Über das Schwinden von Hecken, Vögeln und Insekten

Gut besuchte Vorträge in der Weltbühne Heckenbeck / Experten gaben Tipps für den heimischen Garten

Rund 60 Teilnehmer wollten sich in Heckenbeck zum Thema Artenvielfalt informieren.

Heckenbeck. Eine gut besuchte Veranstaltung mit über 60 Teilnehmern zum Thema „Förderung der ökologischen Vielfalt in unserer Region“ fand vor kurzem in der Weltbühne in Heckenbeck statt. Fachleute hielten Kurzreferate zu unterschiedlichen Themen.

Den Anfang machte Hildegunde Steffens vom NABU. Sie wies auf den zunehmenden Insektenschwund hin, leicht nachvollziehbar für jedermann, wenn man beobachtet, wie wenige „Verkehrsopfer“ heute noch an einer Windschutzscheibe im Sommer kleben im Vergleich zu früher. Anhand von Statistiken belegte sie einen drastischen Rückgang fast aller Insektenarten wie Schmetterlingen, Wildbienen und Hummeln. Da diese Insekten einen großen Anteil zu der Bestäubung von Pflanzen beitragen, sieht sie zukünftige Probleme bei der Blütenbestäubung von Nutzpflanzen wie Erdbeeren, Äpfeln, Birnen, Kirschen.

Infolge des Insektenschwundes kommt es ebenfalls zu einem Rückgang fast aller heimischer Vogelarten, die auf Insekten als Nahrungsquelle angewiesen sind, besonders Stare, Lerchen oder Sperlinge. Die Ursachen dieser alarmierenden Entwicklung sind vielfältig: Flächenversiegelung (66 Hektar pro Tag in Deutschland) vom Großraumparkplatz bis zum privaten Ziersteingarten, agrarwirtschaftliche Monokulturen, übermäßiger Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft (48.000 Tonnen jährlich), aber auch im Kleingarten (6.000 Tonnen jährlich), Klimawandel und in deren Folge die Einwanderung von Pflanzen und Tieren, welche heimische Spezies verdrängen.

Lösungsmöglichkeiten und Perspektiven zur Verbesserung lieferte der Garten- und Landschaftsgestalter Alexander Flehming. Er zeigte konkrete Beispiele aus der Praxis, wie öffentliche Plätze und private Gärten gestaltet werden können, um mehr Lebensraum für heimische Artenvielfalt zu schaffen : weniger sterile Rasenflächen, monotone Bodendecker oder pflegeleichte Sträucher wie Forsythien, die keinen Lebensraum für Tiere darstellen. Dafür sollte lieber eine Auswahl heimischer Pflanzen und Sträucher getroffen werden, die Nahrungsquellen für Insekten, Vögel und Kleintiere bieten, wie zum Beispiel Blühpflanzen (Astern, Kornblumen) und Gehölze (Vogelbeere, Holunder). Es können Pflanzen mit verschiedener Wachstumshöhe kombiniert werden , um Tieren neben Nahrung auch Schutz und Unterschlupf zu bieten ( Weißdorn oder Wildrose). Vorteilhaft ist es zu beobachten , welche Pflanzen auf sonnigen, trockenen und welche an schattigen, feuchten Plätzen gedeihen und die Natur dann zu „ imitieren“.

Ganz aktuell wäre es hilfreich und leicht umzusetzen , auf den Rückschnitt verblühter Pflanzen zu verzichten. Zahlreiche Insekten fänden darin ein passendes Winterquartier. Ebenso bieten Anhäufungen von Blättern und Zweigen Unterschlupf für verschiedene Kleintiere im Winter. Auch wenn die Optik vielleicht gewöhnungsbedürftig sei , die lebendige Natur freut sich.

Der Imker Thomas Rueppel beschrieb die zunehmenden Schwierigkeiten seines Berufsstandes, Flächen zu finden, die den Bienen Grundlage für ihre Honigproduktion bieten. Teilweise würden Bienenvölker bereits in Städten platziert werden, weil sie dort ein besseres Nahrungsangebot finden. Besonders leiden die Bienen unter dem ansteigenden Einsatz von immer aggressiveren Pestiziden, welche von den Pflanzen aufgenommen werden und Schäden im Insektenkörper verursachen. Gleichzeitig sind Imker auf die Kooperation mit den Landwirten angewiesen. Er brachte sein Verständnis zum Ausdruck für die ökonomischen Zwänge unter denen die Landwirtschaft steht und wies in diesem Zusammenhang auf eine verfehlte Subventionspolitik der EU hin: je mehr der Landwirt an Feldhecken und -gehölzen stehen lässt und diese an Ausdehnung zunehmen, um so weniger bekommt er an Geldern für seine Nutzflächen. Auch die Vergütung nach Flächengröße der Betriebe anstatt einer auf die individuelle Situation des Einzelbetriebes zugeschnittenen Förderung stelle in großes Problem dar.

Dieser Sachverhalt wurde von Dr. Ulla Becker von der Landwirtschaftskammer Northeim noch weiter ausgeführt. Sie legte dar, mit welchen Schwierigkeiten der konventionelle Landwirt konfrontiert wird, wenn er etwas für die Umwelt tun möchte. Es bestünde die Möglichkeit, im Rahmen des „Greenings“ verschiedene Förderungsprogramme in Anspruch zu nehmen: Biodiversität auf den Feldern, ein- bis mehrjährige Blühstreifen sowie Schutzstreifen für Tiere vom Feldhamster bis zum Rotmilan. Diese sind allerdings mit solch starken Auflagen und Kontrollen verbunden, dass viele Landwirte vor diesem zusätzlichen bürokratischen Aufwand zurückschrecken. Hier besteht noch politischer Handlungsbedarf, um diese gute Intention auch effektiv in die Praxis umzusetzen.

Über die praktische Umsetzung der Anpflanzung von Hecken sprach der Baum- und Gehölzpfleger Kai Bergengrün. Er wies in seinem Vortrag auf die historische Bedeutung der „Knicks“ hin. Diese Gehölze am Wegesrand hätten schon vor langer Zeit eine Schutzfunktion für angrenzende Äcker und Wiesen dargestellt, da sie die Taufeuchtigkeit im Boden halten, einen Schutz gegen Bodenerosion bilden, Lebensraum für natürliche „Schädlingsbekämpfer“ bieten und den Grundwasserspiegel hochhalten. Als konkrete Maßnahme lud er zu einem Gehölzschnittkurs am Sonnabend, 17. November ein (Telefonischer Kontakt: 05563/999981).

Die abschließende Podiumsdiskussion mit den Referenten und dem Kreisnaturschutzbeauftragten Gert Habermann unter der Moderation von Elisabeth Möller fand rege Beteiligung. Herr Habermann betonte, dass es nicht rechtmäßig sei, wenn Feldgehölze am Wegesrand einfach entfernt oder unsachgemäß reduziert werden.

Als Fazit der Diskussion kann gesagt werden: Eine Verbesserung der gravierenden ökologischen Probleme ist nur durch ein Zusammenwirken aller Beteiligten möglich. Die politischen Rahmenbedingungen für das „Greening“ in der konventionellen Landwirtschaft sind verbesserungsbedürftig. Hier leistet die ökologische Biolandwirtschaft bereits mutige Pionierarbeit. Auch in der privaten Kleingärtnerei ist noch großes Potenzial, vielfältige ökologische Nischen zu schaffen.red