Etat 2018: Das Ende der Zurückhaltung?

Zum ersten Mal seit Jahren endet ein Haushalt möglicherweise wieder mit einem Defizit

Bad Gandersheim. In einer Sondersitzung hat der Rat am Donnerstagabend den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr von Bürgermeisterin Franziska Schwarz entgegengenommen. Ein gewichtiges Werk nicht nur nach Seiten und Menge an Papier, sondern auch vom Inhalt. Und ein bemerkenswert anderes als in den vergangenen Jahren noch dazu, denn 2018 wird wahrscheinlich das erste Jahr seit 2009 sein, in dem der Haushalt nicht ausgeglichen endet. Was an sich eine Hauptforderung des Zukunftsvertrages ist, dem die Stadt nach wie vor untersteht.

Die Gründe dazu legte Bürgermeisterin Franziska Schwarz bei der Haushaltseinbringung dar. Der Etatentwurf 2018 sei der erste seit vielen Jahren, der der Stadt Bad Gandersheim wieder eine echte Handlungsfähigkeit zurückgebe. Aufgrund der harten Konsolidierungsbemühungen seien Investitionen in den vergangenen Jahren immer nur am unteren Limit möglich gewesen. Das sieht 2018 nun ganz anders aus: Immerhin rund 6,3 Millionen Euro – eine Größenordnung wie seit Jahrzehnten nicht – beabsichtigt die Stadt in verschiedene Investitionen zu stecken, darunter einige echte „Brocken“.

Der größte dabei der geplante Abriss des Grundschul-Pavillons und Neubau eines Erweiterungsanbaus mit einem Gesamtvolumen von rund 1,7 Millionen Euro. Leider habe sich jüngst herausgestellt, dass die nicht mit 600.000 Euro aus KIP-Mitteln bezuschusst werden könnten, sondern nur 192.000 Euro aus diesem Topf eingeplant werden können. Das stellt die Planungen nochmals auf den Prüfstand.

Grundsätzlich fügte die Bürgermeisterin an, dass zu allen Investitionsvorhaben Zuschussmittel in Ansatz gebracht worden seien. Viele davon sind aber noch nicht zugesagt oder überhaupt sicher. Solle sich bei einzelnen Maßnahmen herausstellen, dass sie so nicht finanziert werden könnten, oder der Stadtanteil deutlich steigen würde, stehe unter Umständen damit auch das gesamte Vorhaben zur Disposition.

Weitere Großpositionen sind 780.000 Euro, die im Bereich der Altstadtsanierung im nächsten Jahr eingesetzt werden sollen. Das Rathaus ist dabei nicht inbegriffen, hier sind zusätzliche 360.000 Euro im Ansatz, Für eine Erweiterung des Feuerwehrhauses an der Heckenbecker Straße sind 600.000 Euro vorgesehen, der Kindergarten Pusteblume in Heckenbeck kann mit 210.000 Euro aus städtischen Mitteln rechnen, die zur Erweiterung benötigt werden.

Die Stadt als Eigentümerin des Sole-Waldschwimmbades – die Betriebsgenossenschaft ist nur Betreiber – geht außerdem bei der aufwändigen Sanierung der alten Filter ins Obligo: Nachdem der für das Hallenbad in diesem Jahr bereits erneuert wurde, stehen noch drei weitere für das Freibad an: 700.000 Euro sind dafür angesetzt.

Auch das Programm „Stadtgrün“, das als einziges einen direkten Zusammenhang mit der Landesgartenschau 2022 hat, kann unter Umständen schon 2018 greifen. Hier allerdings darf die Stadt mit einer Förderung von Maßnahmen, die auch als Zuarbeit für die LGS zu sehen sind, von bis zu 90 Prozent der tatsächlichen Kosten rechnen. Ansonsten aber, sagte Schwarz in aller Deutlichkeit, habe das Haushaltsdefizit des Jahres 2018 rein gar nichts mit dem Beschluss zu tun, dass Bad Gandersheim Landesgartenschauausrichter werde. Hier dürfe daher auch kein falscher Zusammenhang hergestellt werden.

