Goslar hat unendlich viel zu bieten

Oberbürgermeister Junk und Sigmar Gabriel zeigten der Bundeskanzlerin einmal die Stadt / Dreistündiges Programm / Demo gab es

Auf Einladung von OB Dr. Oliver Junk (links) und Sigmar Gabriel weilte die Kanzlerin in Goslar.

Goslar. Steht  hoher Besuch ins Haus, will man sich bestmöglich präsentieren. Auch auf Kleinigkeiten wird geachtet, denn es ist nicht alltäglich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in Goslar weilt. So stand der Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk vor der Frage: Soll das Glockenspiel auf dem Markplatz die Nationalhymne oder das Steigerlied spielen? Er entschied sich für Letzters, schließlich gehört der Bergbau zur Stadt und zur Region. Das spielte beim Besuch am Mittwoch  eine Rolle.

Ein schönes Programm mit Begegnungen, Besichtigungen und Menschen aus der Stadt, fasste der Oberbürgermeister den dreistündigen Besuch der Bundeskanzlerin zusammen. Für ihn braucht es keinen extra Anlass, um Goslar zu besuchen. Eingeladen hatte sie Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk und der Ehrenbürger der Stadt, Sigmar Gabriel. Letzterer betonte ihr gegenüber immer, dass es mit reinrauschen, CDU-Parteitag in Goslar besuchen und wieder rausfahren nicht getan sei.

Schließlich hat seine Geburts- und Heimatstadt so unendlich mehr zu bieten. Bekanntlich gehören ja das Erzbergwerk Rammelsberg und die Altstadt seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dabei gibt es für die Christdemokratin einen Ansatzpunkt, schließlich hielt die neue gegründete CDU vom 20. bis 22. Oktober 1950 im Odeon-Theater ihren ersten Parteitag ab. „Es ist in einem schlechten Zustand und kann nicht präsentiert werden“, räumte Junk ein. Vielmehr wollte er einmal den Blick auf jene Dinge richten, die mit Bundesmitteln in Goslar realisiert wurden.

So unter anderem der Hochaufzug im Rammelsberg. Ehrenbürger Sigmar Gabriel hatte seine Tochter Marie mitgebracht. Worum geht es gerade? Fragte sie ihren Vater, ein Lächeln bei den Anwesenden. Museumsdirektor Gerhard Lenz zeigte den Gästen das Erzbergwerk Rammelsberg. Und Goslars Oberbürgermeister führte mit einem Lächeln zum Grund des Besuchs aus: Sie hätte geschaut, was fehlt in meiner Amtszeit noch und da gehört Goslar eben dazu. Zumal sie bereits im Januar um einen Termin vor der Sommerpause gebeten hatte.

Gelöste Stimmung, entspannte Atmosphäre. Volksnah präsentierte sich Angela Merkel in Goslar. Indizien gibt es: Im Rammelsberg nahm sie sich Zeit für ein Selfie mit einer mexikanischen Schülergruppe. Beim Rundgang durch die Altstadt gab sie trotz der Enge zwei Autogramme. „Haben Sie einen Stift“, rief sie dem Ehepaar zu. Glücklich waren sie, als die Bundeskanzlerin unterschrieb. Auch ein Junge ging mit einem Lächeln. Nach der Diskussion mit fünf Schülern und 200 weiteren in der Kaiserpfalz sagte Merkel: „Danke für die Fragen. Es hat Spaß gemacht.“ Vor Beginn goss sie sich ein Glas Wasser ein und sagte später auf die Frage nach ihrem Gesundheitszustand:  „Zu viel Kaffee ist bei solchen Temperaturen nicht gut, lieber ausreichend Wasser!“

Kontakt suchte die Bundeskanzlerin auch zu den gut 100 Demonstranten. Denn die Bewegung „Friday for Future“ hat ausnahmsweise einmal an einem Mittwoch demonstriert und nicht wie üblich freitags. „Angela Merkel die Schutzpatronin der Autoindustrie“ war auf einem Plakat zu lesen. Die Kundgebung ging weiter, während die Bundeskanzlerin in der Kaiserpfalz mit den Schülern diskutierte.

Die Gesellschaft ist im Wandel, was auch an den Fragen der Schüler abzulesen ist, wie der OB betonte. Vor zehn bis 15 Jahren hätten sie nach Ausbildung, Studienplatz und Arbeit gefragt. Und heute?  In den 60 Minuten ging es um Themen wie Energiepolitik, Digitalisierung, Urheberrecht und Herausforderungen. Aber auch zu Dingen, die für die Harzregion relevant  sind, wurde sie gefragt. Darunter:  Warum der Ostharz mehr Gelder erhält und die Städte im Westharz wie Braunlage förmlich abgehangen werden.

Laut Merkel gibt es ab 2020 ein Umdenken, denn die Verteilung des Geldes erfolgt nicht mehr nach Ost und West sondern nach strukturschwach und strukturstark. Dann würde auch der Westharz stärker profitieren. Zudem wurde das Thema Landflucht angesprochen. Wichtige Faktoren, die laut Angela Merkel in dem Zusammenhang angepackt werden müssen sind: Internet-anbindung, eine verlässliche ärztliche Versorgung, Schulen  in der Region, ein gut ausgebauter Verkehr mit Bus und Bahn sowie attraktive Ortskernsanierungen, um diese für die Familien attraktiver zu machen.

Dem Rundgang durch die Altstadt folgte abschließend der Eintrags ins Goldene Buch. Für ihre Haltung sind sie zu selten gelobt worden, betonte Junk. Er nannte sie eine Ausnahmepersönlichkeit in der deutschen Politik und als Bundeskanzlerin. Angela Merkel genießt die Besuche in jenen Städte, die täglich nicht so im Fokus stehen. Goslar hat unendlich viel zu bieten, das wurde ihr am Mittwoch klar. Und nun weiß sie genau, was Sigmar Gabriel meinte, wenn er über sein Goslar spricht.syg