Kritik von Jens Witzke

„Ich wollte nie erwachsen sein….“

Peter Pan Premiere bei den Gandersheimer Domfestspielen

Bad Gandersheim. „Ich wollte nie erwachsen sein….“ Diese Liedzeile von Peter Maffay umschreibt hervorragend die Grundthematik der Geschichte um Peter Pan. Zu den Jubiläumsfestspielen setzt Achim Lenz in seiner zweiten Spielzeit als Intendant die berühmte Geschichte aus der Feder von James Matthew Barrie auf den Spielplan der Gandersheimer Domfestspiele. Regisseurin Sarah Speiser und Dramaturgin Jennifer Traum schrieben eigens für Bad Gandersheim eine neue Stückfassung.

Nach der „Kleinen Hexe“ im vergangenen Jahr zeichnet sich also Sarah Speiser auch in diesem Jahr für das Kinderstück verantwortlich. Sie zaubert mit einem äußerst spielfreudigen Ensemble ein Leuchten in den Augen der anwesenden Kinder und Erwachsenen. Die Geschichte ist wohl den meisten bekannt, weswegen ich darauf nicht näher eingehen möchte.

Das gesamte Ensemble, unter der Leitung von Sarah Speiser schafft es, die Thematik des Erwachsen werden sollen, müssen oder eben auch nicht wollen, mit spielerischer Leichtigkeit dem zuschauenden Publikum zu vermitteln.

Allen voran der ideal besetzte Stephan Luethy als titelgebender Peter Pan. Er verkörpert glaubhaft den Jungen, der nicht erwachsen werden will, dem der Schalk im Nacken sitzt und der sich völlig unbedarft Gefahren stellt. Stets an seiner Seite die Fee Glöckchen, dargestellt von Florentine Kühne. Sie spielt „Naseweis“ so sympathisch, dass man ihr auch die Eifersüchteleien verzeiht.

Wendy (Samira Julia Calder) und ihr Bruder John(Jan Rogler) spielen überzeugend den Part, wie schwierig es sein kann, auf der einen Seite Geschichten zu erzählen, zuzuhören und die Abenteuer nach zu spielen, auf der anderen den Anforderungen des Vaters(Marco Luca Castelli) gerecht zu werden, welcher selber in der Erwachsenenrolle gefangen zu sein scheint und dieses auf seine Kinder projizieren möchte. Allerdings hat auch er seinen kindlichen Moment, als er beim Medizin einnehmen schummelt. Zwischen Kinder und Vater versucht die Mutter die schlichtende Rolle einzunehmen.

Felicitas Heyerick blüht regelrecht auf, wenn sie in die Geschichten Ihrer Kinder als Drache einsteigt und ihrem Mann vor Augen führt, das Kind auch einfach mal Kind sein muss. Ebenso charmant, aber auch kämpferisch verkörpert sie die Rolle der Tigerlilly.

Auf der Suche nach seinem Schatten (Ivo Schneider), beschließt Peter also Wendy und John vor dem Erwachsen werden zu retten und nimmt sie mit nach Nimmerland. Mit wenigen Handgriffen wandelt sich das Bühnenbild, welches von Sandra Becker wieder einmal mit Liebe zum Detail gestaltet wurde, vom Schlafzimmer in ein farbenfrohes Nimmerland, welches die komplette Bühne einnimmt, begleitet von begeistertem raunen im Publikum.

Dort erleben sie einige Abenteuer, lernen die verlorenen Jungs und die Piraten kennen, gespielt von Patryk Durski, Katarzyna Gorczyca & Ivo Schneider. Und natürlich treffen sie auf den großen Widersacher Peter Pans, dem berüchtigten Piraten Captain Hook. Marco Luca Castelli, welcher diesen ebenfalls verkörpert, spielt in seiner faszinierenden Art den Mann der besessen darauf ist, es Peter Pan endlich heim zu zahlen, das er seine Hand dem Krokodil zum fressen gegeben hat.

Angelehnt an die großartige Interpretation Dustin Hoffmans in Steven Spielbergs „Hook“. Ebenfalls eine gelungene Reminiszenz bietet Fehmi Göklü als Captain Hooks treuester Diener Smee. Mit seiner Darstellung braucht er sich nicht hinter der erstklassigen Darstellung Bob Hoskins verstecken. In seiner bekannten Leichtigkeit spielt er den liebenswerten Schussel, welcher doch nur wieder wie früher mit seinem Captain segeln und plündern will, anstatt Peter Pan hinterher zu jagen. Nicht zu vergessen sind die „Tierischen“ Auftritte. Das Krokodil und der Pudel sorgen für große Lacher bei Jung und alt.

Eine Kindergeschichte für Groß und Klein, mit der versteckten Botschaft, dass man, egal wie alt man ist, sich immer ein Stück Kind sein bewahren sollte. Grade in solch unruhigen Zeiten mit twitternden Präsidenten, sollte man wenigstens für kurze Augenblicke die Sorgen zur Seite schieben und herzhaft Lachen und Spaß haben. Zum Beispiel in dem man eine der Aufführungen von Peter Pan vor der Stiftskirche besucht. Die anwesenden Zuschauer bei der Premiere haben die Zeit sichtlich genossen und quittierten dieses mit stehendem Applaus.jw