Nachtragshaushalt: 2,4 Millionen fehlen

Droht der Stadt durch Corona der Einstieg in eine neue Schuldenspirale?

Bad Gandersheim. In diesem Jahr hat es nicht lange gedauert, bis der Rat der Stadt zu seinem Haushalt einen ersten Nachtrag vorgelegt bekommen muss. Nachträge sind immer dann zu beschließen, wenn die Veränderungen ein festgesetztes Maß überschreiten. Das ist geschehen beziehungsweise absehbar. Auslöser – nicht schwer zu erraten – ist die Corona-Pandemie. Sie bringt im Etat 2020 so manches durcheinander; dies aber nicht nur in Bad Gandersheim, sondern allerorten.

Die Auswirkungen sind, das hatte Bürgermeisterin Franziska Schwarz unter ihrem Bericht ja bereits in der letzten Ratssitzung im Klosterhofgarten in Brunshausen an einigen Zahlen angedeutet, recht gravierend. Leider vor allem auf der Ausfallseite. So verringert sich die Summe der im Ergebnishaushalt erwarteten Einnahmen von geplanten 16,54 Millionen Euro um satte 1,27 Millionen Euro auf rund 15,3 Millionen Euro. Ein herber Schlag ins Kontor.
Zumal sich auf der Aufwendungsseite nicht eben mal eine solche Summe einsparen lässt. Sie konnte gerade einmal um gut 40.000 Euro verringert werden auf runde 16,6 Millionen Euro. Folge dieser sich spreizenden Schere: Ein Haushaltsfehlbetrag von rund 1,3 Millionen Euro im Ergebnishaushalt. Zusammen mit dem Finanzhaushalt bleibt es immer noch ein Fehlbetrag von etwas über einer Million Euro.

Auch bei der Investitionstätigkeit der Stadt klafft eine Lücke zwischen den Einzahlungen (rund 6,6 Millionen) und den geplanten Auszahlungen (fast acht Millionen Euro), so das unter dem Strich allein hier nochmals 1,36 Millionen Euro Minus entstehen. In der Summe muss der Nachtrag damit für den Haushalt einen Finanzierungsmittel-Fehlbedarf von gut 2,4 Millionen Euro konstatieren.

Das lässt ungute Erinnerungen wachwerden und ruft bei manchen Beobachtern bereits die Sorge auf den Plan, diese Entwicklung könne eine neue Schuldenspirale bei der Stadt Bad Gandersheim in Gang setzen.

Sicher nicht ganz zu Unrecht, wenngleich die Lage nicht so dramatisch ist, wie sie Linken-Stadtrat Jürgen Otto unten in seinem Text pauschal darstellt. Die dort genannte Summe von 20 Millionen Euro „Schulden“ muss zum besseren Verständnis in mehrere Bereiche aufgeteilt werden. Der Großteil wird dabei als sogenannte „rentierliche Schulden“ bezeichnet. Das bezeichnet Kredite, die zum Beispiel für den Bau von Wasserleitungen oder Kanalisation aufgenommen werden mussten, deren Zinsen und Abtrag aber kontinuierlich und planvoll durch die Gebühreneinnahmen der abgeschlossenen Nutzer erfolgen.

Anders bei den Ausgaben, denen keine solche Einnahmen gegenüberstehen. Sie produzieren im Etat einen tatsächlichen Fehlbetrag ohne Deckung. Das jahrelang aufgeschaukelte und bis 2009 in der Spitze auf 35 Millionen Euro gelangte Fehl der Stadt ist bekanntlich zu größten Teilen durch den Zukunftsvertrag mit dem Land entschuldet worden. 2012 standen nur noch 5,8 Millionen Euro in der Kreide, und in den Folgejahren gelang es der Stadt, diese Restschuld durch Haushaltsüberschüsse bis auf etwas über zwei Millionen Euro Ende 2018 abzubauen.

Das gelang vor allem durch unerwartet gut sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen. Eine Entwicklung, von der alle wissen, dass sie auch schnell wieder kippen kann – und es nun durch Corona in dramatischer Weise tun wird, das haben die Steuerschätzer des Bundes ja bereits bekanntgegeben. Die Ausfallwerte sind in diesen Nachtrag, der am heutigen Dienstag dem Rat vorgelegt wird, größtenteils schon mit eingegangen. Erwartet wird allein hier eine Mindereinnahme von rund einer Dreiviertelmillion Euro.

Weitere große Einnahmeausfälle sind der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer mit geschätzten 300.000 Euro und rund 150.000 Euro weniger Kurtaxe durch Gästeausfall, vor allem in den Reha-Kliniken. Zahlreiche weitere Ausfälle addieren sich zu weiteren 100.000 Euro.

Sollten sie so eintreten – und nicht vielleicht sogar noch schlechter ausfallen – würde der Stadt eine Erhöhung ihres Restschuldenstandes auf das Doppelte drohen. Die Angst vor einer neuen Schuldenspirale ist daher nicht unbegründet. Und der Ruf schnell laut geworden, dass den Kommunen von außen geholfen werden muss. Woher diese Hilfe kommen soll, weiß zur Zeit aber niemand, da die Lage bei Ländern wie Bund genauso aussieht wie sie sich in jeder einzelnen Kommune zur Zeit abbildet.

Vor diesem Hintergrund steht die Diskussion heute Abend im Rat – zum Nachtrag selbst wie den beantragten Corona-Hilfsaktionen.rah