Bilanz: Brandschützer im Stadtgebiet Seesen leisten allein 6.333 Stunden im Einsatz

Stadtbrandmeister Jürgen Warnecke hat das Einsatzjahr 2020 ausgewertet / Sorge im Bezug auf die Ausbildung

Auf dem Seesener Klinikgelände kämpfte die Feuerwehr am 16. August 2020 gegen die Wassermassen. 44 Hochwassereinsätze registrierten sie 2020 im gesamten Stadtgebiet.

Seesen. Rund um die Uhr in Rufbereitschaft und wenn der Alarm losgeht, sind die 417 Mitglieder in der Einsatzabteilung der Feuerwehren im Seesener Stadtgebiet gefordert. Ehrenamtlich leisten das 366 Männer und 51 Frauen. „Für uns war es ein normales Einsatzjahr trotz Corona“, fasst Seesens Stadtbrandmeister Jürgen Warnecke im Gespräch das Jahr 2020 zusammen. Unter dem Strich gingen 348 Einsätze in die Statistik ein. Dabei zeigt sich, dass abzuarbeitende Spektrum war wieder groß.

Im Vorjahr rückten die Feuerwehrleute zu insgesamt 81 Brandeinsätzen aus, dabei löschten sie insgesamt 25 Feuer – mehr oder weniger groß. Zwar sind zehn Großbrände verzeichnet, jedoch bedeutet das nicht zwangsläufig, solch einer wie beispielsweise in der jüngsten Vergangenheit bei der Firma Fels (2018) oder der Brand einer 1.600 Quadratmeter großen Lagerhalle im Gewerbepark Niedersachsen (2017). Werden vor Ort mehr als drei sogenannte Strahlrohre benötigt, muss in dieser statistischen Unterkategorie „Großfeuer“ ein Vermerk gesetzt werden.

Im Gedächtnis bei den Brandeinsätzen bleibt beispielsweise der Einsatz am Neujahrstag 2020. In der 1. Etage eines Wohnhauses in der Straße Am Probstbusch in Seesen kam es zu einem Brand. Geistesgegenwärtig reagierte der Familienvater, er verschaffte sich Zugang zum Zimmer und warf die brennende Matratze aus dem Fenster. 26 Brandschützer aus Seesen waren vor Ort. Vor allem angesichts der unklaren Lage reagierte Ortsbrandmeister Thomas Bettner und löste einen Großeinsatz des Rettungsdienstes aus. Heißt, Massenanfall von Verletzten – MANV – der Kategorie 9 bis 13, nur eine Stufe unterhalb des Katastrophenalarms. Problem vor Ort: In dem Haus leben insgesamt zwölf Bewohner – darunter ein Mann im Dachgeschoss. Weitere acht Personen waren am Neujahrstag zu Besuch. „Plötzlich waren aber gar nicht so viele Personen da, wie gemeldet“, erinnert sich Jürgen Warnecke im Gespräch. Letztendlich waren 60 Einsatzkräfte in Seesen.

Fakt ist, dass Jahr 2020 war geprägt von Hilfeleistungen. Insgesamt 240 Einsätze dieser Art sind verzeichnet. Wenn der Stadtbrandmeister dem Einsatzjahr 2020 eine Überschrift geben müsste, würde er Hochwasser infolge von Starkregen nehmen. 44 Einsätze dieser Art waren es, sie konzentrierten sich fast auf ein Datum, heftig war 16. August 2020. Sintflutartigen Regenfälle ergossen sich über Seesen und brachten gut 50 Liter pro Quadratmeter an Niederschlag mit. Vollgelaufen waren unter anderem unzählige Keller, zudem die Asklepios Kliniken Schildautal, dort liefen 32 Zimmer der Reha 1 voll Wasser. Zu Spitzenzeiten waren hier vor Ort insgesamt 123 Einsatzkräfte, 27 Fahrzeuge, 13 Pumpen und sechs Wassersauger im Kampf gegen das Wasser. Dies zeigte einmal mehr, dass das Hochwasser nicht nur auf die beiden Stadtteile Rhüden und Bornhausen begrenzt ist. Es kann immer und überall auftauchen, jeden Ort im Stadtgebiet treffen. Deshalb haben sie laut Jürgen Warnecke auch reagiert. Auf dem Gelände des Baubetreibshofes in Seesen steht nunmehr ein Container. Jede Ortsfeuerwehr hat einen Schlüssel. Im Notfall können sie hierher, um Sandsäcke zu füllen. Diese sind ebenso hinterlegt wie Schaufeln.

