Festspiele erreichen Top-Auslastung

770 Zuschauer oder 77.04 Prozent je Vorstellung / Regen verdirbt möglichen finanziellen Zusatzerfolg

Bilanzpressekonferenz am schweizerischen Nationalfeiertag: von links Indra Schiller (Theaterpädagogik), Intendant Achim Lenz, Aufsichtsratsvorsitzender Uwe Schwarz und der kaufmännische Geschäftsführer Stefan Mittwoch.

Bad Gandersheim. Eine Bilanz mit mindestens zwei unterschiedlichen Seiten und noch mehr einzelnen Aspekten haben am Dienstag die Verantwortlichen der Gandersheimer Domfestspiele zwei Tage nach Ende der 59. Spielzeit gezogen. Künstlerisch und von den reinen Zuschauer- und Auslastungszahlen war die Spielzeit ohne Zweifel ein großer Erfolg.

„Wasser in den Wein“ – und das nicht nur sprichwörtlich – kippte der Regen: Drei geplante Veranstaltungen – richtige „Geldbringer“ zudem – wurden durch ihn verhindert. Das habe, so kaufmännischer Geschäftsführer Stefan Mittwoch, am Ende verhindert, sich ein mögliches Polster zu erwirtschaften, mit dem gerade in Hinblick auf die Jubiläumsspielzeit Innovationen oder Anschaffungen denkbar gewesen wären.

Doch dieses „weinende Auge“ darf den Gesamterfolg des ersten Intendanzjahres von Achim Lenz nicht schmälern. Zumal es nicht durch eine – in anderen Fällen immer wieder erlebte „Delle“, wie Aufsichtsratsvorsitzender Uwe Schwarz es formulierte, bei den Besucherzahlen entstanden ist, weil die Zuschauer erst einmal abwartend geschaut hätten, was ein „Neuer“ so macht.

Die Zuschauerzahlen sind hoch geblieben: 43.099 zahlende Gäste wurden gezählt. Eine Menge, die Intendant Achim Lenz später als in dem Bereich sah, den die Festspiele nicht mehr gravierend würden steigern können.

Dass es damit am Ende rund 1.700 weniger waren als im Vorjahr, ist zwei Dingen geschuldet: 1.600 allein seien durch die verpassten Aufführungen verloren gegangen, und zum anderen lag die Zahl der Vorstellungen mit gespielten 56 in diesem Jahr um sieben unter denen des Vorjahres. Vor dem Dom waren letztes Jahr zudem fünf Stücke gespielt worden, diesmal vier, dafür gab es aber noch die Studioproduktion in Brunshausen, die zusätzliche fünf Aufführungen beisteuerte.

Wichtigster Gradmesser für den Erfolg ist aber nicht die absolute Besucherzahl, sondern die Auslastung der Stücke. Und da wird’s dann richtig gut: Klarer Spitzenreiter ist das Tanzmusical „Saturday Night Fever“ mit 18 Vorstellungen und einer Auslastung von 99,49 Prozent. Danach schon das Kinderstück „Die kleine Hexe“, das in zwölf Vorstellungen die Tribüne zu 87,23 Prozent füllte.

An dritter Stelle kommen „Die Comedian Harmonists 2“ mit 15 Vorstellungen und 69,12 Prozent und „Kabale und Liebe“ schaffte es immerhin mit den elf Vorstellungen auf 39,98 Prozent, was in etwa dem typischen Wert eines Klassikers bei den Domfestspielen entspricht.

Ein wenig außer Konkurrenz das Studiostück, denn dort standen in Brunshausen nur 70 Plätze zur Verfügung, die manchmal sogar noch um den einen oder anderen Stuhl ergänzt wurden, so dass die fünf Abende am Ende zu 100,86 Prozent ausgelastet waren. Überausverkauft also.

Zusammengerechnet brachte das dem ersten Intendanzjahr von Achim Lenz einen Durchschnitt von 770 Besuchern je Vorstellung, womit der Vorjahreswert von 723 deutlich übertroffen wurde. Die Gesamtauslastung berechnet sich auf 77,04 Prozent (Vorjahr 72,34 Prozent). Werden die Zuschauer und Besucher von Rahmenprogrammveranstaltungen mit einberechnet, dürfen die Festspiele insgesamt von rund 51.300 Besuchern sprechen. Ein stabiler Wert durch die letzten Jahre.

