Allein 280 Teilnehmer bei der Kundgebung

Zweiter ganztägiger Streiktag bei Asklepios / Solidaritätsbekundungen / Heute Treffen mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Vom Café „Sieben Türme“ ging die Kundgebung bis zum Rathaus.

Seesen. Die Welle wird immer größer, in der Seesener Innenstadt zeigte sich, dass die Beschäftigten der Asklepios Kliniken Schildautal Seesen nicht alleine für ihren Tarifvertrag kämpfen. Zahlreiche Indizien dafür gab es am Donnerstag beim zweiten ganztätigen Streiktag in der Geschichte der Kliniken.
Wie sehr das Thema bewegt, zeigt beispielsweise das Ehepaar Maibaum aus Seesen. Beide feierten am Donnerstag ihre goldene Hochzeit und schauten bei der Kundgebung vorbei. Mehr noch, im Café „Sieben Türme“ suchten sie das Gespräch mit den Beschäftigten.

Laut ver.di-Sprecher Jens Havemann drehten sie weiter an der Stellschraube und verschärften die Maßnahmen. Gut 220 Beschäftigte legten ihre Arbeit nieder. Erhebliche Einschränkungen gab es laut Havemann im Bereich der therapeutischen Behandlung, wie Physio- und Ergotherapie oder Logopädie. In den Operationssälen fanden aufgrund der Arbeitsniederlegung keine geplanten Eingriffe statt, hier wurde lediglich für den Notfall ein Bereitschaftsdienst vorgehalten. Es wurde ein Notdienst wie an einem Sonntag gefahren. Gut 280 Teilnehmer versammelten sich am Seesener Rathaus zur Kundgebung – neben den Asklepios-Beschäftigten auch Seesener, weitere Gewerkschaftler, Unterstützer und Gäste, darunter die Bundestagsabgeordnete Jutta Krellmann (Linke). Sie versprach, die Sache mit nach Berlin zu nehmen und damit ein Stück weit bundespolitisch aufmerksam zu machen.

Unterstützung gab es auch seitens der beiden Seesener Verpackungshersteller Crown – nach Asklepios der zweitgößte Arbeitsgeber der Stadt und erneut wieder mit dabei – und zudem von Ardagh. Mirko Richter von der IG Metall Süd-Niedersachsen-Harz hatte zusammen mit Marcus Golis, 2. Vorsitzer des Crown-Betriebsrates, versucht, wieder Beschäftigte für die Solidaritätsbekundung zu gewinnen. Mit Erfolg. 35 Crown-Mitarbeiter und 15 Mitarbeiter von Ardagh mit dem 1. Betriebsratsvorsitzenden Thorsten Tomczak absolvierten eine Art Sternmarsch vom jeweiligen Werk, sie sammelten sich an der Ecke Am Graben/Braunschweiger Straße und machten auf dem Weg bis zur Jacobsonstraße ordentlich Lärm. „Mit unserer Anwesenheit hier möchten wir euch unterstützen und uns für eure Arbeit im Seesener Klinikum bedanken“, betonte Marcus Golis, 2. Betriebsrat bei Crown, und fügte an: „In erster Linie muss in einem Klinikum geheilt werden. Das Ziel darf nicht Profitmaximierung sein.“

Nach Seesen war neben Vertretern von Asklepios Göttingen auch Katharina Ries-Heidtke, 1. Vorsitzende des Asklepios-Gesamtbetriebsrates, gekommen. „Jetzt, zu diesem Zeitpunkt finden eine Menge Solidaritätsaktionen für euch in vielen Asklepios Kliniken statt und auch in Hamburg werden unsere Gremien, der Gesamt- und der Konzernbetriebsrat gemeinsam eine sehr aktive Mittagspause gestalten“, sagte sie. Zugleich habe sie die Hoffnung, dass von Seesen ein Flächenbrand ausgeht, der am Ende den gesamten Konzern erfasst. „Das eh schon rare und an der Zahl knappe Pflegepersonal stimmt mit den Füßen ab! Entweder sie gehen, oder sie kommen gar nicht erst“, betonte Katharina Ries-Heidtke. Sie bezeichnete den Konzern mit seiner Ablehnung des Tarifvertrages für die Beschäftigten als „von gestern, unmodern, würdelos und wettbewerbsfeindlich“. Unter dem tosenden Beifall der Teilnehmer rief sie: „Einfach bewundernswert, was Ihr hier auf die Beine stellt. Von Seesen geht ein Ruck aus, der den ganzen Konzern in Wallung bringt.“

Die Geschäftsführung sieht ver.di nicht als Verhandlungspartner an, sondern allein den Betriebsrat. „Wir würden uns freuen, wenn der Betriebsrat mit uns gemeinsam konstruktiv und vertrauensvoll die für unsere Mitarbeiter vereinbarte und bestehende Arbeits- und Sozialordnung (ASO) weiterentwickeln würde, denn die regelt deren Belange am besten“, äußerte sich Kliniksprecher Ralf Nehmzow im Vorfeld des zweiten Streiks.

Hör- und sichtbar machten am Donnerstag die Beschäftigten auch an der Krankenhauseinfahrt auf sich aufmerksam. Hier schaute unter anderem die Landtagsabgeordente Petra Emmerich-Kopatsch (SPD) vorbei. Fakt ist, auch am Tag danach geht der Kampf für die Betriebsleitung weiter. Bekanntgegeben wurde auf der Kundgebung, dass am heutigen Freitagnachmittig um 16.30 in der Schlossstraße in Braunschweig die Streikleitung aus Seesen mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zusammentrifft. Auch Heil hat Unterstützung für die Streikenden signalisiert.syg