Ensemble-Begrüßung unter Donner

Intendant: Theater in der Provinz – ein gutes Gefühl / Schwarz: Jahr mit viel Wandel

Franziska Schwarz begrüßte für die Stadt das Ensemble im Kaisersaal.

Bad Gandersheim. Ein Auftakt mit Donnerwetter: Noch trocken ging es am Montagabend in den Kaisersaal, wo die Stadt Bad Gandersheim das Ensemble der Domfestspiele dieses Jahres begrüßte. Mal ohne den ansonst üblichen Sonnenschein, der den Redner dabei gern blendete, sondern diesmal mit einer draußen immer bedrohlicheren Dunkelheit, die durch den Aufzug eines Gewitters verursacht wurde, das während der Begrüßung über Bad Gandersheim und dem gesamten Umland niederging.

Bürgermeisterin Franziska Schwarz gab wie immer ihrer Freude Ausdruck, dass eine neue Spielzeit startet und mit den Schauspielern eine über den Winter so lang ersehnte Atmosphäre in die Stadt zurückkehrt. Die Wetterentwicklungen mochte sie nicht als Omen für die Spielzeit sehen. Achim Lenz sei es gelungen, die Festspiele gut aufzustellen, und das zahle sich in Erfolgen aus.

Welche das sind, benannte ihr Mann und Vorsitzender des Aufsichtsrates, Uwe Schwarz. Er konnte zum Beispiel auf einen brummenden Vorverkauf verweisen, der zu dieser Zeit bereits um 3.000 Karten über dem Stand im Vergleich zur Vorjahreszeit liege. 60 Prozent der verfügbaren Karten seien bereits abgesetzt.

Vorschusslorbeeren, die darauf hindeuten, was man an Niveau und Stücken von Achim Lenz gewohnt sei und damit auch in diesem Jahr erwarte. Ein Akteur allerdings hat das noch getoppt: Fehmi Göklüs Studiostück „Al dente...“ in Brunshausen ist in den zehn geplanten Vorstellungen bereits ausverkauft, es gibt schon Zusatzvorstellungen.

Schwarz verwies weiter darauf hin, dass das Jahr vor den 61. Domfestspielen mit so viel Wandel bei den Festspielen verbunden gewesen sei, wie kaum eines vorher. Dazu gehörten zum Beispiel der Wechsel in der Stelle der kaufmännischen Geschäftsführung, in der Öffentlichkeitsarbeit, in der Theaterpädagogik sowie der technischen Leitung. Und nicht zuletzt der erfreuliche Umstand, in diesem Jahr auf das von Lenz geforderte eigene Probenzentrum zugreifen zu können, das in der Neuen Straße entstanden ist, auch wenn es noch nicht ganz fertiggestellt werden konnte.

Auf eine gute Nachbarschaft stellte die Vertreterin der Stiftskirche, die stellvertretende Pröpstin Meike Bräuer-Ehgart, ihren Gruß ab. Theater und Stiftskirchengemeinde müssten sich jedes Jahr aufs Neue arrangieren, um ein gutes Miteinander zu pflegen. Das sei aber auch diesmal wohl wieder gut gelungen.

Kurz fasste sich in diesem Jahr in seinem Grußwort der Vorsitzende des Fördervereins der Domfestspiele, Dr. Hinrich Bönicke. Er stellte unter anderem den Förderverein als „für das gute Wetter zuständig“ vor. Wohl fast jeder wünschte sich in dem Moment, dass der Förderverein seinen Einfluss umfassend geltend machen möge.

Wie üblich hatte Intendant Achim Lenz das letzte Wort. Er hatte seinen Beitrag auf die deutsche Theaterlandschaft abgestellt, und dies vor dem konkreten Hintergrund, welche Rolle dabei die „Provinz“ spiele. Aufhänger war für ihn dabei, dass kulturelle Teilhabe ein Menschenrecht sei. Nach mehr als drei Jahrhunderten gewachsener Tradition seien Reformen in der deutschen Theaterlandschaft überfällig.

Die gesellschaftliche Diskussion werde von den urbanen Zentren dominiert. Er habe aber ein gutes Gefühl dabei, wenn er nun alle in der Provinz willkommen heiße. Ein Gefühl, das positiv besetzt sei mit Freiheit, Natur, Loslassen, Urlaub oder Ferien. Auch, wenn sich das für das Ensemble in diesen Tagen vielleicht gerade nicht so fühle.

Die Schauspieler aber machten Theater nicht für die Provinz, sondern in und mit dieser. Diese Sicht solle den Blick weiten hin zu einer Reflexion der Strukturen im ländlichen Raum. Interessanterweise werde gerade in der Provinz eine künstlerische Vielfalt gelebt.

Er glaube dabei, dass die Domfestspiele geeignet seien, in der Provinz den Finger auf die Wunde zu legen. Sie könnten aktuelle Herausforderungen beschreiben und mögliche Zukunftsszenarien aufzeigen. Konkret meinte Lenz damit zum Beispiel: Die Festspiele könnten noch so tolle Stücke aufführen, das nütze aber wenig, wenn es an der Gastronomie fehle, die den Rahmen geben müsse. Oder wenn man nach einer Vorstellung keine Übernachtung finden könne. Von Mobilitätsproblemen einmal abgesehen. Womit der Finger auf einige (bekannte) Wunden gelegt war. Umrahmt wurde die Begrüßung im Kaisersaal durch Gesangsbeiträge von Ensemblemitgliedern. Außerdem gab es zwei weitere Programmpunkte, über die noch extra berichtet wird.

Das Wetter war bei Ende der Begrüßung so regnerisch, dass zum ersten Mal kein Ensemblebild auf der Bühne gemacht werden konnte. Das Begrüßungsfest konnte nicht im Freien stattfinden, da schüttete es weiter. Die Festspielgastronomie hatte aber schnell geschaltet und alles ins Zelt geholt.rah