Gedenken thematisiert den Rassismus

Gut besuchte und organisierte Gedenkveranstaltung für die Opfer der KZ-Außenstelle Brunshausen

Beginn des Gedenkens für die Brunshausen-Opfer an der Klosterkirche...

Bad Gandersheim. Einen etwas anderen Auftakt nahm das Gedenken an die am 4. April 1945 (wie in diesem Jahr damals ein Mittwoch, wie ein Teilnehmer anmerkte) erschossenen Opfer der KZ-Außenstelle Brunshausen in diesem Jahr: Die Begrüßung der durchaus zahlreichen Teilnehmer erfolgte mit einem eigenen kurzen Nachruf auf Wolfgang Martini, der vor Kurzem verstorben und einen Tag vor dem Gedenken beigesetzt worden war.

Martini war in den letzten 35 Jahren eine der treibenden Kräfte, die Erinnerung an das Geschehen in Brunshausen überhaupt wieder öffentlich präsent zu machen. Sein besonderer Verdienst bleibt die Bronzetafel an der Klosterkirche Brunshausen, für deren Anbringung er sich zusammen mit der Friedensinitiative hartnäckig eingesetzt hatte.

Sehr unterstützt hat er auch den Gedanken, dass junge Menschen in das Gedenken stärker eingebunden werden. Das geschieht seit Jahren mit Oberschülern, die sich im Vorfeld des Gedenkens mit Brunshausen, der Geschichte und Aspekten auseinandersetzen, die aktuelle Bezüge herstellen. In diesem Jahr war es das Thema des Rassismus, dessen Wiederaufleben wir seit der Flüchtlingswelle in Deutschland ganz offen erleben müssen und der zum Erstarken neonazistischen Gedankengutes beigetragen hat.

Nicht weniger als 18 Schüler waren dieses Jahr unter der Leitung von Petra Dröge gestaltend aktiv geworden. Und auch Oberschul-Rektorin Antke Brethauer ließ es sich nicht nehmen, selbst an der Gedenkfeier teilzunehmen. Nach dem wieder vom Posaunenchor gespielten Buchenwaldlied der erste Denkanstoß von Gzim Nimanaj: „Lass mich in Ruhe“, ein Gedicht eines türkischen Mädchens, umgeschrieben auf einen Jungen, der nichts weiter möchte, als in Frieden zu leben. Gedanken einer Mutter begleiteten das Gedenken an der Bronzetafel für die Opfer der sogenannten „Kinderpflegestätte).

Pia Nolte und Talia Probst trugen dann als ersten Beitrag auf den Weg zum Gedenkkreuz an der Erschießungsstelle ein Gedicht von Willi Ohlendorf vor. Der Ingenieur bei der IG Farben hatt sich bedingungslos gegen das NS-Regime gestellt und war dafür 1938 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt worden. 1944 wurde er ins KZ Dachau überstellt und kam so mit mehreren hundert französischen Gefangenen schließlich auch nach Brunshausen. Im November 1944 starb er dort. Für die Schüler ein Held, weil er seine Haltung bis zum Schluss nie aufgab.

Untrennbar verbunden ist das Gedenken mit Robert Antelme, der die Gräuel des Lagers und der NS-Herrschaft in seinem Buch „Das Menschengeschlecht“ niedergeschrieben hat. An ihn wurde an dem Schild erinnert, das einen Weg nach ihm benennt. Er führt zur Erschießungsstelle am Cluswald. Verlesen wurde die Stelle aus seinem Buch, die den Erschießungstag beschreibt.

Volker Hahn und Prof. Gerhard Armanski schlugen dann den Bogen zur Gegenwart, zum Thema Rassismus. In einer Art Frage- und Antwortspiel definierten sie Rassismus und brandmarkten, dass dieser inzwischen im deutschen Alltag in verschiedensten Formen allerorten zu finden sei. Dagegen gelte es sich im Gedenken an das, was der Nationalsozialismus mit dem Rassismus als Triebfeder daraus gemacht habe, aufzulehnen und sich solcher Tendenzen kämpferisch zu erwehren.

Mit dem „Anders sein“ setzte sich ein von Vivien Brodmann vorgetragenes Gedicht auseinander. Quintessenz: Anders könne als interessant, aber auch als gefährlich empfunden werden. Ausgrenzung und Verfolgung sind dann schnell die Folgen.

Am Gedenkkreuz an der Erschießungsstelle wurden wie in jedem Jahr 40 Blumen für die 40 Erschossenen niedergelegt, ebenso üblich die Verlesung aller bekannten Namen dazu. Das von Daniel Knemöller und Collin Fischer vorgetragene Gedicht „In Freiheit“ ergänzte diesen Teil des Gedenkens. Und Dominik Ahrens sowie Steffen Schramm fragten „Wann ist endlich Frieden “.

Die besondere Bedeutung der Mitwirkung der Schüler machte Petra Dröge an dieser Stelle durch Worte von Ester Bejarano, einer KZ-Überlebenden, die zeitlebens für die Erinnerung und gegen das Aufkeimen neuen Nazimus’ gekämpft hat, deutlich: Ihr Kampf werde so lange gehen, hatte Frau Bejarano einmal gesagt, bis es auf der Erde keine Nazis mehr gebe. Und auf die Frage, was geschehe, wenn sie diesen Kampf nicht mehr führen könne, darauf verwiesen, dass Schüler ihr gesagt hätten, sie müsse keine Angst haben. Sie würden die Geschichte den nächsten Generationen weitererzählen.

Eben dies geschehe mit der Arbeit der jungen Menschen an der Oberschule, es gelang in diesem Jahr ausgezeichnet, eine passende Atmosphäre und Betroffenheit zu erzeugen. Wofür sich die Friedensinitiative gleich im Anschluss mit einem kleinen Abschlusstreffen bedankte.rah