Landgericht weist Millionenklage des Landkreises gegen Asklepios ab

Unterschiedliche Reaktionen / Asklepios-Anwalt wirft Steuerverschwendung vor / Revision möglich

Braunschweig/Clausthal. Mit großer Spannung erwarteten am gestrigen Freitag alle Beteiligten die Urteilsverkündung am Landgericht Braunschweig. An diesem Tag standen sich der Landkreis Goslar und der Klinikbetreiber Asklepios gegegnüber. In der Klage ging es dem Landkreis Goslar um eine Vertragsstrafe in Höhe von 16 Millionen Euro, also pro Vertragsjahr eine Millionen Euro, geltend ab 2004. Vor allem für den Standort in Clausthal-Zellerfeld sieht der Landkreis Goslar eine Pflichtverletzung, indem stationäre und Notfall versorgung nicht mehr gewährleistet seien.

Nun das Urteil: Die Klage ist vollumfänglich abgewiesen. Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Im Jahr 2003 erfolgte die Privatisierung der Klinken in Goslar, Bad Harzburg und Clausthal-Zellerfeld. Richterin Birgit Allert begründete, dass sich aus dem Privatisierungsvertrag keine entsprechenden Ansprüche des Landkreises gegen dem Klinikbetreiber ergeben. In seiner Begründung hielt das Landgericht Braunschweig fest, dass erstens Asklepios seinen vertraglichen Verpflichtungen auch nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nachgekommen ist. Zweitens waren der Landrat und der Landkreis ab Vertragsschluss in verschiedenen Funktionen über die Entwicklung in der Klinik in Clausthal- Zellerfeld vertragsgerecht informiert. Hier wurde versäumt, eine fristgemäße Abmahnung gegen Asklepios in die Wege zu leiten.

Die Richterin verwies auch darauf, dass Ansprüche aus einem Vertrag nicht ewig gelten würden. Heißt, hier wurde konkret in puncto „unbefristete“ Laufzeit des Vertrags auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwiesen, wonach ab einer bestimmten Laufzeit Vertragsanpassungen in der Regel unvermeidlich sind. Das Gericht gab dafür einen Zeitrahmen von 15 Jahren vor. Diese vom Gericht geäußerte Frist war schon im Jahr 2018, also bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung, abgelaufen. „Wir sind für das klare und unmissverständliche Urteil des Landgerichts Braunschweig dankbar. Wie schon zuvor das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat nun auch das Landgericht Braunschweig erneut bestätigt, dass Asklepios den Versorgungsauftrag stets erfüllt hat und auch seinen weiteren Pflichten aus dem Privatisierungsvertrag nachgekommen ist“, äußert sich nach dem Prozess der Asklepos- Anwalt Dr. Peter Gauweiler.

Enttäuscht zeigte sich Goslars Landrat Thomas Brych: „Die heute verkündete Entscheidung des Landgerichts Braunschweig, unsere Klage abzuweisen, ist natürlich eine ausgesprochen unerfreuliche Nachricht. Wir können der Argumentation des Gerichts nicht folgen. Und trotz der eindeutigen Entscheidung sind wir weiterhin von unseren Argumenten überzeugt“. Und weiter stellt er noch einmal klar: „Der Betrieb eines Krankenhauses ist nicht dadurch hergestellt, dass in den Räumlichkeiten Licht brennt“. Bereits im August 2020 war die Güteverhandlung zwischen dem Landkreis Goslar und der Asklepios Harzklinik GmbH vor dem Landgericht Braunschweig gescheitet. Die Vorsitzende Richterin, Birgit Allert, regte damals an, dass beide Seiten außergerichtliche Gespräche führen sollten.

Auch das kam nicht zu Stande. Bisher hatte der Kreistag für das Verfahren 1,3 Millionen Euro bereitgestellt, diese Summe ist noch nicht aufgebraucht. Damit wurden die Beauftragung der Kanzlei Latham & Watkins auf stundenweiser Honorarbasis und die gerichtlichen Verfahrenskosten finanziert. Jedoch war der Arbeitsaufwand der Anwälte höher, unter anderem verursacht „durch aufwändige Aufarbeitung vieler von der Gegenseite angesprochener Themen auf der Sachverhaltsebene“, hieß es dazu im Kreistag.

Unterm Strich bedeutet dies, dass die bisher kalkulierte Summe nicht ausreicht. Denn es besteht die Chance, dass „das Verfahren trotz erheblicher Aufwendungen nicht, zumindest nicht vollständig, den gewünschten Erfolg bringen wird. Für den Fall des Unterliegens bestünde die Möglichkeit, in die nächste Instanz zu gehen“, hieß es im Dezember im Kreistag. Dafür werden weitere zwei Millionen Euro benötigt. Dafür votierte der Kreistag einstimmig. Eine Sache, die übrigens Dr. Peter Gauweiler, Prozessvertreter der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA, in seinem Statement annahmte: „Meine Kollegen und ich sind nach wie vor irritiert darüber, dass und wie der Landkreis seinen Vertragspartner Asklepios in eine erkennbar unbegründete Klage hineingezogen hat und an dieser, trotz unmissverständlicher Hinweise des Gerichts, bis zur Urteilsverkündung festgehalten und die kostenpflichtige Klageabweisung in Kauf genommen hat. Der Landrat hat sich vom Kreistag für diese nicht nachvollziehbare Vorgehensweise 3,3 Millionen Euro Steuergelder bereitstellen beziehungsweise zum Großteil bereits ausgeben lassen. Die Sinnhaftigkeit dieser Ausgabe für die Steuerzahler wird kommunalaufsichtlich zu prüfen sein“. Klar ist, wie und ob es weiter geht, entscheidet Landrat Thomas Brych nicht alleine, sondern, wie bisher alle Schritte, in Abstimmung mit dem Goslarer Kreistag. Eine Berufung gegen das Landgerichtsurteil ist möglich. „Wir werden gemeinsam mit der Politik und unseren Anwälten die Urteilsbegründung prüfen und das weitere Vorgehen abstimmen.

Ob wir von diesem Rechtsmittel Gebrauch machen, werden die Beratungen zeigen“, so der Chef der Goslarer Kreisverwaltung. Rechtsanwalt Kai Labenski, ebenfalls Prozessvertreter der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA., äußert sich an die Adresse des Kreisverwaltungschefs: „Der Landrat muss verstehen, dass er den Wortlaut des Privatisierungsvertrages mit Asklepios nicht einfach an sein neu definiertes politisches Ziel anpassen kann. Hierfür hat der Landkreis mit dieser Klage nun eine sehr teure Lernkurve hingelegt. Asklepios jedenfalls erneuert einmal mehr seine Gesprächsbereitschaft gegenüber dem Landkreis, eine Lösung für die Zukunft des Standortes Clausthal-Zellerfeld zu finden. Voraussetzung ist aber, dass der Landkreis das heute gefällte Urteil annimmt“.syg