Schulschwänzer oder Klimaschützer?

Gandersheimer Schulen müssen sich mit den „Fridays for future“ auseinandersetzen

Bad Gandersheim. „Oma, was ist ein Eisbär?“ „Wir wollen nicht auf den Mars!“ „We don't have a Planet B“ – Sprüche wie diese zierten die Plakate der Demonstranten, die sich am vorletzten Freitag zur „Fridays-for-future“-Demonstration auf dem Gandersheimer Marktplatz versammelt hatten. Vor allem viele Schüler waren gekommen, um darauf aufmerksam zu machen, welches enorme Problem der Klimawandel darstellt, und eine sinnvollere Energiepolitik einzufordern.

Die Klassenzimmer blieben dadurch zum Teil leer und die Schulen mussten sich die Frage stellen, wie sie mit den Anträgen auf Beurlaubung, die viele Schüler vorlegten, umgehen sollen. Die Jugendlichen beriefen sich hierin zumeist auf ihre Demonstrationsfreiheit, die ihnen durch das Grundgesetz, Artikel 8, zugesichert ist, sowie auf die in der Schulordnung festgehaltene Meinungsfreiheit. Aber rechtfertigt dies wirklich das Fernbleiben vom Unterricht?

Die Niedersächsische Landesschulbehörde sieht dies sehr kritisch und verweist in einem Schreiben, das unter anderem auf der Website des Roswitha-Gymnasiums zu finden ist, darauf, dass eine Beurlaubung auf rechtzeitigen Antrag nur dann vom Schulleiter erteilt werden könne, wenn die Demonstration ein Ziel verfolge, das nach Beendigung des Unterrichts nicht mehr verwirklicht werden könne, was hier jedoch nicht der Fall sei.

Hanna Wöhler, Schülerin einer 9. Klasse des Roswitha-Gymnasiums ist sich in dieser Frage sehr sicher und kommt zu dem Schluss: „Ich finde, die Schulen sollten das Handeln ihrer Schüler unterstützen. Viele nehmen nicht nur an der Demonstration teil, um einen entspannten Vormittag zu haben, sondern ihnen liegt die Sache wirklich am Herzen.“

Dies lassen auch die teilweise sehr aufwendig gestalteten Plakate vermuten, die einige Schüler bei sich trugen. Aufschriften wie „Die Erde ist der einzige Planet, auf dem es Bier gibt“ dagegen sorgten für Kopfschütteln und zeigten, dass nicht jedem der Demonstranten das Anliegen der Veranstaltung deutlich geworden war.

Dies verdeutlichten auch einige der Erklärungen, die Schulleiter Kilian Müller im Vorfeld der Demonstration vorgebracht wurden und in denen sich Schüler beispielsweise darauf beriefen, dass sie so dem unliebsamen Mathematikunterricht entgehen könnten. „Das ist eine denkbar schlechte Begründung“, kritisiert Direktor Müller die Haltung der Jugendlichen und fügt hinzu, dass seiner Erfahrung nach viel zu oft nicht bekannt sei, worum es in den Demonstrationen überhaupt geht und was Klimawandel eigentlich ist.

In diesem Zusammenhang verweist er auf eine seiner Meinung nach sehr sinnvolle Alternative, denn der sechste Jahrgang des Gymnasiums nutzte den Vormittag, um im Gandersheimer Stadtbereich Müll zu sammeln. „Das ist eine Form von Umweltschutz, bei der wirklich etwas angepackt und getan wird, anstatt nur zu reden“, lobte er diese schöne Aktion.

Der Umgang mit Müll war auch bei den Demonstranten ein Thema, wurde hier aber eher zum Problem, wie zum Beispiel die liegengebliebenen Kaffeebecher – natürlich mit Kunststoffdeckeln – direkt nach der Demo zeigten. Dieses Problem wurde durchaus vorausgesehen und von einigen weitsichtigen Schülern im Vorfeld in den Klassen auch thematisiert – leider nicht immer mit Erfolg.

Insgesamt zeigt sich, dass bei der Bewertung der Demonstration ein differenzierter Blick gefragt ist, da es sich bei den Schülern, die daran teilgenommen haben, weder durchweg um notorische Schwänzer handelt noch bei jedem Demonstranten eine intensive Hingabe für den Klimaschutz zu erkennen ist. Positiv ist in jedem Falle, dass durch die Freitagsdemonstrationen eine Auseinandersetzung mit Umweltfragen angebahnt wird. Nun ist es sowohl an der Schule als auch an den Eltern, Wissenslücken in diesem Bereich zu schließen und mit den Jugendlichen gemeinsam zu überlegen, was man konkret für die Umwelt tun kann. Müll zu sammeln, wie es die sechsten Klassen getan haben, ist dabei ein guter Anfang.jag