Stromkästen erzählen Geschichten...

Versorgungskasten an der Stiftsfreiheit mit alten Luftbildern geschmückt

Die Stiftskirchengemeinde gestaltete den Versorgungskasten mit einem Luftbild aus dem Jahre 1938.

Bad Gandersheim. Im vergangenen Jahr konnte Manfred Kielhorn gewonnen werden, seinen Vortrag „Stadtspaziergang von 1938“ im Martin-Luther-Haus nochmals zu halten, nachdem der Vortrag bereits zweimal erfolgreich im Museum gehalten wurde und das Interesse, gerade der älteren Mitbürger, aufgrund des nicht barrierefreien Vortragsraums im städtischen Museum nicht befriedigt werden konnte. Der Erlös dieses Abend stockte der Vorstand der Stiftskirchengemeinde auf, um auf der Stiftsfreiheit, gleich neben dem englischen Telefonhäuschen, zwei Bilder auf einem Versorgungskasten zu gestalten.

Das Luftbild von 1938 zeigt uns einmal mehr eine Ansicht des alten Gandersheim, hier Stiftskirche und Abtei von Süden. Die Stiftskirche oder auch das Münster ( so bezeichnet in verschiedenen Quellen, zum Beispiel Steinacker) wurde 852 von Herzog Luidolf und seiner Frau Oda gegründet, es ist die „Urzelle“ unserer Stadt.

Gandersheim gehörte als Stiftung zu den ersten und bleibenden Schritten des bald mächtigsten Geschlecht, aus dem die sächsischen Kaiser entsprungen sind.
Die ersten Äbtissinnen und Stiftsdamen waren mit diesen Kaisern verwandt oder stammten aus vornehmen und fürstlichen Familien, so Hathumod, erste Äbtissin des Stiftes und Tochter von Luidolf und Oda.

Unmittelbar westlich des Stiftes kreuzten sich zwei schon damals vorhandene, auch heute noch äußerst wichtige Straßen – die Nord-Süd Straße von Hildesheim nach Göttingen und die West-Ost Verbindung von Rhein und Elbe. Die Straße zwischen Kreiensen und Gandersheim war auch damals schon vorhanden. Diese günstige Verkehrslage ist von Anfang an für das Erblühen von Stift und Stadt wichtig gewesen.

1803 wurde das freiweltliche Stift aufgehoben, bestand aber als geistliche Stiftung bis zum Tod der letzten Äbtissin 1810 fort. Es ging dann als „königliche Krondomäne“ in die Verwaltung von Jeromes Königreich Westfalen über und wurde nach dessen Sturz Besitz des Herzogtum Braunschweig.
Der Name Abtei bezeichnet alle zur herzoglichen Domäne gehörigen, um die Stiftskirche gruppierten Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Stiftes insbesondere die Reste der ältesten, den Kreuzgang einst umschließenden Klosterbauten (Steinacker).

Auf einem Lageplan des Stiftes aus dem 19. Jahrhundert ist zwischen der Ostseite der Kirche und dem Süd- und Westflügel der Abtei eine Mauer als gestrichelte Linie eingezeichnet. Bis ins frühe 19. Jahrhundert lag auf der Stiftsfreiheit der Stiftskirchhof, der von einer Mauer eingefasst war. Bis zur Aufhebung 1805 wurden hier die Stiftsangehörigen beigesetzt.

Eine andere Fotografie von 1920 zeigt noch die vollständige Mauer mit eisernem Tor. Die Mauer auf dem Bild vom Stromkasten wurde in den 1970er-Jahren vollständig abgerissen , an dieser Stelle steht heute der Roswitha-Brunnen von 1978. Leider konnte das Jahr des Abrisses der Mauer nicht genau ermittelt werden. Vielleicht kann der Artikel dazu beitragen, den Abriss genauer zu datieren. Hier würden sich die Initiatorinnen Liane Goslar und Liane Schrader über Rückmeldungen sehr freuen.

Der Kur- und Verkehrsverein bedankt sich beim alten und neuen Kirchenvorstand der evangelischen Stiftskirchengemeinde und bei Manfred Kielhorn für die gelungene Zusammenarbeit.red