Polizeiarbeit wider den Handtaschenklau

Präventionsaktion am vergangenen Freitag / Vor allem Senioren die Opfergruppe

PK-Leiterin Sandra Schwerdtner bei der Ansprache von Kunden am E-Center.

Bad Gandersheim. „Sei schlauer als der Klauer“. Wer erinnert sich nicht an solche Sprüche aus früheren Tagen der Präventionsarbeit der Polizei. So viel ist gar nicht anders geworden: „Schlauer gegen Klauer“ war der Titel eines Flyers, den Sandra Schwerdtner, seit einem Jahr Leiterin des Gandersheimer Polizeikommissariates, am Freitag bei sich hatte und an Kunden vor großen Gandersheimer Einkaufsmärkten ausgab. In der Regel zusammen mit einem kleinen Gespräch.
In zahlreichen Bereichen geht die Polizei Bemühungen nach, die Bürger für Gefahren des Alltags zu sensibilisieren. Das reicht von Eigentumsdelikten bis zur Verkehrserziehung im Kinder- und Jugendalter.

Am anderen Ende der Altersskala sind die Senioren zunehmend Sorgenkind der Polizei. Gefahren lauern für sie nicht nur außer Haus, sondern selbst daheim, zum Beispiel in Form des berüchtigten „Enkeltricks“. Ein Problemfeld, mit dem die Polizei in Form von Anzeigen nach geschehenen Taten immer mehr zu tun hat, sind Handtaschendiebstähle in Einkaufsmärkten.

Um genau die ging es am Freitag bei einer Präventionsaktion, zu der sich drei Teams des hiesigen Polizeikommissariates zu den Parkplätzen der vier großen Einkaufsmärkte im Innenstadtgebiet auf den Weg machten. Der Tag war gut gewählt, denn als letzter Öffnungstag vor dem Feiertag 1. Mai war die Kundenfrequenz am Freitag zum Teil enorm groß.

Es bedurfte nicht viel Fantasie, sich bei manchen Konstellationen in die Rolle eines Diebes zu denken, dem es vielfach sehr einfach gemacht wurde. Gerade ältere Frauen nehmen in der Regel Handtaschen mit, nicht selten größere, die dann in den Einkaufswagen gestellt werden. Kein Problem, solange die Kundin diesen immer vor sich und im Blick hat.

Die Einkaufsrealität sieht anders aus: Schnell ist der Wagen zwischen den Waren mal abgestellt, während Dinge aus den Regalen gesammelt werden. Dem Einkaufswagen wird dabei zum Teil auch länger mal der Rücken zugewandt. Momente auf die gewiefte Diebe warten, um dann entweder die ganze Handtasche mitgehen zu lassen oder – so sie, wie in vielen Fällen, auch noch geöffnet ist – schnell das Portemonnaie herauszufischen. Der oder die Bestohlene bemerkt den Verlust oft erst an der Kasse – da hat der Dieb den Laden schon lange verlassen.

Die Ausgangssituationen fanden sich bei der Polizeiaktion vielfach, so dass es schnell einen Aufhänger für wichtige Tipps gab. Ein ganz grundlegender: Portemonnaie oder Geld wie Kreditkarten niemals in einer Tasche unbeaufsichtigt liegen lassen, sondern immer körpernah bei sich tragen. Taschen, die in einem Einkaufswagen mitgeführt und auch mal allein gelassen werden, sollten bestenfalls zur Aufnahme des Einkaufsgutes dienen, nicht als Transportmittel von Wertsachen. Wer auf die Handtasche nicht verzichten will, wählt am besten eine solche, die man am Körper trägt und so nie allein lassen wird.
Das leuchtete den Angesprochenen auch sehr ein, wenngleich sie viele der Tipps am Freitag gewiss gerade nicht beherzigt hatten. Im Gespräch erfuhr die PK-Leiterin auch, dass dergleichen Diebstähle einigen Angesprochenen auch schon selbst wiederfahren waren.

Wichtig ist der Polizei auch, die Aufmerksamkeit nicht nur auf das Einkaufen im Laden zu richten, Gefahr lauert auch auf den Parkplätzen davor. Da Diebe oft in Gruppen arbeiten, ist hier das Ablenkungsmoment entscheidend. Ein Bandenmitglied lenkt das Opfer ab, so dass es für die begehrten Wertsachen keinen Blick haben kann, ein anderes Bandenmitglied schlägt zu. Im Moment weniger akut, aber auch immer wieder mal dabei: der sogenannte Wechselfallentrick. Wie greifbar und groß die Gefahr ist, derart bestohlen zu werden, tatsächlich ist, machte Sandra Schwerdtner an Zahlen fest. In diesem Jahr, das gerade erst vier volle Monate alt ist, hat das PK Bad Gandersheim bereits 60 Anzeigen über solche Diebstähle aufgenommen. Ein Viertel davon betraf Handtaschen oder Geldbörsen. Die Schadenssumme bewegt sich dabei im oberen dreistelligen Bereich. Der Altersdurchschnitt der Bestohlenen liegt bei 65 bis 68 Jahren.

Interessant außerdem: Viele Fälle ereignen sich bei den Discountermärkten im Westen der Stadt, seltener hingegen beim E-Center zum Beispiel. Der Grund ein einfacher: Dort gibt es eine Videoüberwachung, auf der solche Taten leichter zu sehen und den Dieben später anhand der Bilder gut nachzustellen ist.
Das wissen inzwischen auch die Täter, und haben sich daher offenbar mehr auf andere Märkte ohne Videoüberwachung verlagert.rah