Looping, Rolle, Kubanische Acht

Georg Brethauer und Eric Ude besitzen eine Yakolew Yak-52 / Die Yak ist ein ideales Kunstflugzeug

Seit April 2017 ist die Yak-52 im Besitz von Georg Brethauer und Eric Ude. Die beiden Sportflieger haben die ehemalige russische Maschine komplett von einer Spezialfirma aus Litauen überholen lassen. Das Kunstflugzeug ist zugelassen für bis zu 8 positive g-Kräfte und bis zu 6 negative g-Kräfte. Bei einem Looping erreicht man Geschwindigkeiten zwischen 300 und 330 km/h. FOTOS: Herma Niemann (5), Georg Brethauer (1).

Bad Gandersheim. Fliegen macht Spaß, und dass Kunstfliegen noch viel mehr Spaß macht, davon durfte ich mich am vergangenen Sonntagnachmittag persönlich überzeugen. Der Grund meines Besuchs auf dem Gandersheimer Sportflugplatz als Volontärin des Gandersheimer Kreisblatt war, einen Bericht über das Kunstflugzeug von Georg Brethauer und Eric Ude zu schreiben.

Die beiden Sportflieger besitzen seit April des vergangenen Jahres eine Yakolew Yak-52, ein ehemaliges sowjetisches Militärflugzeug. Inzwischen von einer Spezialfirma aus Litauen generalüberholt, besitzt das Flugzeug mit der Kennung SP-YWM und dem Baujahr 1989 einen Sternmotor mit neun Zylindern, hat 360 PS und sei früher beim russischen Militär für Trainingszwecke der Piloten eingesetzt worden, berichtet mir Georg Brethauer.

Yak-52 war Trainingsmaschine für Grundschulung

Die zweisitzige Yak-52 ging aus dem einstigen Kunstflugzeug Yak-50 als Trainingsmaschine für die Grundschulung hervor. Im Gegensatz zu ihren Vorgängermodellen ist die Yak-52 wie auch die Yak-50 eine Ganzmetallkonstruktion, und in dieser Region bestimmt ein seltener Anblick „Vieles an der Yak funktioniert mit Pressluft, 50 Bar“, erklärt mir Brethauer, so sei man nicht abhängig vom Batteriestrom. Einmal im Jahr werde die Maschine gewartet.

Im Gespräch berichtet der Gandersheimer, dass er seit 2007 Mitglied im Sportfliegerclub Gandersheim-Seesen ist. Seit 2006 ist er Motorschirmpilot und fliegt seit 2008 Ultraleicht-Dreiachs. Seit 2009 fliegt er Gyrocopter und seit 2011 E-Maschinen. Seine Kunstflugausbildung mit Lizenz hat er 2013 absolviert. Insgesamt hat der 39-Jährige eine Flugerfahrung von rund 800 Stunden und 1450 Landungen. Im Kunstflug ist er bisher 50 Stunden geflogen, mit 145 Landungen. Um beim Kunstflug fit zu bleiben, sollte man im Übrigen mindestens drei bis vier Mal im Monat trainieren.

Die Yak-52 kann bis zu 420 Stundenkilometer (km/h) fliegen, eine gute Reisegeschwindigkeit liegt bei 230 km/h. Beim Kunstflug braucht man jedoch eine Geschwindigkeit zwischen 300 und 330 km/h.
Während unseres Gespräches stellt mir jedoch noch Georg Brethauer eine Frage: „Wie sieht es aus? Hast Du Lust, eine Runde zu drehen?“. Zwar hatte ich damit schon irgendwie gerechnet beziehungsweise vielleicht sogar darauf gehofft, darauf vorbereitet war ich jedoch nicht.

Meine Aufregung steigt nur wenig, während Georg Brethauer die Yak zunächst aus der Halle zieht. Die Maschine glänzt in ihrer marineblauen Farbe, es macht aber für mich noch nicht den Anschein, dass ich rund eine halbe Stunde später darin einen Looping drehen werde. Mit einem Urlaubsflieger bin ich noch nie geflogen, dafür aber schon mal in einem Hubschrauber und auch in einem Motor-Segler. „Du bist aber hoffentlich nicht sehr empfindlich?“, fragt mich Georg, woraufhin ich antworte „Eigentlich nicht“. Aber was heißt schon „eigentlich“? Ich habe ja noch keine Ahnung, was da auf mich zukommt.

Meine Nervosität hält sich wirklich in Grenzen, steigt jedoch so langsam an, während Brethauer die Checkliste durchgeht, die aus knapp 200 Einzelpunkten besteht. Wichtig dabei ist auch, zu prüfen, dass sich keine losen Gegenstände im Flugzeug befinden. Jetzt muss nur noch aufgetankt werden. Danach erhalte ich eine Einweisung über die wichtigsten Dinge, und ich bekomme ein Headset, über das wir miteinander sprechen können. Als Erstes werde ich in den Fallschirm gesetzt, und danach noch mit einem Gurtsystem gesichert.
Das ist so fest, dass ich mich nur noch minimal rühren kann. „Sierra-Papa-Yankee-Whiskey-Mike - von der Tankstelle zum Start“, meldet Brethauer zum Tower. Der Tower antwortet: „SP-YWM, das ist verstanden, die Piste ist frei, der Wind weht aus 300 Grad mit 14 Knoten“.