Neben dem Wasser hatten sie aber auch mit einem anderem Element, nämlich Luft, zu kämpfen. In Form vom Sturm, 42 Mal waren sie hier gefordert. Zudem bei 17 Verkehrsunfällen.

Den Klassiker in Sachen Tierrettung, den viele mit der Feuerwehr verbinden, also Brandschützer retten die Katze vom Baum, hatten die hiesigen Feuerwehren nicht, jedoch andere Fälle. Insgesamt 15 Mal hieß es Rettung von Tieren beziehungsweise Insekten, so unter anderem Hund in Röhre, Falke im Kirchturm oder sichern von Wespenvölker. Auch das sind Hilfeleistungen.

Nicht jeder Alarm erfordert zwangsläufig einen Einsatz, insgesamt 18 Fehlalarme gab es im Stadtgebiet, darunter zehn Brandmeldeanlagen, die aus verschiedenen Ursachen auslösten und drei sogenannte böswillige Alarme, bei denen bewusst auf den Feuermelder gedrückt wird, obwohl derjenige weiß, dass nichts vor Ort ist. Auch neun Brandsicherheitsdienste gingen in die Seesener Feuerwehrstatistik ein.

Unter dem Strich steht bei den Gesamteinsatzstunden, die für die 348 Einsätze absolviert wurden, die Zahl 493. Ungerechnet auf die Brandschützer bedeutet dies: Die Feuerwehrleute im Stadtgebiet Seesen leisten hier allein 6.333 Stunden. Statistisch erfasst wird dabei der gesamt Zeitraum – also von der Alarmierung über den Einsatz vor Ort bis zur Nachbereitung. Letzteres beinhaltet die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Feuerwehr, dabei wird unter anderem der gebrauchte Schlauch durch einen neuen ersetzt.

Bei der Mitgliederstatistik sieht es wie folgt aus: 22 sind in der Kinderfeuerwehr (Abteilung nur in Seesen; ab sechs Jahren), 110 in der Jugendfeuerwehr (Abteilungen in Bornhausen, Ildehausen, Kirchberg, Herrhausen, Münchehof, Rhüden und Seesen; ab zehn Jahren) und wie erwähnt 417 Mitglieder in der Einsatzabteilung, insgesamt zehn Neueintritte gab es – fünf in Seesen, drei in Münchehof, sowie jeweils einer in Engelade und in Bilderlahe. 144 Mitglieder zählen die Altersabteilungen aller Ortsfeuerwehren.

Sorgen in Hinblick auf die anhaltende Corona-Krise bereitet Stadtbrandmeister Jürgen Warnecke der Ausbildungs- und Übungsdienst. Zum Vergleich: 2019 kamen die Brandschützer hier zusammen auf gut 20.000 Stunden. „Jetzt ist das Ganze auf ein Zehntel zurückgegangen“, so der Stadtbrandmeister. Doch im Notfall muss jeder Handgriff sitzen. Beispielsweise bei einem Verkehrsunfall. Die Brandschützer müssen genau wissen, wo beispielsweise die Batterie liegt oder wo sie bei welchem Modell die Rettungsschere ansetzen können. „Auch solche Dinge müssen auch praktisch geübt werden“, unterstreicht Warnecke. Die Feuerwehren sind hier ausgebremst.syg