Asklepios-Führung bezieht Position

Offener Brief an Bürgermeister Homann und Landrat Thomas Brych: Kritik an Politik-Verhalten geäußert

Seesen. In einem offenen Brief, der dem „Beobachter“ vorliegt, hat sich die Geschäftsführung von Asklepios Seesen am Dienstag dieser Woche zu Wort gemeldet. Adressaten des Briefes sind Seesens Bürgermeiser Erik Homann und Landrat Thomas Brych. Geschäftsführerin Adelheid May und Sebastian von der Haar kritisieren dabei die vom Rat der Stadt Seesen und vom Kreistag des Landkreises Goslar verabschiedeten Resolutionen, in denen Asklepios aufgefordert wird, mit ver.di als Gewerkschaft Gespräche aufzunehmen.

„Dies entspricht nicht unseren Erwartungen an das demokratische Grundverständnis!“

„Dass Politiker, hier vor allem demokratisch gewählte Volksvertretungen wie der Kreistag in Goslar oder der Stadtrat in Seesen, uns nun mittelbar in einer Resolution auffordern, mit ver.di zu verhandeln, ist für sich allein genommen schon ein befremdliches Vorgehen. Dass Politiker derart in die Koalitionsfreiheit eingreifen wollen und auf diese Art einseitigen öffentlichen Druck auf einen Arbeitgeber dieser Region ausüben ist überdies ein einmaliger Vorgang“, heißt es in dem Brief.

Es sei für die Geschäftsführung weiterhin für nicht nachvollziehbar, dass ver.di in den Sitzungen aktiv angehört wird, die Klinkfühung jedoch nicht einmal darüber offiziell informiert, geschweige denn eingeladen wurden.

„Nur über direkte Ansprache an einzelne Politiker, die sich hierfür noch Kritik in ihren Parteien einhandeln, wurde uns Gehör ermöglicht. Dies entspricht nicht unseren Erwartungen an das demokratische Grundverständnis! Dieses verlangt, dass man bei zwei Interessenslagen auch beide Seiten anhört, um sich anschließend kritisch eine eigene Meinung zu bilden“, heißt es weiter. „Wir dürfen daran erinnern und erneut betonen: In unserer Demokratie besteht Koalitionsfreiheit, ein in unserem Grundgesetz garantiertes Recht mit Verfassungsrang. Wir sehen den Betriebsrat als unseren Verhandlungspartner auf diesem verfassungskonformen Weg an. Mit dem Betriebsrat verhandeln wir seit Jahren und entwickeln unsere bestehende Arbeits- und Sozialordnung (hiernach: ASO) durch eine Vielzahl von Betriebsvereinbarungen weiter“

Das Signal von ver.di, trotz der Einigungsversuche weiter zu streiken, verstehe man seitens der Geschäftsführung nicht und empfindet dies in Anbetracht des Zeitablaufes als unverhältnismäßig.

Die Gespräche zur Verhandlung der Arbeits- und Sozialordnung laufen laut Klinikführung bereits seit dem vergangenen Jahr. Doch leider habe der Betriebsrat diese Gespräche immer wieder verzögert und zuletzt klar zum Ausdruck gebracht, dass keine Einigung gewollt ist.

Weiter steht in dem Brief geschrieben: „Schon im Oktober 2018 haben sich Betriebsrat und Geschäftsführung in Seesen gemeinsam Gedanken gemacht, in welchen Konstellationen Mitarbeiter/-innen gegenüber dem von ver.di angestrebten Tarifvertrag mit der Arbeits- und Sozialordnung eventuell schlechter gestellt werden. Im weiteren Verlauf der Gespräche hat die Geschäftsführung daraufhin ein Angebot für eine marktgerechte und branchenübliche Vergütung gemacht“.

Die Gespräche würden sich insofern kompliziert gestalten, als der Tarifvertrag und die Arbeits- und Sozialordnung grundsätzlich unterschiedlich und schwer vergleichbar seien. So kenne der Tarifvertrag das Grundgehalt. Die ASO hingegen habe neben dem Grundgehalt verschiedenste Zulagen, die mit dem Betriebsrat vereinbart und im TVöD nicht vorhanden sind. Ein Vergleich nur der Tabellen hinke also gewaltig.

Aus diesem Grund hätten sich Betriebsrat und Geschäftsführung Anfang diesen Jahres gemeinsam dahingehend geeinigt, die Tabellenstruktur der ASO an die Struktur des TVöD anzupassen. Auch hier habe die Geschäftsführung ein Angebot vorgelegt. Anschließend hat der Betriebsrat im Juni 2019 klar artikuliert, dass er nicht einigungswillig ist.

Das Betriebsverfassungsgesetz, das für Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung den Rahmen vorgibt, regelt in diesem Fall die Anrufung einer Einigungsstelle unter dem Vorsitz eines unabhängigen Richters. „In dieser Phase befinden wir uns derzeit“, so Geschäftsführerin Adelheid May.

Sie betont: „Nach dem letzten Angebot an den Betriebsrat haben wir nichts gehört, zwischen den Streiktagen gab es hierzu keinen Austausch und keine einzige Verhandlungsrunde. Es kann insgesamt mitnichten davon die Rede sein, dass die Geschäftsführung und der Betriebsrat nicht miteinander reden würden, wie es in einigen Artikeln und Leserbriefen der lokalen Presse sowie den Resolutionen behauptet wird“.

Zur Besonderheit der Mischeinrichtung erklärt die Geschäftsführung: „Dies bedeutet, dass die Asklepios Kliniken Schildautal ein Akuthaus und eine Rehaklinik in einem Gebäudekomplex betreiben. Beide werden aus unterschiedlichen Finanzierungssystemen des Gesundheitssektors finanziert. In keinem Finanzierungssystem werden die Personalkosten auf dem Niveau des TVöD ausfinanziert.

Immer wieder wird von ver.di vorgebracht: In Goslar und Göttingen gebe es ja bereits einen öffentlichen Tarifvertrag – der Hintergrund ist etwas differenzierter und rückt dies zurecht: Zwar wenden auch einige Asklepios-Kliniken in der Region den TVöD an, dabei handelt es sich aber um Verpflichtungen aus den Kaufverträgen dieser Häuser, als sie einst von Asklepios aus kommunaler Trägerschaft erworben wurden beziehungsweise von den Kommunen veräußert wurden. An diese sind wir folglich rechtlich gebunden, was ver.di in den Erklärungen gerne unter den Tisch fallen lässt. (...) ver.di wirft uns „Profitsucht“ vor, diese Kritik ist inhaltslos und trifft auf ein Familienunternehmen wie unseres überhaupt nicht zu: Asklepios ist mit seinen 160 Einrichtungen und 46.000 Mitarbeitern einer der größten Klinikbetreiber und Gesundheitsversorger Deutschlands.

Wir haben keine Aktionäre, die ihren Gewinn aus dem Unternehmen ziehen würden. Wir haben einen Eigentümer, Asklepios investiert als Familienunternehmen seine Gewinne überwiegend wieder ins Unternehmen. Das geschieht zum Wohl der Patienten und zur Sicherung der Arbeitsplätze, dies ist die im Sozialgesetzbuch im „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ verankerte Pflicht, von Unternehmen.

Durch diese Re-Investitionen aus den erwirtschafteten Gewinnen kompensieren wir nun seit Jahrzehnten die Verweigerung der Bundesländer ihrer gesetzlich verankerten Pflicht zur Deckung der Investitionskosten zu 100 Prozent nachzukommen. Hier wäre ein Eingreifen der Politik geboten!“red/uk