Rat ebnet den Naturbadplänen den Weg

Bei zwölf von 19 Stimmen eine klare Mehrheit aus drei Fraktionen / Bürger hatten ausgiebig Fragemöglichkeit

Die Abstimmung über die Freibad-Beschlussvorlage: Die SPD, die beiden Grünen und CDU-Ratsherr Rudolf Hermes votierten für die Naturbadlösung. Vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen kamen aus der CDU und vom Vertreter der Linken.

Bad Gandersheim. Zweieinhalb Stunden: Der Rat machte sich die Entscheidung am Donnerstag in der Frage, wie das Freibad im Sole-Waldschwimmbad saniert werden soll, wahrlich nicht leicht. Und sollte in den vergangenen Wochen hier und dort der Eindruck aufgekommen sein, es sei nicht genügend beraten, hinterfragt, informiert worden, an diesem Abend im Schulzentrum wurde noch so manches nachgetragen. Und, um es vorwegzunehmen, es fiel eine Entscheidung: Mit zwölf Fürstimmen bei vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen wurde – wie erwartet – die Naturbadvariante als Sanierungsplan beschlossen.

Bevor es aber gegen 21 Uhr soweit war, die Abstimmung durchzuführen hatte als erster als Planer Diplom-Ingenieur Stefan Bruns von der Firma Polyplan Kreikenbaum das Wort. Er stellte noch einmal den aktuellen Planungsstand vor, der sich noch etwas weiter entwickelt hat seit der Einwohnerversammlung Ende Juli.

Danach gab Ratsvorsitzender Jürgen Steinhoff zunächst den 50 Besuchern – 48 Sitzgelegenheiten hatte die Stadt coronagerecht aufgestellt, sie alle waren besetzt – Gelegenheit, ihre Anregungen und Fragen an den Planer loszuwerden. Die erste informative Dreiviertelstunde begann.

MTV-Vorsitzender Klaus Dörries eröffnete den Reigen der Wortmeldungen mit einer Stellungnahme. Zum einen kritisierte er die mangelnde Beteiligung der Genossenschaftsmitglieder. Allein Vorstand und Aufsichtsrat einzubinden, reiche nach seinem Verständnis nicht. Hier sollten zunächst die Schulaufgaben erfüllt und die Entscheidung aufgeschoben werden, bis eine Mitgliederversammlung stattgefunden habe.

Katja Preuß hinterfragte, ob allen Ratsmitgliedern die Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu den beiden Modellen bekannt seien. Das wurde von der Bürgermeisterin eingeschränkt bejaht. Die zusammengefassten Werte seien in der Vorlage weitergegeben worden, es gebe aber auch noch detaillierte Auflistungen, die aber noch nicht weitergegeben worden seien.

Auf vom MTV-Vorsitzenden erfolgte Hinweise bezüglich des Schwimmvereinstrainings sagte Genossenschafts-Vorsitzender Gerhard Dörries, der Verein nutze an sich zu 90 Prozent ohnehin nur das Hallenbad. Darauf gab es klaren Widerspruch von Jens Tschäpe, der bekräftigte, vor der Freibadschließung habe das Training im Sommer fast immer im Freien stattgefunden.

Fördervereinsvorsitzender Hans-Joachim Baade vermisste im Planervortrag Aussagen zur großen Wasserrutsche, die ja aus dem kleinen Osterberg heraus durch den Wald ins Bad führen soll und ein Alleinstellungsmerkmal würde. Planer Bruns ergänzte, dass er darauf nicht explizit eingegangen wäre, weil sie derzeit als Option gelte. Eingeplant sei die Möglichkeit ihres Baus, die Realisierung hängt aber an einer bislang ungesicherten Finanzierung.

Sportstadt-Chef Tobias Reinecke hinterfragte, warum die Wassertiefe auch des Schwimmerteiles nicht mit 1,35 Metern deutlich flacher gestaltet werde. Das reiche zum Schwimmen und für Kursangebote und sei zudem aufgrund der geringeren Wassermenge bedeutend ökonomischer. Das sei durchaus machbar, erwiderte Planer Bruns, verwies aber darauf, dass dann Wettkampf-Schwimmsport nicht mehr möglich sei, weil weder Startsprünge noch Wenden bei so geringer Wassertiefe gingen.

Nochmals eine Frage zur Wirtschaftlichkeitsberechnung stellte Michael Jungesblut. Planer Bruns führte dazu aus, dass diese auf der Basis von Rechenmodellen mit 35.000 bis 50.000 Besuchern pro Jahr vorgenommen worden sein. Die Zahlen orientierten sich an den früheren Freibadjahren. Als Eintrittspreise wurden die geltenden zugrunde gelegt und dem die Betriebskosten gegenübergestellt. Zudem sei durch die Stadt ein Rahmen gesetzt worden, der einen städtischen Jahreszuschuss an die Betriebsgenossenschaft zwischen 50.000 und maximal 120.000 Euro vorgab.

