Wahlpodium: Wirtschaft, ÖPNV und Aufkleber

Teil 2 der Berichterstattung zum Bürgermeisterkandidaten-Gespräch im Roswitha-Gymnasium

Stellten sich den Schülerfragen: Die drei Bürgermeisterkandidaten (von links) Grit Arndt, Franziska Schwarz und Peik Gottschalk. Ganz rechts Moderator Lennart Jörn.

Rund zwei Stunden dauerte das erste Aufeinandertreffen der bislang drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt. Über die erste Hälfte der Schüler-Podiumsveranstaltung im Forum des Roswitha-Gymnasiums berichteten wir in der gestrigen Ausgabe. Heute folgt die zweite Hälfte inklusive einiger Schülerstimmen.

 

Bad Gandersheim. Eine weitere Frage der Schüler richtete sich auf die wirtschaftliche Stärkung der Stadt. Peik Gottschalk möchte dazu nach eigenen Worten Start ups ermöglichen und Jungunternehmer ansiedeln.

Franziska Schwarz verwies auf den guten Bestand an leistungsfähigen Unternehmen, denen eher geholfen werden müsse, Fachkräfte hierher zu holen und zu halten. Dazu brauche es eine attraktive Infrastruktur.

Grit Arndt verwies auf die Wirtschaftsförderung beim Landkreis. Solange die Stadt selbst solche Strukturen nicht habe oder aufbauen könne, sollte man sich darauf stützen. Auch eine attraktive Stadt müsse mindestens vermarktet werden, um wahrgenommen zu werden.

Peik Gottschalk behauptete, es habe sich offenbar bisher niemand Gedanken gemacht, was passiere, wenn die Paracelsus sich plötzlich aus Bad Gandersheim zurückziehe. Es brauche deshalb als Gegengewicht eine Stärkung der Industrie.

Nachfrage zu Gottschalks Parteimitgliedschaft

Direkt an Gottschalk gerichtet war die Frage, warum er als CDU-Mitglied nicht über die Partei zur Kandidatur aufgestellt worden sei. Die Entscheidung, als unabhängiger Kandidat anzutreten, so Gottschalk, solle deutlich machen, er stehe dann im Rat nicht im Zwang, einer Fraktion zu folgen. Eine weitere Nachfrage richtete sich darauf, zu erfahren, welche Werte er denn als CDU-Mitglied vertrete. Darauf gab Gottschalk allerdings keine direkte Antwort, sondern verwies darauf, es könne nicht sein, dass in einem so reichen Land so viele Menschen auf Tafeln angewiesen seien, daneben sei er gegen Atomkraft.
Die Themen Umwelt- und Klimaschutz waren Inhalt einer weiteren Schülerfrage.

Grit Arndt bekannte, das Thema mache Vielen eher Angst. Es fange aber vor der eigenen Haustür an. Was ihr fehle, seien Transparenz und Information. Die könne in der Stadt auch über das Bürgerbüro geleistet werden, aber nicht nur in Form von Flyern, sondern persönlicher Beratung.

Franziska Schwarz begrüßte die Unterstützung von Bewegungen für Umwelt- und Klimaschutz durch junge Menschen. Bei allen Entscheidungen, auf die die Stadt Einfluss habe, werde das schon heute berücksichtigt. Schwarz nannte die Aktivitäten in der Kläranlage und den Neubau eines Bauhofes als konkrete Beispiele, wo Umwelt- und Klimaschutz direkte Berücksichtigung fänden.

Peik Gottschalk hieß es grundsätzlich gut, wenn junge Menschen sich politisch engagierten. „Fridays for future“-Proteste während der Schulzeit aber gehen seiner Meinung nach gar nicht. In der Sache gelte es, nichts mit Gewalt durchzuboxen, sondern langsam an die Sache heranzugehen und alle mitzunehmen.