Natürlich, so der Intendant, sei er mit diesem Ergebnis sehr glücklich, und vor allem erleichtert. Auch ihn hätten natürlich Ängste begleitet, ob am Ende ein solches Ergebnis herauskommen werde. Nun könne er sagen, das Versprechen sei eingelöst. „Wir haben es vor allem geschafft, die Menschen zu emotionalisieren. Wir haben eine Atmos­phäre geschaffen, die bewusst empfunden und genossen wird, und das hat Bad Gandersheim vielen anderen Festspielorten voraus“, fasste Lenz zusammen, und fügte an: „Unser Konzept ist aufgegangen, Tanzmusical vor allem kommt bei den Zuschauern an.“ Eine Linie, die 2018 ja dann auch konsequent mit „Fame“ fortgesetzt wird.

Funktioniert haben auch die „Extras“, das Rahmenprogramm. Veranstaltungen wie die Lesung oder das Gastspiel aus Mayen „Alte Liebe“ waren ausverkauft, die Abende im Zelt an mehreren Freitagen sehr beliebt und zum größten Teil auch gut besucht. Theaterfest und THEATERViRUS sind etabliert und aus den Festspielen nicht mehr wegzudenken. Das „Fest der Chöre“ ist mit neuem Konzept aufpoliert, die Qualität gesteigert worden. Das große Ganze stimmt also.
Blick auf die Probleme.

Die Probleme wurden dennoch nicht verschwiegen. Es sei 2017 noch nicht gelungen, infrastrukturelle Probleme anzugehen. Gemeint ist damit unter anderem die Forderung nach eigenen Probenräumen. Auch deshalb nicht, weil sich die Budgetlage wie eingangs erläutert nicht bedeutsam habe verbessern lassen. Sie ist stabil, bietet aber eben keinen Spielraum für bestimmte Wünsche. Die Förderung von Bund und Land seien daher für den Erfolg und Weiterbestand der Festspiele unabdingbar, so der Intendant deutlich.

Natürlich musste es an dieser Stelle auch einen Ausblick auf das Jubiläumsjahr 2018 geben. Das Programm ist bereits verkündet und voll in Planung. Was bedeute, so Lenz, dass Stückbearbeitungen und Musikarrangements bereits aufgenommen worden sind. Die Stücke müssten ja an die spezifischen Gegebenheiten der Festspiele angepasst werden. Musikalisch macht sich da als musikalischer Leiter des nächsten Jahres Ferdinand von Seebach schon ans Werk, womit Achim Lenz mindestens eine Personalie schon konkret benennen konnte. In anderen Fällen werde es mit Akteuren dieses Jahres sicher ein Wiedersehen geben, was aber bislang nur im Absichtsstadium ist, solange keine Verträge bestünden, würden auch keine Namen genannt, so der Intendant.

Mit der Programmverkündung war auch die Idee einer Jubiläumsveranstaltung auf der Greener Burg, der eigentlichen „Wiege“ der Gandersheimer Domfestspiele schon benannt worden. Festhalten will Achim Lenz auf jeden Fall außerdem an die zweiten Spielstätte in Brunshausen. Auch für 2018 ist dort wieder eine Studioinszenierung angedacht, vielleicht gleich mit mehr Terminen als in diesem Jahr, nachdem man nun weiß, dass die Zuschauer das Angebot annehmen.

Vorgestellt wurden im Rahmen der Bilanz am Dienstagmorgen – übrigens dem Schweizer Nationalfeiertag, den man bewusst deswegen gewählt habe, so Uwe Schwarz – auch die Ergebnisse der bisherigen theaterpädagogischen Arbeit sowie eine echte und für das Marketing enorm bedeutsame Innovation, die Einbindung der von der Firma Mehle/Hundertmark aus Göttingen erstellten Panoramen und Videos für die Domfestspiel-Homepage. Darüber berichtet das GK in getrennten Beiträgen.rah