Die Berechnungen ergaben in der Summe, dass für die Naturbadvariante ein durchschnittlicher Jahreszuschuss von rund 45.000 Euro ausgewiesen wurde, beim DIN-Bad waren es 93.000 Euro. Ganz klar wirtschaftlicher sei damit die Naturbadvariante.

Das Thema Barrierefreiheit schnitt Hannelore Kükemück an, die wissen wollte, ob die Umkleiden und Toiletten im bisherigen Bau bleiben und entsprechend umgestaltet werden. Dem sei so, bestätigte der Planer, das restliche Freibadgelände sei barrierefrei. Zudem würden die Planungen mit den entsprechenden Gruppierungen noch in der Zukunft näher abgestimmt, um alle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Jens Tschäpe fragte nach, warum es zu einer Umplanung des alten Ratsbeschlusses von 2018 gekommen sei (dort war eine DIN-Bad-Sanierung beschlossen worden). Planer Bruns erwiderte, weil die gesteckte Aufgabe mit den Vorgaben darüber nicht in Einklang zu bringen gewesen sei. Das habe nur die Naturbadvariante schaffen können.

Jan-Peter Heise wandte ein, die Wassertemperaturen eines Naturbades würden zu niedrig bleiben, um attraktiv genug für große Besucherzahlen zu sein. Dem widersprach unter anderem Geno-Vorsitzender Gerhard Dörries unter Hinweis darauf, dass zum einen das Freibad der letzten zehn Jahre meistens Wassertemperaturen gehabt habe, die ähnlich oder sogar niedriger lagen. Das habe an den heißen Sommertagen so gut wie gar keinen Einfluss auf den Besuch gehabt. Besucher eines Freibades – von den wenigen abgehärteten Dauerschwimmern einmal abgesehen – kämen ohnehin nur, wenn die Sonne am blauen, wolkenlosen Himmel stehe.

Dem pflichten andere Wortmeldungen bei. Unter anderem Landesgartenschau-Chef Thomas Hellingrath, dem in seiner letzten Funktion fünf Jahre lang auch ein Badesee unterstand. Richtig Besuch habe es an dem nur bei Hitze gegeben, und dann sei den Besuchern die Wassertemperatur ziemlich egal. Alle, die anderes im Sinne hätten, besuchten ohnehin das Hallenbad. Nach den ausgiebigen Wortmeldungen hatte dann der Rat selbst das Wort.

Auch in der Ratsdiskussion machte Ratsvorsitzender Jürgen Steinhoff diesmal eine Ausnahme: Er ließ Mehrfachmeldungen zu, was ansonsten in Beschlussdebatten unzulässig wäre. Aufgrund des Bedarfs an Nachfragen machte es an dieser Stelle aber durchaus Sinn und wurde von einzelnen Ratsmitgliedern auch genutzt.

CDU-Ratsherr Hendrik Geske stelle eingangs fest, dass analog der aus der Zuhörerschaft gestellten Frage zu den Betriebswirtschaftlichkeitsberechnungen die Beschlussvorlage keine Zahlen enthalte. Wohl aber die Anlage, wo die bereits erwähnte Zusammenfassung gegenübergestellt werden sollte, durch einen Ausdruckfehler aber nicht wurde.

CDU-Fraktionsvorsitzender Timo Dröge erinnerte an den Beschluss aus 2018. Dieser sei gemeinsam gefasst worden, weil man der Auffassung gewesen sei, alle Grundanliegen damit abzudecken. Nun wisse man seit dem 25. Juni, dass es in andere Richtung gehen solle. In die Ergebnisfindung sei der Rat aber gar nicht mit einbezogen worden.

Die CDU verweigere sich nicht, notwendige Schritte mitzutragen. Es sei der Fraktion aber nicht ersichtlich, wie sie das in diesem Falle tun könne, weil es an elementaren Informationen mangele. Daher werde man eine Vertagung des Beschlusses um zwei Wochen beantragen, um in einer weiteren Sonderratssitzung mit vorgeschaltetem Stadtentwicklungsausschuss den Beratungsbedarf noch abdecken zu können, kündigte Dröge an. Gebe es für die Vertagung keine Mehrheit, werde wohl der Großteil der CDU-Fraktion gegen die Naturbadlösung stimmen.

In Richtung des Planers fragte Dröge nach, ob ihn eine Vertagung um zwei Wochen in Probleme bringen werde. Planer Bruns signalisierte, das sei eher nicht der Fall, problematischer fände er einen Beschluss, der unter Zeitdruck und unausgegoren gefasst werde.

Anja Görlach (SPD) verwies darauf, die Zahlen der Wirtschaftlichkeitsvergleiche seien im Protokoll der vergangenen Ratssitzung nachlesbar. Dabei liege das DIN-Bad bei gut doppelter Höhe des für das Naturbad errechneten Betrages. Das bestätigte der Planer.