Schwarz fasste zusammen, dass mit zahlreichen weiteren kleineren Investitionen in Dörfern und Stadt dieser Haushalt tatsächlich so etwas wie einen Wendepunkt markiert: Die Stadt gestaltet wieder. Mit Blick auf das vermutlich anfallende Haushaltsdefizit erläuterte sie, dass dies nicht dem deutlichen Investitionsschub geschuldet sei, sondern vornehmlich schon durch gesetzlich auferlegte Versorgungsleistungen verursacht werde.

Natürlich habe sich der Stadtverwaltung nach Vorliegen der Entwurfszahlen und einem absehbaren Fehlbetrag mit den Aufsichtsbehörden in Verbindung gesetzt und abgesprochen, wie vorgegangen werden darf. Beide beteiligten Aufsichtsbehörden – Landkreis und Land – hätten dabei signalisiert, die Notwendigkeit der Investitionen anzuerkennen und auch einen Fehlbetrag in 2018 nicht zum Anlass zu nehmen, den Etat womöglich nicht zu genehmigen.

Verbunden gewesen sei dies aber mit dem deutlichen Hinweis, dass mittelfristig der Haushaltsausgleich wieder herzustellen sei. „Mittelfristig“ wohl auch deshalb, weil die Haushaltsvorplanungen für die Jahre 2019 und folgende bereits seit dem letzten Jahr Fehlbeträge prognostiziert haben, die vor allem durch Pflichtleistungen verursacht werden. Deshalb dann aber ganz auf Investitionstätigkeit verzichten zu müssen, wollten die Aufsichtsbehörden angesichts des Investitionsstaus nach den langen Sparjahren der Stadt nicht auferlegen.

Aufgrund dieser Umstände, und natürlich im Zusammenwirken mit den dann noch dazukommenden Maßnahmen im Rahmen der LGS-Ausrichtung habe das Land bereits signalisiert, die Stadt müsse von einer Verlängerung des Zukunftsvertrages bis ins Jahr 2025 ausgehen. Sie wisse, dass dieser Umstand gemeinhin nicht gern gesehen werde, andererseits biete er aber auch Vorteile an Hilfen zu kommen, die nur Kommunen im Zukunftsvertrag in Anspruch nehmen könnten, sagte die Bürgermeisterin.

Überdies, so Schwarz weiter, gelte für die Stadt mit oder ohne Zukunftsvertrag, dass man sich auf keinen Fall in eine neue Schuldenspirale begeben werde. Seit Mai 2017 weist der Etat keinen Cent mehr an Kassenkreditsschulden aus. Die einstmals 32 Millionen Euro (im Jahre 2009) sind komplett abgezahlt. Auch 2018 solle sich daran nichts ändern. Es gelte weiter die strenge Haushaltsführung. Die Investitionstätigkeit gehe zu Lasten längerfristiger Kreditaufnahmen.
An den Rat gerichtet schloss die Bürgermeisterin mit der Bitte, das Zahlenwerk ebenso aufmerksam wie wohlwollend zu beraten. Das wird in den kommenden Wochen in den Fachausschüssen geschehen, in die der Etatentwurf diskussionslos weitergeleitet wurde.

Eine erläuternde Frage hatte CDU-Fraktionschef Timo Dröge: Nach seinem Verständnis sei die Stadt durch den Zukunftsvertrag doch nur auf den Ergebnishaushalt verpflichtet, den Ausgleich zu erreichen, nicht jedoch auf den Finanzhaushalt, in dem auch die investive Verschuldung abgebildet wird.
Hierzu erklärte Stadtkämmererin Claudia Bastian allerdings, der Vertragszusatz von 2010 lege fest, dass keine Netto-Neuverschuldung auftreten dürfe. Das gelte auch für den investiven Bereich. Mit dem Etat 2018 dürfte und würde damit dann erstmals wieder abgewichen.rah