In kleiner Zahl, jedoch in aller Würde: Ausnahmezeiten für Trauerfeiern

Die Landeskirche gibt klare Vorgaben für Bestattungen / Nicht jeder mag das akzeptieren

Einsam geht es derzeit zu, wenn auf den Friedhöfen Trauerfeiern oder Bestattungen vorgenommen werden müssen. Die aktuellen Regeln legen eine Höchstgrenze von zehn Trauergästen fest, die Trauerfeier findet im Freien vor den Kapellen statt.

Bad Gandersheim. Es ist schon in allgemeinen Lebenssituationen zur Zeit manchmal schwer genug, die Ausnahmesituation zu meistern. Um ein Vielfaches kann sich das noch steigern, wenn in diesen Tagen ein Angehöriger stirbt und die Corona-Schutzmaßnahmen tief auch in Kulturgewohnheiten des Abschiednehmens eingreifen. Doch das Virus hat davor nicht halt gemacht, es gelten seit über einer Woche für Trauerfeiern und Bestattungen Regeln, die klare Grenzen setzen. Das ist lange nicht für alle so einfach zu akzeptieren.

Das bekommt an erster Stelle unter anderem das beauftragte Bestattungsinstitut zu spüren. Frank Kubiniec aus Greene als einer der in der Region tätigen Bestatter kann berichten, dass die Betroffenen in etwa 95 Prozent aller Fälle Verständnis für die Einschränkungen zeigen, selbst wenn diese mit zusätzlichem Leid verbunden sind, weil aufgrund der Höchstzahl von zehn Trauergästen viele, die sonst mit dabei gewesen wären, nicht dabei sein dürfen.

Fünf Prozent wollen die Einschränkungen aber nicht akzeptieren und ringen – teilweise mit kuriosen Vorstellungen oder auch mal rabiaten Ansagen – um eine Lösung nach eigenem Wunsche. Ein Entgegenkommen sei ihm aber nicht möglich, selbst wenn er für die Nöte der Menschen als Triebfeder Verständnis habe, bedauert Kubiniec. Die Regeln für Trauerfeiern und Bestattungen sind durch das Virus nicht außer Kraft gesetzt, sondern in einigen Bereich eben sogar noch deutlich verschärft worden.

Zurzeit können evangelische Bestattungen auf Anweisung der Landeskirche Braunschweig nicht in der gewohnten Form stattfinden. Nur die nächsten Angehörigen dürfen unter Einhaltung des Sicherheitsabstands zum Grab kommen und gemeinsam mit der Bestatterin/dem Bestatter und einer Pfarrerin oder einem Pfarrer den letzten Abschied begleiten. Auch die Friedhofskapellen und Kirchen stehen derzeit nicht mehr zur Verfügung. Diese sehr strengen Maßnahmen dienen ausschließlich der Gesundheit der Bevölkerung.

Die SeelsorgerInnen der Propstei Gandersheim-Seesen können sich mit diesen Bestimmungen innerlich nur schwer arrangieren, berichtete Pröpstin Elfriede Knotte dem GK. Von ihrer Berufung her liegt ihnen außerordentlich viel daran, Menschen vor allem in Krisensituationen besonders nahe sein zu können. Das aber ist auch durch die aktuelle Kontakt-Beschränkung zusätzlich erschwert.

Die Angehörigen von Verstorbenen ihrerseits befürchten, dass durch diese Vielzahl an Beschränkungen die Würde bei der Verabschiedung auf der Strecke bleibt. Manche planen deshalb sogar, aus diesem Grund die Trauerfeier auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Pröpstin Elfriede Knotte und Propst Thomas Gleicher haben gegenüber unserer Tageszeitung daher die kirchliche Haltung in der aktuellen Situation aufgezeigt: „Nach christlicher Überzeugung ist auch bei einer kleinen Zahl von Menschen mit der ganzen Gegenwart Gottes zu rechnen. Und dadurch ist aus christlicher Überzeugung alles erfüllt, was zu einer würdigen kirchlichen Trauerfeier gehört.“

Anders, so die Geistlichen, verhält es sich aber mit der öffentlichen Würdigung der Verstorbenen. Hier gehört oft auch eine größere Zahl von Menschen zum äußeren Rahmen. Damit die Angehörigen in der gegenwärtigen Ausnahmezeit aber auch in dieser Hinsicht Trost empfangen können, planen die Gemeinden der Propstei, nach der Krise besondere Gottesdienste zu feiern, bei denen dieser Aspekt besonders zum Tragen kommen kann.

„Es ist wichtig, dass die Bestattungen jetzt nicht aufgeschoben werden, weil niemand weiß, wie lange die Einschränkungen bestehen werden. Außerdem braucht Trauer einen klaren Abschluss, damit sich die Gefühle wieder sortieren können. Daher sollten die Bestattungen auch weiterhin zeitnah stattfinden“, empfehlen die Geistlichen.

Ein Aufschub, ergänzt Kubiniec, geht wegen der weiter bestehenden Regeln bei Erdbestattungen und auch Urnenbestattungen nicht über die Fristen hinaus. Die liegen bei sieben Werktagen oder bei Urnen nach vier Woche. Es liege nicht in der Macht der Bestatter, mit den Angehörigen nun Termine „nach Wahl“ jenseits dieser Fristen auszusuchen, in der Hoffnung, dass diese dann außerhalb der Krise lägen und alle wieder daran teilnehmen könnten.
Angesichts der geltenden Beschränkung auf maximal zehn Trauergäste, die zudem zur Zeit ja nicht einmal die Kapellen betreten dürften, sondern die Zeremonie im Freien abhalten müssen, rät Kubiniec außerdem, den Termin der Trauerfeiern oder Beerdigungen möglichst nicht in die Traueranzeigen aufzunehmen. Das vermeide den Zulauf von eventuell nicht eingeladenen Trauergästen.

In ganz harten Fällen greift der Bestatter auch mal zur ultimativen Erinnerung: Es könne noch schlimmer kommen, wenn wir jetzt keine Vernunft walten lassen. In Italien dürften in weiten Teilen selbst die unmittelbaren Angehörigen ja nicht einmal mehr an den Bestattungen teilnehmen, die so erst recht zu einem schrecklich einsamen Abschied werden. So weit ist es in Deutschland nicht – und werde es auch hoffentlich nie kommen. Wenn wir verstehen und Vernunft walten lassen.red