Und dann geht es los. Schneller als gedacht, sind wir schon in der Luft. Brethauer ist „gnädig“ und fliegt mit mir zunächst „ganz normal“ nach Gittelde, meinem Wohnort, das dauert keine fünf Minuten. Dann, nach einer Weile mit wunderbarer Sicht über die Region, kommt die Frage: „Bist Du bereit?“ und Brethauer fliegt mit mir zunächst eine Rolle. Eine Rolle bezeichnet im Kunstflug eine Flugfigur (Drehung), bei der sich ein Flugzeug um 360 Grad um die Längsachse dreht.

Dabei werden im Horizontalflug die Flugrichtung und Höhe in etwa beibehalten. Diese Flugfigur macht schon einmal sehr viel Spaß, auch wenn man im ersten Moment nicht genau weiß, wohin man schauen soll. Brethauer fragt mich regelmäßig über das Headset, wie es mir geht. Ich kann mich nicht beklagen, es ist ein einmaliges Erlebnis. Jetzt kündigt der Pilot den Looping an. Der Looping fordert dem Körper schon einiges ab, und ist anstrengend. Hin- und hergerissen zwischen Konzentration und Freude, muss ich mich schon etwas zurückhalten, um nicht wie bei einer Fahrt in einer Achterbahn laut zu „quietschen“. Wenn die Maschine steil in den Himmel steigt, um am höchsten Punkt eine abrupte Kehrtwende zu machen, dann zieht es einem die Gesichtszüge in die andere Richtung.

Beim Fliegen kommen die G-Kräfte extrem zum Einsatz. Während man beispielsweise auf der Erde einer permanenten Einwirkung von 1 g „ausgeliefert“ ist, wegen der Erdbeschleunigung, mit der der Mensch angezogen wird, herrschen beim Kunstflug deutlich stärkere g-Kräfte. Normalerweise kennt der menschliche Körper die alltägliche g-Kraft und wirkt dem entgegen, indem das Blut nach oben gepumpt wird. Je stärker jedoch das Blut nach unten gedrückt wird, also je stärker auch die g-Kräfte sind, desto mehr Blut landet vom Gehirn in Richtung Füße.

Ab rund viereinhalb g, die bei einem Kunstflug schnell erreicht werden, gibt es keinen Blutfluss mehr im Kopf. Bei diesem sogenannten positiven g wird es dann für Untrainierte gefährlich. Wesentlich unangenehmer sind jedoch die negativen g-Kräfte, auch diese kommen beim Kunstflug vor. Dabei wird das Blut nicht in Richtung Füße sondern in Richtung Kopf gedrückt. Die Zentrifugalkraft wirkt also genau anders herum, ein Zustand, der bei -2g schon langsam ungemütlich werden kann. „Ein Kunstflug sollte generell nicht länger dauern als maximal eine halbe Stunde“, sagt mir Brethauer, sonst werde der Körper zu sehr in Anspruch genommen. Aber auch die Loopings sind für mich als Ungeübte gut auszuhalten.

Auch die „Kubanische Acht“ bot einen tollen Ausblick über Bad Gandersheim. Dies ist eine Flugfigur, bei der durch zwei halbe Loopings die Form einer auf der Seite liegenden Acht geflogen wird. Grenzwertig wurde es für mich erst, als Brethauer mit mir eine gefühlte Ewigkeit, in Wirklichkeit war es wahrscheinlich nicht mal eine halbe Minute, auf dem Kopf flog. Auch wenn zunächst die Füße noch Bodenkontakt zur Maschine hatten, kann dieser Zustand nicht lange gehalten werden. Irgendwann hängt man nur noch im Gurt, was ich persönlich als kein angenehmes Gefühl beschreiben kann. „Ich glaube, das reicht mir dann“, sage ich und wir setzen zur Landung an. Erst beim Aussteigen bemerke ich, wie wackelig meine Beine sind. Das ist dann aber auch alles, kein flaues Gefühl im Magen, keine Übelkeit und auch kein Schwindelgefühl.

Eher das Gefühl, dieses außergewöhnliche Flug-Erlebnis mit dem umsichtigen und erfahrenen Kunst-Piloten möglichst bald einmal wieder erleben zu dürfen. Und vielleicht schaffe ich es dann, was ich mir ursprünglich vorgenommen hatte, nämlich eine ganze Reihe von tollen Fotos und ein gut gelungenes Video aus der Luft zu machen....

Schlussendlich waren die Eindrücke, die Aufregung und das Kribbeln im Bauch aber wohl doch zu überwältigend.hn