Wildgehege soll Wolfszaun bekommen

Förderung der Großinvestition aber mehr als schwierig / Betreiber beklagen zähes Investitionsklima

Jan und Christiane Teerling kontrollieren mit Chester den Wildzaun des Bergkurparks: Rund vier Kilometer Zaun rund um das Gehege müssten angesichts veränderter Bedrohungen erneuert werden.

Bad Gandersheim. „Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“ Was seit fast 100 Jahren nur noch als Kinderspiel und Erinnerung an Zeiten, als der Wolf zur normalen Wildnis unserer Umgebung dazugehörte, diente, bekommt in unseren Tagen 2019 eine ganz neue Bedeutung. Sie wächst rasant, die Angst vor dem Wolf. Der gar nicht mal so böse sein muss, sondern nur tut, was ein wildes Tier zum Überleben nun mal tun muss. Und es sind auch nicht vordergründig Menschen, die beim Spaziergang im Wald vor dem neuen Wolfsvorkommen in unserem Land Angst haben, sondern vornehmlich Tierhalter, die sich mit einer ganz neuen Gefahr auseinandersetzen müssen. Wie das unlängst vorgefallene Riss-Ereignis mit Schafen bei Oldenrode deutlich macht.

Potenzielles Opfer von Wölfen könnte aber schnell Wild werden, das in Gehegen in der Region gehalten wird. So auch in Bad Gandersheim im einstigen Bergkurpark an der Clusbergnordseite, wo die Familie Teerling seit einigen Jahren Wild hält, seit einiger Zeit sind auch Auerochsen (Heckrindern) mit im Gehege.

Das selbst war nie für eine besondere Gefährdung von außen abgeschottet. Der von den vorherigen Betreibern errichtete Schutzzaun dient vor allem dem Zweck, die Tiere im Gehege zu halten und an Gefahren von außen das ungewollte Eindringen von Menschen oder Hunden zu verhindern. Nun sind neue Bedrohungen abzuwehren: Neben dem Wolf etwas länger schon durch Luchse, auch wenn diese aufgrund der stadtnahen Lage des Wildgeheges eher weniger geneigt sein dürften, sich hierher zu verirren, so scheu, wie diese Tiere sind.

Auszuschließen ist das aber ebenso wenig wie mit Wölfen. Immerhin grenzt das Gehege mit dem Clusberg an ein größeres Waldgebiet, über das die Tiere durchaus zuwandern und in das Gehege eindringen könnten. Bislang hat es noch keinen solchen Vorfall gegeben, berichten Christiane und Jan Teerling, Betreiber des Geheges vom Mühlengut Voldagsen dem GK.

Sie wollen es nach Möglichkeit auch gar nicht erst dazu kommen lassen, egal ob das Land die Anwesenheit von Wölfen in Südniedersachsen bestätige oder noch bezweifele. Der Wolf werde sich weiter ausbreiten, solange keine anderen Regelungen getroffen würden, davon müssten Tierhalter ausgehen.

Nun ist es für einen wirksamen Wolfsschutz nicht einfach mit einem neuen Zaun getan – der alte hätte ohnehin eine Überarbeitung an vielen Stellen nötig. 

Der bisherige Zaun ist allerdings nur zwei Meter hoch. Um Wölfe sicher abzuhalten, müssten es drei Meter sein. Zudem muss gegen den Wolf auch ein Untergraben verhindert werden. Dazu muss der Zaun auch noch mindestens 30 Zentimeter tief in die Erde reichen. Gegen Luchse wäre das nicht nötig, die graben nicht, springen nur über die Zäune.

Die Mühlengut-Besitzer wären durchaus willens, einen wolfssicheren Zaun zu installieren. Aber gleich nach dieser Bereitschaft fangen die Probleme an: Die Umzäunung des Geheges ist rund vier Kilometer lang. Eine Rolle geeigneten Zaunes ist rund 100 Meter lang und kostet rund 400 Euro. Etwa 40 Rollen wären mindestens nötig. Dann folgt der Einbau, der neue Pfosten, eine Maschine zum Ausheben des Grabens zur Versenkung des Zaunes in den Boden und eine enorme Menge an Arbeit mit sich bringt. In der Summe, so die Teerlings, sei man da schnell bei 100.000 Euro Gesamtinvestition.

Eine stolze Summe, und es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Gehege-Betreiber angesichts der von außen bewirkten Notwendigkeit um Unterstützung zum Beispiel bei Stadt und Land nachgefragt haben, um diese große Investition stemmen zu können. Das Ergebnis, sagen die beiden bei einem Treffen im Gehege dem GK, sei ziemlich ernüchternd gewesen.

Das Land habe ernsthaft eine Aufstockung des Alt-Zaunes favorisiert, weil für „Neubaumaßnahmen“, als welche eine Runderneuerung gesehen werde, keine Förderungen vorgesehen seien. Auch seitens der Stadt, von der weniger eine finanzielle Hilfe erhofft worden war, gab es leider keine entscheidenden Zusagen.

Im Rathaus hatten Teerlings versucht, eine langfristige Pachtbarkeit, noch besser einen Kauf des Geheges ins Gespräch zu bringen, um dadurch eine sichere Basis für ein großes Invest sowie weitere Vorhaben, wie den Bau der Lodge oberhalb des Wildparks, zu bekommen. Doch zu ihrer Enttäuschung sei die Bereitschaft dazu wenig ausgeprägt gewesen. Es fehle bislang an dem Verständnis für die Problematik und den Gesamtzusammenhang.

Und so driften die Dinge im Jahre 2019, in dem sich die Teerlings an sich mit Elan darauf stürzen wollten, die Gedanken voranzutreiben, wie man das Wildgehege und drumherum als Beitrag gut in die Landesgartenschau integrieren könnte, eher dahin, abzuwarten, ob nicht eher eine Entscheidung daraus wird, Bad Gandersheim zu verlassen.

2018 sei ein schweres Jahr für sie gewesen, erläutert das Ehepaar, das den Wildpark vor ein paar Jahren übernommen hatte. Die lange Trockenheit hatte die Pflege und Aufzucht der Tiere im Bergkurpark sehr erschwert. Zudem gebe es Vorkommnisse deutlicher Anfeindungen, die das zusätzlich unerfreulich machten. Wenn nun auch noch die Investitionsbereitschaft – die Möglichkeit, eine Lodge am oberen Rand des Geheges zu bauen, ist prinzipiell vom Landkreis genehmigt worden – durch Rahmenbedingungen begleitet werde, die dem Investor keine echten Sicherheiten böten, dann werde am Ende nur eine Entscheidung für einen anderen Standort stehen können, sagt Christiane Teerling.

Noch hoffen die Teerlings allerdings, dass es vielleicht doch möglich ist, in diesen Fragen sowohl mit der Verwaltung als auch endlich mit den politisch Handelnden bald einmal in konstruktive Gespräche eintreten zu können. Die Zeit läuft: Sowohl im Hinblick auf die Umsetzung möglicher Vorhaben bis zur LGS 2022 – oder gegen den Standort, wenn das Mühlengut Voldagsen das Gehege Bad Gandersheim nach Ende des Pachtvertrages in einigen Jahren aufgibt.

Nachtrag: Am Donnerstag konnte Familie Teerling dem GK mitteilen, dass vom Land nun doch ein Zuwendungsbescheid für die geplante Maßnahme gemäß der Richtlinie Wolf erteilt worden ist. Eine erste Hürde ist genommen.rah