Kampf um Bereitschaftsdienst der Kinderärzte im Landkreis Goslar geht in die nächste Runde

Kreistag formuliert Appell an die Kassenärztliche Vereinigung, nicht die erste Maßnahme

Mitte Dezember protestierten die Eltern in Goslar gegen die Zentrallösung der Kinderärztlichen Notdienstsprechstunde, seit Jahresbeginn gilt diese im gesamten Landkreis Goslar.

Goslar. Für die Eltern ist es ein Kraftakt, denn der Kindernotärztliche Bereitschaftsdienst ist seit Jahresbeginn im Landkreis Goslar komplett abgeschafft. Ist das Kind außerhalb der Sprechstunde des Kinderarztes erkrankt, müssen die Eltern nach Salzgitter-Lebenstedt oder Braunschweig in die Kinderklinik fahren – für die Samtgemeinde Lutter und Seesen ist das Universitätsklinikum in Göttingen zuständig. Ein Unding – finden viele. Nachdem die Bürgermeister des Landkreises und Landrat Thomas Brych einen gemeinsamen, offenen Brief an die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) verfasst haben, der „Beobachter” berichtete, wurde nun am Montag seitens des Kreistages der Druck weiter erhöht.

Wenn während einer Kreistagssitzung der Kreisausschuss einberufen wird, ist es dringend. Genauso war es in der jüngsten Sitzung. Grund dafür war der Eilantrag der CDU-Fraktion den Appell an die KVN, der behandelt werden sollte, um einen zweiten Absatz zu ergänzen. Einstimmig votierten die Kreisausschussmitglieder dafür den Antrag zuzulassen, so konnte über die Ergänzung mit abgestimmt werden, der Kreistag votierte für den Appell samt Ergänzung einstimmig.

Den Kreistagsmitgliedern geht es dabei darum, dass die KVN ihren Beschluss, den kinderärztlichen Notdienst an den Kinderklinikstandort zu binden, wieder zurücknimmt. Wie ein Sprecher der KVN in Braunschweig immer wieder betone, liegt das daran, dass die Kreisstadt Goslar über keine Kinderklinik verfügt, was aber nicht so einfach umsetzbar ist. „Wir unterstützen den Landkreis gerne, wenn dieser eine Kinderklinik aufbauen möchte, aber wir werden sie nicht betreiben“, sagt Adelheid May, Regionalgeschäftsführerin und Geschäftsführerin der Asklepios Harzkliniken und der Asklepios Kliniken Schildautal, auf Anfrage. In diesem Zusammenhang führt sie einige Gründe auf, warum solch eine Fachklinik bisher in Goslar nicht realisiert wurde. Eine Kinderklinik braucht eine gewisse Größe, um überhaupt kostendeckend arbeiten zu können und alle Qualitätsstandards einzuhalten.

Allein fünf bis sechs Fachärzte sind nötig, um die Versorgung rund um die Uhr gewährleisten zu können. Unter dem Aspekt des bundesweiten Ärztemangels ist das kaum realisierbar. „Hinzu kommt, dass wir in der Region auch die besondere demografische Situation einer sehr hohen Altersstruktur haben, mit steigender Tendenz in den kommenden Jahren“, führt Adelheid May an. Jedoch steigen in Goslar die Geburten. Die Krankenhausplanung liegt ohnehin beim Land Niedersachsen. Heißt, sollte in der Region eine Unterversorgung bei Kinderkliniken bestehen, dann wäre es Aufgabe des Ministeriums, hier Abhilfe zu schaffen.

In Bezug auf die Kinderklinik ist keine Veränderung möglich, auf die sprichwörtliche Palme bringt die Kreistagsabgeordneten auch der Blick in den benachbarten Landkreis Harz, der zu Sachsen-Anhalt gehört. Hier gibt es in Wernigerode die Kinderklinik, die seitens der KVN auch den Eltern, die vor allem im Oberharz wohnen, empfohlen wird. Eine 24-stündige Notfallambulanz steht in der Kinderklinik zur Verfügung. Obendrein ist der kindernotärztliche Bereitschaftsdienst in Blankenburg zu finden, das nur gut 15 Kilometer von Wernigerode entfernt ist. „Das führt zu einer flächenmäßig breiteren und damit auch deutlich besseren Versorgung des Landkreises bei kinderärztlichen Notfällen”, heißt es in der Sitzungsvorlage. Genau dieser Zustand wollen Kreistagsabgeordnete und Landrat Thomas Brych auch für den Landkreis Goslar erreichen.

So schnell geben die Verantwortlichen den Kampf noch nicht auf. Thomas Brych kündigte in der Sitzung bereits ein offenes Gespräch im Mai an, zudem er KVN-Vorstand Mark Barjenbruch einladen will. „Unsere Möglichkeiten direkt Einfluss zu nehmen sind begrenzt, aber wir werden sie nutzen”, sagte der Landrat.

Der Appell im Wortlaut

Die KVN - Außenstelle Braunschweig wird eindringlich gebeten, den Beschluss zur Vergrößerung der Versorgungsbereiche des kinderärztlichen Bereitschaftsdienstes neu zu überdenken und wieder einen Bereitschaftsdienst auch im Landkreis Goslar vorzuhalten.

Die Kassenärztliche Vereinigung wird gebeten in der nächstmöglichen Vertreterversammlung den Beschluss, dass ein kinderärztlicher Notdienst an eine Kinderklinik räumlich angebunden sein soll, wieder rückgängig zu machen.syg