Warum das Luxhohl nichts mit Luchsen zu tun hat und es Clauensen tatsächlich gab

Heimatforscher Klaus Gehmlich hat mit den Flurbezeichnungen Bad Gandersheims neue Broschüre vorgestellt

Klaus Gehmlich stellte beim GK-Gespräch sein jüngstes Werk vor, in dem Flur-, Gewässer-, Ort- und Straßennamen in Bad Gandersheim aufgeführt sind und erklärt werden.

Bad Gandersheim. Für die meisten Menschen sind sie einfach da, ohne dass man sich weitere Gedanken darüber machen würde, was sie bedeuten oder wie sie vielleicht entstanden sein könnte. Man wohnt eben in der Straße Am Kamp oder auf dem Lahberg. Doch die hinter solchen Straßennamen und vor allem Flurbezeichnungen stehende Geschichte hat einen Sinn. Die Namen sind ja nicht aus dem Nichts erfunden worden, sondern geben dem, der sie versteht, beredte Auskunft.

Ein solcher ist Klaus Gehmlich. Der frühere Lehrer in Harriehausen hat die Flurnamen zu seinem Hobby gemacht. Mehr noch, zu einer Passion, der er sehr systematisch und mit dem Ziele nachgeht, seine Erkenntnisse in Broschüren niederzuschreiben, mit denen auch der Nachwelt noch erklärlich sein sollte, wie es zu manch kuriosen Bezeichnungen kam.

Seit rund vier Jahrzehnten bereits beschäftigt sich Gehmlich, der sich über das Hobby in Heimatforscherkreisen auch bereits einen Namen erworben hat, mit den Flurnamen und allerlei Bezeichnungen. Spaß an der Sprache habe ihn dereinst dazu bewogen, den Ursprüngen dieser Bezeichnungen näher auf den Grund zu gehen. Und nicht zuletzt habe ihn während seiner Lehrerzeit auch der Nestor der Regionalhistorie, Wilhelm Lange, entscheidend mit beeinflusst.
Besonders hilfreich war für Gehmlich, das auch in den Vorgenerationen immer wieder Menschen sich mit diesem Thema befasst und Grundlagen für Erklärungen gelegt haben. Besonders in den Anfangsjahren habe er sich sehr auf diese Fachleute stützen können, wobei sein eigener Wissensstamm immer weiter wuchs.

Irgendwann kam dann auch der Wunsch dazu, das alles schriftlich niederzulegen und der Nachwelt an die Hand zu geben. Im alten Landkreis Osterode begann Gehmlich dieses Vorhaben am Südharz und arbeitete sich kontinuierlich von Gemeinde zu Gemeinde nach Westen voran. Vor gut einem Jahr war dann das Gebiet der Stadt Bad Gandersheim erreicht.

Jetzt liegen die Ergebnisse vor. In einer über 200 Seiten starken DIN-A4-Broschüre sind alle Flur-, Gewässer-, Orts- und Straßennamen des Stadtgebietes aufgenommen und erklärt.

So mancher mag sich auch dem Unerfahrenen noch erschließen, wie zum Beispiel bei der Bleichewiese in der Kernstadt. Solche Plätze wurden tatsächlich dereinst an Flussufern zum Waschen und Bleichen der Wäsche genutzt. Schwieriger wird’s schon gleich nebenan mit der Alten Gasse. Wer da glaubt, das Wort „alt“ wörtlich nehmen zu können, sitzt einem Irrtum auf. Den Ursprung nahm die heute Benennung im Wort „hole“, aus dem dann ole und später alte wurde.

In Ackenhausen trifft man auf den Bestenheverkamp. Laut Gehmlich stecken darin „die Beste“ als holsteinisch für Fluss, hever für den Heber als Erhebung und der in vielen Orten vorkommende Kamp als Begriff für ein umhegtes Arreal. Zusammen ergibt dies die Bezeichnung eines Flurstückes als „umhegtes Arreal auf einer Anhöhe an einem Sumpfgebiet“. Um das zu verstehen, hätte man schon mindestens einen der Vorfahren aus dem 18. oder spätestens 19. Jahrhundert fragen müssen, die das vielleicht noch direkt so erklären konnten.

Wie tief die Wurzeln eines Flurnamens reichen, weist Gehmlich mit der Bezeichnung „Am Habensütter“ aus Harriehausen nach. Hier ist nachweisbar, dass dieses Flurstück 1729 noch als Hamensutter bezeichnet wird. Ham steht dabei für ein Stück eingefriedetes Land, oder kommt von hamer, was nasses Gelände bezeichnet. Aus den beiden Möglichkeiten „eingefriedeter Sumpf“ oder „nasser Sumpf“ erscheint erste Variante wahrscheinlicher, weil das zweite eine sogenannte Tautologie wäre, denn schließlich sind Sümpfe ja an sich eben etwas nasses.

An diesem Beispiel wird zugleich deutlich, dass es zahlreiche Fälle gibt, in denen keine eindeutige Antwort gegeben werden kann, was die einstigen Benenner damit tatsächlich im Sinne hatten.

Manchmal weisen die Flurnamen auch auf längst Versunkenes hin. So wie beim Klauensen in Wolperode. Hier heißt es, dass es ungefähr einen Kilometer nordwestlich von Wolperode eine alte Wüstung gegeben haben soll, deren Ortsname von Clauensen im 15. Jahrhundert zu Clawersen im 16. Jahrhundert mutierte.

Kaum noch verständlich sind aber Bezeichnungen wie Im Luxhohle, den es oberhalb Seboldshausens gibt. Darin verbirgt sich das Wort „luze“, das für Versteck steht. Die Luxhohle entsprachen damit Diebesstiegen oder Schleichwegen, mit denen die an den Hauptverbindungen aufgestellten Zollstellen umgangen wurden, was im vorliegenden Fall überaus wahrscheinlich gewesen sein kann.

Dass die 220 Seiten für Bad Gandersheim in rund einem Jahr zu schaffen waren, ist auch dem Umstand zu verdanken, so Gehmlich, dass viele Flurbezeichnungen vielerorts in der Region verwendet werden. Was er sich also andernorts bereits erarbeitet hatte, bedurfte hier nicht noch einer Erklärungssuche. Nur wenige Namen haben lokalen Ursprung, da war dann manchmal Detektivarbeit gefragt, wobei Gehmlichs Geschick, immer wieder passende Quellen aufzutun, besonders hilfreich war.

Nebenbei arbeitet er auch an anderen Publikationen. So ist im vergangenen Jahr eine Broschüre entstanden, die sich mit den Dorfplätzen in Süd-Niedersachsen befasst: „Es muss nicht immer ‘Tie’ sein“ lautet ihr Untertitel.

Gehmlichs Publikationen erscheinen mit Hilfe des Papierflieger-Verlags in Clausthal-Zellerfeld. Für den Vertrieb und Verkauf sorgt er selbst über Partner. Einen solchen hat er in Bad Gandersheim in der Buchhandlung Pieper in der Alten Gasse gefunden, wo die Broschüren nun auch zu bekommen sind.rah