Asklepios Seesen: ver.di kündigt erste Streiks der Beschäftigten im Juli an

Streikkonferenz fand am Donnerstag in Seesen statt / ver.di unterzieht Aussagen der Klinikführung einem Faktencheck

Am 21. November protestierten Klinik-Beschäftigte vor den Asklepios Kliniken Schildautal in Seesen im Rahmen einer aktiven Mittagspause. Sie fordern mehr Geld beziehungsweise einer Angleichung der Tarife. Jetzt gehen sie einen Schritt weiter und wollen streiken.

Seesen. Kämpferisch und entschlossen zeigen sich die 120 Beschäftigten der Asklepios Kliniken Schildautal. Am Donnerstag hatten sie Vertreter der Bezirk-Region Süd-Ost-Niedersachsen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft – kurz ver.di – ins Seesener Jacobson-Haus eingeladen.  „Wie geht Streik“, lautete das Thema der Informationsveranstaltung. Eines ist klar, im Juli stehen die ersten Streiks bevor.

ver.di-Verhandlungsführer Jens Havemann: „Ein Streik in den Schildautal Kliniken ist ein absolutes Novum. Auch für die einzelnen Menschen ist es der erste Streik in ihrem Leben. Einen solchen Schritt geht keiner – gerade die, die Verantwortung für andere Menschen tragen – leichtfertig, aber die Beschäftigten sehen keine andere Lösung mehr.“

Ein Teilnehmer bringt  unterdessen die Ausgangslage der Streikkonferenz auf den Punkt: „Es geht um die Zukunft unserer Klinik. Wir brauchen dringend Personal, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Dazu müssen wir aber attraktive Bedingungen bieten und das geht nur mit konkurrenzfähigen Gehältern“. Zur Erinnerung: Seit Jahresbeginn sind beide Seiten in Entgeltverhandlungen, diese sind gescheitert. 180 Beschäftigte haben das Angebot von Asklepios einstimmig abgelehnt.

Schon jetzt richtet sich die Gewerkschaft auf eine längere Auseinandersetzung mit Asklepios ein. Indizien dafür gibt es laut Jens Havemann einige: Zum einen lassen die Erfahrungen der Gewerkschaft mit Asklepios bei anderen Auseinandersetzungen wenig Kompromissbereitschaft und schnelle Einsicht erkennen. Zum anderen deuten bereits die Gesprächen zwischen Asklepios und dem hiesigen Betriebsrat hin, dass auch die besten Argumente zu keinem Umdenken beim Unternehmen führen.

Streikstrategie und Streikplanung stehen. Sie sind bestens präpariert und gut aufgestellt. „Wenn Asklepios sich nicht entscheidend bewegt, bleibt uns keine andere Wahl. Wir liegen mit den Gehältern so weit weg vom Maßstab Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD), dass die Bewerber mittlerweile einen großen Bogen um Seesen machen, heißt es dazu. In einer ver-di-Mitteilung, die dem „Beobachter“ vorliegt, wurden die jüngsten Aussagen von Asklepios einem Faktencheck unterzogen. Unterschrieben haben Michael Wollenweber (stellvertretender Betriebsratsvorsitzender), Martin Kupferschmidt (Betriebsrat) und ver.di-Verhandlungsführer Jens Havemann.

Gemeinsames Ziel ist der TVöD. Von Abberufung des Beraters, wie von Asklepios geäußert, kann keine Rede sein. „Es gibt keinerlei Differenzen zwischen ver.di und Betriebsrat“, heißt es dazu. Der Betriebsrat ist allerdings gesetzlich zu weiteren Verhandlungen verpflichtet. Diese wird er nun im strikten Rahmen seiner Verpflichtung mit juristischer Beratung absolvieren, während ver.di und Jens Havemann sich darauf konzentrieren können, erfolgreiche

Tarifverhandlungen zu führen

Auch von „Inhaltsleere Phrasen“ kann keine Rede sein. Asklepios Schildautal sucht Personal, das betont auch Regionalgeschäftsführerin Adelheid May gegenüber dem „Beobachter“. Mit mehr Personal könnten mehr Patienten behandelt werden und ein besseres wirtschaftliches Ergebnis erzielt werden, das hat Adelheid May auf der Betriebsversammlung ausdrücklich bestätigt. Es wäre also wichtig in Personal zu investieren und nicht alleine in die Modernisierung und Leistungserweiterung der Kliniken. Der Standpunkt vom Betriebsrat und der Gewerkschaft ist klar: Höhere Gehälter zu bezahlen, würde helfen, dass neues Personal gewonnen werden kann und langjähriges Personal die Klinik nicht verlässt. Das passiert jedoch aus Kostengründen nicht. Die Klinik spart somit an der falschen Stelle.

Laut Asklepios ignoriert ver.di die Fakten und redet den Standort Seesen schlecht, dabei gibt es Einstellungen.  Richtig ist, dass mehr als 20 Pflege-Azubis übernommen wurden, dem gegenüber stehen allerdings mehr als 40 examinierte Pflegekräfte, die die Klinik verlassen haben. Mehr als die Hälfte davon aus dem sogenannten Highcare-Bereich. Und weitere Zahlen werden genannt: Bis Juni diesen Jahres haben drei Pflegekräfte in Seesen angefangen, während bereits bis April 19 Pflegekräfte das Haus verlassen haben.

Innerhalb von zwei Jahren (seit 2017) gab es drei  Geschäftsführerwechsel und drei Wechsel in der Personalleitung und allein seit 2018 mussten 29 Leitungsposten im Pflegedienst neu besetzt werden.  Insgesamt wurden dieses Jahr über alle Bereiche bis April 24 Mitarbeiter eingestellt, dem gegenüber haben 49 Mitarbeiter die Klinik verlassen.syg