Asklepios Seesen: Erneut gut 200 Teilnehmer bei der Kundgebung

Bürgermeister und Landtagsvizepräsidentin unterstützen Streikende / Umgang mit Personal angeprangert

Klares Statement der Seesener Asklepios-Beschäftigten.

Seesen. Gänsehautmoment für viele Streikende und das nicht wegen der kalten Temperaturen am Mittwochmorgen – Auslöser waren vielmehr die Mitarbeiter der Firma Crown. Mit ihren Transparenten bogen sie von der Bismarck- in die Jacobsonstraße ein, um sich einmal mehr mit den Asklepios-Beschäftigten zu solidarisieren. Tosender Applaus für diese Unterstützung. Trotz massiver Einschüchterungsversuche, Streikende fristlos zu kündigen, wenn sie nicht wie dienstplanmäßig vorgesehen zur Arbeit erscheinen und einer ausgelobten Streikprämie in Höhe von 300 Euro für Streikbrecher, wie ver.di-Sprecher Jens Havemann noch einmal betonte, waren erneut gut 200 Teilnehmer dabei. Operationen und die therapeutische Behandlung, wie Physio- und Ergotherapie oder Logopädie sowie die Patientenaufnahme waren in Seesen weitestgehend lahmgelegt.

Geschockt hat auch Martin Kupferschmidt, wie von der Geschäftsführung über die Beschäftigten gesprochen wird. „Es ist unerträglich. Wir stehen seit Jahren für eine gute Patientenversorgung und geben auch unter schwierigsten Bedingungen unser Bestes. Jetzt müssen wir uns als Störer und Gefährder beleidigen lassen“, macht er seinem Ärger Luft.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist die schwierige Personalsituation in der Klinik. Asklepios sucht händeringend Personal. Die Beschäftigten befürchten, dass der Konzern mit den unattraktiven Gehältern die Zukunft der Klinik durch selbstverschuldeten Personalmangel aufs Spiel setzt und fordern deswegen einen Tarifvertrag, mit dem der Anschluss an das übliche Tarifniveau der Branche hergestellt wird. Asklepios verweigert jedoch nach wie vor entsprechende Verbesserungen und grundsätzlich Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di. Ihr Verhandlungspartner sei einzig und allein der Betriebsrat der Mitarbeiter.
Die Fronten sind verhärtet. Ein Umstand, den auch Seesens Bürgermeister Erik Homann (CDU) anprangerte.

Großen Respekt zollte er den Beschäftigten für ihr Durchhaltevermögen. „Wir stehen hinter ihnen und ihren Forderungen. Es richtig, dass sie von ihrem Grundrecht auf Streik Gebrauch machen“, so der Bürgermeister. Den Kommunalpolitikern sind die Hände gebunden, was Homann mehrfach betonte, doch sie können nur an die Geschäftsführung appellieren, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Was der Stadtrat mit seiner Resolution getan hat und das Stadtoberhaupt nun noch einmal bekräftige: Wir erwarten, dass Asklepios sich bewegt, dass sich beide Seiten an einen Tisch setzen, zum Wohle des Seesener Standortes“. Er sieht obendrein aber auch die Bundespolitik gefordert, die die Arbeitsbedingungen samt Entlohnung der Pflegekräfte ändern muss.

Oliver Kmiec, ver.di-Streikleitung und Betriebsratsvorsitzender, betonte, dass der geforderte Kompromiss ja in einem Tarifvertrag durchaus mit einfließen kann, doch dazu muss erst einmal etwas in der Richtung passieren. Zumal die Streikleitung ja auch bei der Notdienstvereinbarung entgegengekommen sei, um ein Signal zu setzen. Beim ersten Mal haben sie drei Therapeuten zugebilligt, mittlerweile wurde die Zahl im jüngsten Entwurf sogar auf 13 Therapeuten hochgesetzt. Man war sich einig, dann wollte die Geschäftsführung laut Kmiec noch mehr Personal. Süffisant merkte er an, dass die Patienten an Streiktagen besser versorgt werden als am normalen Wochenende. „Was macht die Geschäftsführung, wenn die Beschäftigten nur zu dritt auf Station sind, obwohl es fünf Kollegen sein müssen“, fragt er in die Runde: „Nichts“, so die lautstarke Antwort. Unterstrichen hat das Oliver Kmiec mit einer Zahl: 550 – so viele Gefährdungsanzeigen hat der Betriebsrat allein in diesem Jahr erhalten, bei denen Beschäftigte Alarm gaben, dass die Patientenversorgung mit der Personalbesetzung in Gefahr ist.

Um den guten Ruf der Asklepios Kliniken Schildautal macht sich auch Petra Emmerich-Kopatsch (SPD), Vizepräsidentin des Landtages und Mitglied des Kreistages, große Sorgen. Während der Kundgebung sprach sie zu den Beschäftigten: „Die Klinik war lange Jahre ein absolutes Aushängeschild mit ausgezeichneter Patientenversorgung. Wenn Asklepios nicht endlich konkurrenzfähige Tarife bezahlt, ist die komplette Klinik bedroht!“ Vor allem erinnerte sie daran, dass die Patienten das Krankenhaus nach dem guten Ruf der Ärzte und dem des Pflegepersonals auswählen. „Was sie jetzt alles über Seesen finden, hält sie davon eher ab“, so Emmerich-Kopatsch. Sie fordert die Geschäftsführung auf, sich endlich mit ver.di an einen Tisch zu setzen und ver.di als Verhandlungspartner anzuerkennen:„Der Organisationsgrad ist so hoch wie nie und das müssen sie akzeptieren“, betonte die Sozialdemokratin.

Auch vom Wetter lassen sich die Beschäftigten nicht abhalten. Im Gegenteil. Trotz richtig kalter Temperaturen haben neun Personen um 5.15 Uhr vor der Schranke am Krankenhausgelände Streikwache abgehalten. Einer von ihnen war Martin Kupferschmidt von der ver.di-Streikleitung. Von „haltet durch“ bis „richtig so“, war an diesem Morgen zu hören, betont er im Gespräch mit dem „Beobachter“. Bis 8.30 Uhr hielten sie aus. Das Besondere: Warme Worte gab es nicht nur von den Kollegen, sondern auch von den Patienten, die um die Arbeit der Pflegekräfte wissen.

Der Streik wird am Freitag fortgesetzt, um 9 Uhr treffen sich die Streikenden im Jacobson-Haus.syg