuerwehrgerätehaus wieder zu bewundern. Die Aufnahme stammt von 1926. Eine Molkereigenossenschaft wurde ebenfalls gegründet. Das Gelände für den Bau der Molkerei stammte seinerzeit vom Großbauern August Dröge (Albrecht).
Warum die Molkerei bereits 1938 schon wieder abgerissen wurde, ist leider nicht bekannt. Aufgrund des Standortes der Molkerei wurde damals schon die Straße mit Molkereigasse bezeichnet. Im Zuge der Straßenbenennungen in den 90er Jahren hat man diese Bezeichnung beibehalten.

Weiter geht die Zeitreise an der Kirche vorbei, Richtung Brunnen., wo einst die Gastwirtschaft „Schänke“ stand. Bereits vor 1900 hat es die Schankwirtschaft von Friedrich Dürkoop schon gegeben. Er hatte sie bereits vor der Jahrhundertwende von einem Herrn Probst aus Ackenhausen erworben.

Später sprach man vom Restaurant Dürkoop. In den 30er Jahren hat dann der Schwiegersohn August Rudolph den Ausschank übernommen. Bis in die 60er Jahre hinein war es das Stammlokal vieler AckenhäuserInnen. Es gab seinerzeit auch sehr leckeres selbstgemachtes Eis dort. Irma und August Rudolph haben dann die Gastwirtschaft aufgegeben und sind nach Bad Gandersheim gezogen.

Danach ging die Gaststätte durch viele Kneipiers-Hände. Von Bartholomäus über Ibel bis hin zu Haus hießen die Gastwirte. Höhepunkt war dann Ende der 60er Jahre eine erotische Episode. Eine Zeit lang war das Haus ein Stripteaselokal. In den 80er Jahren wurde das Gebäude umfangreich umgebaut und es entstanden mehrere Wohnungen, die von Aussiedlern bezogen wurden.

Bei dem Rundgang durch das Dorf folgen wir der Straße „An der Wanne“. So gelangen wir zur alten Postagentur. Die ersten Postagenturen wurden von der Deutschen Reichspost im Jahre 1871 eingerichtet . In Württemberg 1876 und in Bayern sogar erst 1898. Die Postagenturen waren damals Postanstalten mit geringerem Verkehr, die nicht von Berufsbeamten, sondern von Privatpersonen (zum Beispiel Landwirten, Gewerbetreibenden, Lehrern, Gutssekretären) im Nebenamt verwaltet wurden. Sie dienten in erster Linie den Verkehrsbedürfnissen der ländlichen Bevölkerung. Um 1900 erhielten Postagenten eine Jahresvergütung von 750 Mark. Das entspricht einem heutigen Kaufwert von etwa 3.430 Euro.

Zwanzig Jahre später wurde dann auch 1891 in Ackenhausen eine Postagentur eingerichtet. Als erster Postagent fungierte Wilhelm Bornemann von 1891 bis 1900. Anschließend übernahm  seine Frau Lina Bornemann die Agentur bis 1916. Die Post haben Bornemanns letztendlich dann bis Anfang der 30er Jahre geleitet, nach Aussagen aus dem Dorf. Danach übernahm sie bis nach dem Krieg Hermine Goslar. Im Anschluss haben dann Wilhelm Randolph mit seiner Frau  sowie danach Hermann und Lene Teiwes die Post geleitet. Genaue Zeiten sind leider nicht bekannt. Heute kommt der Postbote mit einem Auto vorgefahren und verteilt die Briefe und Pakete. Für größere Postangelegenheiten muss man nach Bad Gandersheim fahren.

Durch die beiden Postämter, Bornemann, heute Brinckmann, und Goslar in einer Straße entstand im Sprachgebrauch der Einwohner der Postkamp. Auch hier wurde der Name im Zuge der offiziellen Straßenbenennungen übernommen.

Das Trio auf dem Bild vom Stromkasten „Alte Postagentur“ zeigt die drei Initiatoren der Stromkastengestaltung Ackenhausen. Hartmut Brinkmann, Ortsvorsteher, Michael Goslar, Ortsbrandmeister und Rainer Nothdurft, 1. Vorsitzender des Sportvereins TV Vater Jahn. Der Kur- und Verkehrsverein freut sich, einen Beitrag zum Erhalt der Geschichte in den Ortsteilen leisten zu können. Im Bilderarchiv des städtischen Museums finden sich gar keine oder nur wenige Bilder aus den Ortsteilen. Die Organisatorin der Stromkästen, Liane Goslar, würde sich freuen, wenn alte Aufnahmen auch dem Museum überlassen werden könnten. Natürlich werden die Originalaufnahmen nach der elektronischen Archivierung dem Eigentümer wieder zurückgegeben.red