Nochmals machte Hendrik Geske deutlich, dass er sich grundsätzlich der Position Dröges anschließe, und ebenso gab Ulrike Pferdmenges (CDU) ihre Unsicherheit bezüglich einer Entscheidung preis, es fehle ihr noch an ausreichend Hintergrund dafür, sie teile daher den Wunsch des Aufschubs.

Fragen wurden an den Planer zum Beispiel bezüglich der Besucherzahlen gestellt. Dabei machte Stefan Bruns deutlich, dass es keine Maximalbesucherzahl gebe. Ebenso sei es dem Wasser beziehungsweise der biologischen Wasseraufbereitung egal, wie viele Menschen baden würden. Dadurch erhöhe sich zwar der Eintrag an Stoffen, die abgebaut werden müssten, das bringe aber ein solches Filter nicht in Probleme. Mehr Nährstoffe durch viel Besuch bedeuteten nur mehr Pflanzenwachstum im Filterbeet.

Bruns sah auch in Sonnenmilch im Wasser keine Probleme auf die Bioklärung zukommen. Es gebe bislang keine Untersuchungen, die das herausgefunden hätten oder bestätigen könnten.

Die sogenannte Nennbesucherzahl von 1200 erklärte der Planer mit rechtlichen Vorgaben. Sie beziehe sich auf den gesamten Badrahmen bis hin zu Parkflächen und gebe an, welche normale Leistungsfähigkeit danach dem Bad zugeschrieben werden könne. Das bedeute aber nicht, dass nicht an einem Tag auch mal 2000 oder 3000 Menschen im Bad und im Wasser sein könnten.

Weitere Nachfragen drehten sich um Temperatur und Kühlung. Hier verwies Bruns darauf, dass Möglichkeiten der Wasserkühlung bestehen. Zum einen durch Verrieselung, zum anderen durch Wasserzufuhr, wobei man dies aber grundsätzlich so sparsam wie möglich halten wolle. Technisch kann aber auch durch den Wärmeverbund mit dem Hallenbad dem Freibad Wärme entzogen werden, was systemisch besonders für die Zeit nach der Saison angedacht ist, solange das Freiwasser noch genügend Energie gespeichert hat, das über Wärmepumpen dem Hallenbad nutzbar gemacht wird. Für Kühlung sorgen kann genauso ein Nachtbetrieb des Absorbers, der bei Sonnenschein für Erwärmung sorgt.

Als die meisten Fragen beantwortet schienen, meldete sich für die SPD deren Fraktionschef Niklas Kielhorn zu Wort. Der Rat leiste gerade so etwas wie es sonst die Ausschussarbeit sei. Es sei für ihn vor dem Hintergrund der Informationen in den letzten Wochen nicht nachvollziehbar, wenn die CDU nun noch von Überraschungen spreche. Zwei Monate Zeit hätten nach dem klaren Stimmungsbild des Rates am 25. Juni für die Ausplanung einer Naturbadvariante bestanden, sich intensiv mit der Sache auseinanderzusetzen. Dazu habe es eine Einwohnerversammlung sowie eine rege öffentliche Diskussion in der Zeitung wie im Internet gegeben.

Ungewöhnliche Umstände veränderten nun mal auch die normalen Abläufe. Für eine weitere Ausschusssitzung bestehe keine Notwendigkeit, inhaltlich habe man sich, auch an diesem Abend, nun eigentlich über alles ausgetauscht.

In Vorschlag stehe kein Badesee, sondern ein Freibad mit Sole und ohne Chlor. Ein solches Bad mache für Bad Gandersheim in vielfacher Weise Sinn. Den Vorschlag betrachte er mit seiner Fraktion als gelungenen Kompromiss, dem die SPD daher auch zustimmen werde, kündigte Kielhorn an.
Dem schloss sich für die beiden Grünen im Rat Heinrich Hohls an, das Naturbad sei für die Fraktion schon aus Energiegesichtspunkten die klare Option.
Anna Feg (SPD) ergänzte, dass der Beschluss von 2018 gefühlt schon damals nicht der Beste, aber eben der gewesen sei, den man zu dem Zeitpunkt habe fassen können. Nun liege ein besserer auf dem Tisch.

In der zuerst folgenden Abstimmung über eine Vertagung unterlag die CDU-Fraktion bei eigenen fünf Ja-Stimmen gegen zwölf Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen.

Der Beschlussvorschlag zur Sanierung des Freibades als Freibad mit biologischer Wasseraufbereitung wurde danach wiederum mit zwölf Stimmen angenommen, es gab vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Die Zustimmung kam aus der kompletten SPD-Fraktion, von den beiden Grünen und CDU-Ratsmitglied Rudolf Hermes, die vier Gegenstimmen aus der CDU-Fraktion. Von einem einseitigen Beschluss kann also nicht einmal die Rede sein.rah