Anwohner der Gartenstraße erfahren nur durch Zufall vom Baustart

Dahinter steht die Absenkung des Bordsteins / Das Projekt verwundert so manchen

Am Freitag wurden Baken und Absperrgitter in der Gartenstraße aufgestellt. Dabei beginnen die Arbeiten laut Stadtsprecherin erst am kommenden Montag.

Seesen. Große Verwunderung am Freitag in der Seesener Gartenstraße: Arbeiter stellen auf dem Grünstreifen Warnbaken auf. Auf Höhe der Hausnummer 29 darüber hinaus Absperrgitter auf dem Privatgrundstück. Umso erstaunter sind jene Anwohner, die nachfragen und wissen wollen, was geplant ist. Am kommenden Montag will die Stadt Seesen ihre vorgesehene Baumaßnahme in der Gartenstraße realisieren. Was die Anwohner auf die sprichwörtliche Palme bringt: Vorabinformation gleich Null.

Geplant ist, den Bordstein abzusenken und dadurch an einigen Stellen Parken auf dem Gehweg zu ermöglichen. Die Maßnahme kostet rund 10.000 Euro. Der „Beobachter“ hat bei Stadtsprecherin Beatrice-Arianer Dwina nachgefragt, warum es keine Vorab-Information wenigstens für die Anwohner gibt. „Wie vermutet, wird hier die Maßnahme des aufgesetzten Parkens umgesetzt – dies ist keine große Baumaßnahme, sondern eine ‘Kleinmaßnahme‘, die innerhalb einer Woche schon wieder erledigt ist“, so Beatrice-Arianer Dwina. Darüber hinaus verweist sie auf den Umstand, dass „über solch kleine Maßnahmen keine gesonderte Einwohnerinformation versandt wird, weder in Seesen noch in anderen Städten“.

Über die avisierte Maßnahme hatte die Stadtverwaltung bereits im April informiert. Darin hieß es, dass sich die Mitglieder des Verwaltungsausschusses dafür ausgesprochen hatten, ein sogenanntes aufgesetztes Parken zu ermöglichen und so den Verkehrsfluss in der viel befahrenen Straße zu verbessern. Auf Höhe der Hausnummern 29, 17 und 19 sollen Autofahrer künftig die Möglichkeit haben, zum Teil auf dem Gehweg ihr Fahrzeug abzustellen. Der Bordstein wird an diesen Stellen abgesenkt und die vorhandenen Nebenanlagen baulich umgestaltet. „Natürlich ist auch weiterhin gewährleistet, dass Fußgänger den Gehweg ohne Einschränkungen nutzen können“, erklärte Uwe Zimmermann, Leiter des Fachbereichs Ordnung, dazu. Aufgrund der Breite des Fußgängerweges sei das Vorhaben problemlos umsetzbar.

Seit Jahrzehnten beschäftigt die Situation in der Seesener Gartenstraße die politischen Verantwortlichen samt Gremien. Auch Einbahnstraßenregelung und Fahrradführung loteten sie beispielsweise schon aus. Ergebnislos. Fakt ist, über die Realisierung der aktuellen Maßnahme haben nur der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss sowie final der Verwaltungsausschuss nicht-öffentlich beraten. Der Stadtrat hatte die Sache in den Bauausschuss gegeben. Laut Hauptsatzung der Stadt Seesen ist der Rat zuständig, bei „Rechtsgeschäften, deren Vermögenswert die Höhe von 150.000 Euro übersteigt. Und für Verträge, deren Vermögenswert die Höhe von 2.500 Euro übersteigt, soweit diese nicht aufgrund einer förmlichen Ausschreibung abgeschlossen werden.“

Der Verkehrsausschuss wurde dagegen nicht beteiligt. Ein Umstand, der erneut Wilhelm Schöbel, Geschäftsführer der Verkehrswacht Seesen-Langelsheim-Lutter, sauer aufstößt. „Der wurde einmal mehr hier nicht einbezogen, dabei fungieren wir und die Polizei als beratende Mitglieder. Dabei wird ja quasi in den Verkehr eingegriffen“, unterstreicht er. Nach Schöbels Meinung sind einfach zu viele Fragen nicht geklärt: Darunter, warum diese Stellen laut dem Geschäftsführer vor den Gewerbebetrieben ausgesucht wurden und beispielsweise nicht die Einmündung zur Wallstraße präferiert wurde. Was ist mit dem Fahrradverkehr? Was passiert bei der Anlieferung, wo wird da geparkt?

Einige Fragen bezüglich der Gartenstraße hat auch Patrick Kriener, Vorsitzender der Verkehrswacht Seesen-Langelsheim-Lutter, der Verwaltung gestellt. Darin heißt es: „Ferner gebe ich zu bedenken, dass der Ordnungsamtsleiter nach diversen Geschwindigkeitsmessungen in der Vergangenheit immer von einer Durchflusserhöhung in diesem Bereich abgeraten haben. Auch war dies stets einhellige Meinung der Polizei und der Verkehrswacht“, so Kriener.

Ordnungsamtsleiter Uwe Zimmermann verwies in seiner Antwort, die dem „Beobachter vorliegt, unter anderem darauf, dass er im Verwaltungsausschuss hingewiesen habe, dass es sich bei den beiden geplanten „Bordabsenkungen" um einen Versuch handelt. Nach Evaluation der Maßnahme würde vor weiteren Maßnahmen selbstverständlich der Verkehrsausschuss beteiligt.

Klar ist, ab dem kommenden Montag gibt es in Seesen eine weitere Einschränkung. Die Lautenthaler Straße (Höhe „Beobachter“) ist dicht, zudem laufen die Arbeiten an der Sanierung der Ampelanlagen in der Bismarckstraße. Nun kommt noch die Gartenstraße hinzu. Letztere wird nicht voll gesperrt sein, sondern die Autofahrer werden an der Baustelle vorbeigeführt. Im Zuge dessen schütteln einige Anwohner der Gartenstraße den Kopf. Denn in dieser Woche wurde erst frischer Rollsplitt vom Baubetriebshof aufgebracht, um Risse im Asphalt zu schließen. Und jetzt werden Bauarbeiten durchgeführt.

Übrigens ist Wilhelm Schöbels Kritik nicht neu. Bereits im April 2019 schrieb er einen Leserbrief unter der Überschrift „Konstruktive Kritik in Verkehrsangelegenheiten offenbar nicht erwünscht“. Dort nannte er auch Projekte.  „Die Wiedereröffnung des Parkhauses, Parkscheiben in der Rosenstraße oder Gebühren am Parkplatz Bahnhof fallen mir in diesem Zusammenhang spontan ein. Hinzu kommt die holprige Informationspraxis zur Umgestaltung der Bushaltestelle in Bilderlahe an den dortigen Ortsrat mit gänzlichem Stillschweigen gegenüber dem Verkehrsausschuss“

In Bilderlahe gibt es laut Schöbel auch noch eine nicht zufriedenstellende Angelegenheit, nämlich die Ortsdurchfahrt mit ihren Einschränkungen, die den Verkehr ein Stück weit ausbremsen sollen. „Es ist wie immer, nur fahren alle noch mehr in der Mitte“, schilderten einige Bilderläher gegenüber unserer Zeitung.syg