Grit Arndt erwiderte, dass es ohne die „Fridays for future“-Bewegung wohl kaum die nun beschlossene Klimaverpflichtung der Bundesregierung gebe. Sie gehe an dieser Stelle sogar noch weiter mit einem mutigen Vorschlag: Bad Gandersheim solle ein „Jugendparlament“ bekommen, mit eigenem Büro und Etat sowie Zugang zu den Ausschüssen, um so Direkteinwirkung auf Kommunalpolitik nehmen zu können.

Zum Protestthema passend wurde an Peik Gottschalk die Frage gestellt, warum er einen „F... you, Greta“-Aufkleber auf seinem Auto habe, wenn er die Protestbewegung doch für gut befinde.

Gottschalk antwortete, weil er Greta Thunberg als „kommerzielle Geldmaschine ihrer Eltern“ sehe. Sie habe zwar etwas bewegt, aber er sei klar kein Fan der Umwelt-Ikone. Der Aufkleber im Übrigen befinde sich nicht mehr am Auto, schloss er die Antwort.

Ein weiterer Themenkomplex war der öffentliche Nahverkehr. Aus Schülerkreisen wurde kritisiert, dass Erwachsene zum Teil nur einen Bus pro Tag aus Ortsteilen der Stadt nutzen können. Das verbunden mit der Frage, wie die Bürgermeisterkandidaten dies ändern würden.

Grit Arndt sah in der Mobilität einen entscheidenden Zukunftsfaktor. Wie der ÖPNV (Öffentliche Personen-Nahverkehr) gestaltet werde, liege aber nicht in kommunaler Hand. Sie plädiere klar für Rufbusmodelle und Mitfahrgelegenheiten, alles ein Thema der Kommunikation.

Franziska Schwarz ist bewusst, dass Busse außerhalb der Schulzeiten sehr schlecht besetzt und damit an sich völlig unrentabel sind. Das Ziel sei klar, der Weg dorthin aber noch offen. Das Eco-Bus-Projekt vor einigen Jahren sei toll, aber eben leider zeitlich eng begrenzt gewesen. Und auch dieses Modell sei personal- und kostenintensiv. Zum Thema Rufbusse wusste Schwarz, dass es dazu vor Jahren bereits eine Umfrage in den Dörfern gegeben hat. Die Resonanz sei schwach gewesen, viele verwiesen damals darauf, persönliche Lösungen zu bevorzugen.

Die Problematik war auch Peik Gottschalk klar. Ungewöhnlich aber sein Lösungsvorschlag, indem er sich vorstellte, Rentner sollten Miniunternehmer werden, um so zum Beispiel die Mobilität in einem Dorf herzustellen.

Ein bis zwei Jahre sind die Schüler der beiden beteiligten Klassen noch in Bad Gandersheim. Verständlich, dass es sie interessierte, woran die Kandidaten kurzfristig arbeiten, wovon vielleicht auch die nächsten beiden Abiturjahrgänge noch etwas hätten.

Peik Gottschalk formulierte – wie in seinem Wahlprogramm –, zuvorderst müsse die LAGA ein Erfolg werden. Dann komme sofort der Hochwasserschutz, die Baulandausweisung und die Start ups.

Grit Arndt setzte drei ganz andere Schwerpunkte: Zum ersten die Einrichtung des Jugendparlamentes, das lasse sich schnell anpacken. Zum zweiten, das Bürgerbüro mit weiteren Inhalten zu füllen, und als drittes Ziel, einen Pandemieschutz aufzubauen. Sie begründete das mit den nun gesammelten Erfahrungen, die uns für einen ähnlichen Fall gewappneter machen sollten.

Für Franziska Schwarz stand die LAGA an erster Stelle. Danach gleich die Jugendpartizipation, die an diesem Sonnabend startet und auch mit einem Etatposten über 40.000 Euro ausgestattet sei, um es nicht nur bei Worten zu belassen. Und als Drittes, die Betreuung der Grundschulkinder sicherzustellen.
Moderator Lennart Jörn hatte an die Kandidaten die Frage, warum in den vergangenen vier Jahren so wenig für die Jugend passiert sei.

