Ratskeller-Neuverpachtung

Indiskretion aus dem VA legt Abstimmung und Mitbewerber offen

Zuschlag ist Ergebnis einer knappen Mehrheit / Frank Heise wäre gern mit Konzept für Ratskeller zurückgekommen

Bad Gandersheim. Der Verwaltungsausschuss einer Kommune ist ein Gremium, das grundsätzlich nicht öffentlich tagt. Die Abgeschlossenheit hat gute Gründe. Vor allem können in diesem dem Rat (auch der kennt einen nicht öffentlichen Teil) vorgeschalteten Gremium damit Dinge besprochen und beschlossen werden, die mit sensiblen – zum Beispiel personenbezogenen und anderen schützenswerten – Daten zu tun haben und wo die heute deutlich verschärften Vorschriften des Datenschutzes eine Verschwiegenheit erfordern. Zu dieser werden Ratsmitglieder grundsätzlich im Amt verpflichtet, auf die Verletztung der Verschwiegenheitspflicht stehen auch Strafen.

Das hat aber offenbar mindestens ein Mitglied des Verwaltungsausschusses nicht von dem Verschwiegenheitsbruch abgehalten, einen Internet-Blogger in einem sozialen Netzwerk darüber zu informieren, wie und über wen in der Frage der Neuverpachtung des Ratskellers in diesem Gremium beraten und beschlossen wurde.

Aktuell gehören dem Verwaltungsausschuss für die SPD Jürgen Steinhoff, Ingrid Lohmann und Detlev Krause, für die CDU Ulrike Pferdmenges und Karin Albig sowie für die Grünen Oliver Brzink als Beigeordnete an, außerdem hat die Bürgermeisterin Sitz und Stimme. In der betreffenden Sitzung waren aber drei Beigeordnete durch ihre Stellvertreter vertreten worden, sodass unter anderem Niklas Kielhorn bei der SPD und Timo Dröge bei der CDU im VA das Stimmrecht ihrer Fraktionen wahrnahmen. Ein drittes VA-Mitglied wurde ebenfalls vertreten, aber nicht benannt.

Offengelegt wurde durch die inzwischen natürlich schnell in weitere Gruppen geteilte gezielte Indiskretion, dass es keine einmütige, sondern eine Mehrheitsentscheidung zur Neuverpachtung des Ratskellers gegeben habe, in der sich die SPD-Beigeordneten und die Bürgermeisterin mit vier Stimmen gegen die zwei CDU-Beigeordneten und den Vertreter der Grünen durchgesetzt haben. Dies zu Gunsten der im GK am Mittwoch präsentierten neuen Pächter.

Offengelegt wurde durch die Verschwiegenheitsverletzung aber auch, wer der unterlegene Mitbewerber war: Frank Heise, ein gebürtiger Bad Gandersheimer und derzeit Betreiber des durch Fensehkoch und -berater Rach bekannt gewordenen Duderstädter Campingplatz-Lokals „Franks Piraterie“. Er hatte ebenfalls eine Bewerbung für den Ratskeller eingereicht und war offenbar Favorit von CDU und Grünen.

Dahinter steht – so lässt die Diskussion in sozialen Netzwerken durchblicken – wohl auch ein Streit der gastronomischen Philosophien, genauer der Wunsch der unterlegen VA-Vertreter, „gute deutsche Küche“ in den Ratskeller zu holen. Zudem, so war zu lesen, habe man sich von einem Votum für Heise ein Zusatzangebot versprochen, um die Gastrovielfalt in Bad Gandersheim zu beleben.

Die neuen Pächter hatten indes bei der Vorstellung ihrer Konzeptideen ebenso deutlich darauf verwiesen, dass die für den Ratskeller vorgesehene Speisekarte sehr wohl auch die deutsche Küche mit berücksichtigen werde.

Andere Aussagen sahen in Heise den erfahreneren Gastronomen für ein Großprojekt wie den Ratskeller, denn insbesondere die älteren Gandersheimer werden sich noch erinnern, dass Heise letzter Pächter der Kurhausgastronomie vor der Veräußerung des Hauses durch die Stadt war. Das Engagement endete in einem Rechtsstreit zwischen Heise und dem damaligen Bürgermeister Heinz-Gerhard Ehmen, den die Stadt gewann und damit auch das Übernahmeangebot Heises für das Kurhaus ablehnte.

Ob diese Historie bei der Entscheidung jüngst im Verwaltungsausschuss unterschwellig oder spürbar noch eine Rolle spielte, ist aber blanke Spekulation. Ebenso die Frage, von wem die Verschwiegenheitspflicht hier verletzt wurde.

Die Stadt Bad Gandersheim zeigte sich am Mittwochmorgen auf jeden Fall über die zweifellos gezielt gesetzte Indiskretion empört, zumal es sich um keinen Einzelfall handelt. Auch in der Vergangenheit bereits hatten Ratsmitglieder die Verschwiegenheits­pflicht immer wieder einmal verletzt, wobei fast ebenso häufig eine Beteiligung des besagten Internet-Bloggers festzustellen war, der den Indiskretionen gern Raum bot.

Die Verschwiegenheitspflicht wird den Ratsmitgliedern durch das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG, siehe Infokasten) auferlegt und regelt die Verwendung sensibler Informationen an sich recht restriktiv. Missbrauch kann bestraft werden, teils sogar strafrechtlich. Vorausgesetzt natürlich, der „Whistleblower“ kann festgestellt werden. Ob die Stadt in diesem Fall Ermittlungen dazu aufnehmen wird, war am Mittwoch nicht zu erfahren.rah