Franziska Schwarz erwiderte, der Antrag zur jetzt startenden Jugendpartizipation sei vor bereits vier Jahren gestellt worden. Es habe mehrere Gründe gegeben, warum er so lange zur Umsetzung gebraucht habe. Corona sei nur einer davon, habe aber auch wieder fast ein Jahr gekostet.

An dieser Stelle wandte sich Peik Gottschalk an Schwarz und warf ihr vor, sich nicht vehement gegen den Abzug der Förderschule gestemmt zu haben. Schwarz entgegnete, dass dies zum einen nicht in der Entscheidungshoheit der Stadt, sondern beim Landkreis gelegen habe, und zum anderen die Eltern vorher bereits mit den Füßen über die Zukunft der Schule abgestimmt hätten, weil sie ihre Kinder nicht mehr in Bad Gandersheim angemeldet hatten. Sich dann gegen etwas, das ökonomisch unhaltbar sei, zu stemmen, mache keinen Sinn.

Aus dem Schülerkreis kam wiederum die Frage, wie es zusammenpasse, dass für die LAGA Millionen aufgewendet würden, während Triviales, wie Mülleimerentleerungen oder Erhalt von Sitzbänken nicht klappten.

Grit Arndt gestand zu, dass in der Stadt sicher deutlich mehr passieren müsste, es stehe dahinter aber auch ein grundlegendes Problem.

Franziska Schwarz vertrat die Auffassung, besser als Müllentsorgung sei Müllvermeidung. Die Probleme mit den Müllbehältern seien aber bekannt, vor allem, wenn es sich noch um die alten, oben offenen handele. Wenn es Schäden an Bänken gebe – und diese dem Bauhof bekannt seien – würden sie auch schnellstmöglich behoben. Andererseits schwimme die Stadt auch nicht gerade im Geld, um sich eventuell mehr Luxus zu leisten.

Die Schlussfrage schließlich bezog sich nochmals auf die LAGA und die Sorge, ob das alles ab 2023 durch die Stadt noch zu pflegen sei.

Die Frage konnten ebenfalls nur noch Grit Arndt und Franziska Schwarz beantworten, da Peik Gottschalk die Veranstaltung schon hatte verlassen müssen. Sein Arbeitgeber habe ihm nur bis kurz vor Mittag dafür freigegeben, begründete der Kandidat Arbeitszwänge in seinem Wahlkampf.

Arndt wie Schwarz sind bekanntlich eng mit der LAGA verbunden. Entsprechend wiesen beide gleichlautend darauf hin, die LAGA sei schon vom Grundansatz so geplant, dass nachher nicht mehr zu pflegen sei als vorher. Insofern sollte es auch mit dem Personalkegel möglich sein, den die Stadt heute hat.

Beide noch verbliebenen Kandidatinnen boten nach dem Dank durch Moderator Lennart Jörn an, für eventuelle Gespräche noch zur Verfügung zu stehen, im Falle von Grit Arndt wurde davon auch intensiver Gebrauch gemacht.

Schülermeinungen

Seinen Eindruck fasste gegenüber dem GK Schüler Nick (17) so zusammen: Es sei eine interessante Veranstaltung gewesen, auch wenn die Konzentration nach der zu langen Vorstellungsrunde zunächst etwas gelitten habe. Die Antworten hätten ihm durchaus geholfen, Präferenzen unter den Kandidaten zu sortieren.

Für ihn habe Grit Arndt den interessantesten Eindruck hinterlassen, auch Franziska Schwarz sei sehr professionell rübergekommen. Zum Kandidaten Peik Gottschalk könne er noch keine Einschätzung geben, dazu habe es von ihm zu wenig Konkretes gegeben.

Dominik Fitzke konnte aus der Veranstaltung ebenfalls schon ein Bild für sich formen, befand die Zeit sogar zu knapp, um in einigen Dingen noch stärker ins Detail zu gehen. Ellie Ebeling befand das Podium auch für informativ, wollte die zwei Stunden aber erst noch sacken lassen, bevor sie Präferenzen benennen könnte.rah