Bis zum Jahreswechsel soll der Therapiebereich schon ausgegliedert sein

Der Konflikt zwischen Betriebsrat und Klinikführung wird durch neues Vorhaben weiter vorangetrieben

Die Asklepios Kliniken Seesen haben angekündigt, die Therapiebereiche auszugliedern. Betroffen sind rund 125 Beschäftigte in den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie.

Seesen. Wie der „Beobachter“ bereits gestern berichtete, haben die Asklepios Kliniken Seesen angekündigt, die Therapiebereiche auszugliedern. Betroffen sind rund 125 Beschäftigte in den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Die Beschäftigten erfuhren von den Unternehmensplänen, wie es hieß, „lapidar über die Einladung zur Mitarbeiterversammlung in der der neue Geschäftsführer vorgestellt werden soll“. Dort findet sich unter TOP 6 auch der Punkt „Ausgliederung der Therapiebereiche in eine Therapiegesellschaft“.

ver.di-Sprecher Jens Havemann: „Allein diese Vorgehensweise zeigt: Es geht Asklepios um die Verunsicherung und Einschüchterung gegenüber den Beschäftigten. Ein sinnvolles Motiv aus unternehmerischer Sicht wurde weder genannt, noch ist eines auch nur ansatzweise erkennbar.“

Oliver Kmiec, Betriebsratsvorsitzender und Mitglied der Streikleitung: „Die Therapeuten, genauso wie die Pflege, Ärzte und andere Beschäftigte, sehen sich als das Herz der Klinik. Von ihrem patientennahen, engagierten Einsatz lebt die Klinik. Durch die Ausgliederungsandrohung fühlen sich die Kollegen/-innen jetzt vor den Kopf gestoßen.“

Martin Kupferschmidt, ebenfalls Betriebsrat und Mitglied der Streikleitung ergänzt: „Die Kollegen wollen sich nicht spalten lassen. Wir sind ein interdisziplinäres Team und wollen auch ein solches bleiben!“

Auch für die Tarifauseinandersetzungen und die Streiks habe die Outsourcing-Androhung keine Auswirkung, so Jens Havemann von ver.di: „Wir haben jetzt bereits zwei GmbHs, die wir zu Tarifverhandlungen auffordern, dann kommt im Zweifel eben eine Dritte dazu!“

Dem Betriebsrat gegenüber wurden keine unternehmerisch nachvollziehbar sachlichen Gründe für die Ausgründungspläne benannt. Der Betriebsrat hatte die Beschäftigten am Dienstag zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Dort wurden von Betriebsrat und Gewerkschaft ver.di gemeinsam mit den Betroffenen alle vorliegenden Informationen zusammengetragen und anschließend bewertet.

Betriebsratsvorsitzender Oliver Kmiec: „Nachdem wir eine erste rechtliche, aber auch strategische Bewertung vornehmen konnten, waren die Kolleginnen und Kollegen entschlossen: Wir lassen uns nicht spalten. Wir halten zusammen. Jetzt erst recht!“

Derweil hat ein Sprecher der Klinik das Vorhaben gegenüber dem „Beobachter“ bestätigt. „Im Zuge der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zur Regulierung der Krankenhausversorgung in Deutschland planen die Asklepios Kliniken Schildautal, die therapeutischen Mitarbeiter der Kliniken in die Asklepios Therapie GmbH mit Sitz in Bad Salzungen zu integrieren“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung.

Die Asklepios Therapie GmbH werde den ambulanten und stationären Therapiebetrieb künftig auch in Seesen sicherstellen. Dieser Schritt erfolge im Zusammenhang mit der Einführung des Pflegepersonalstärkungsgesetzes zum 1. Januar 2019.

Das Gesetz sehe vor, dass die Pflegekosten nicht mehr durch die Fallpauschalen vergütet werden, sondern aus dieser herausgelöst und künftig in vollem Umfang von den Kostenträgern übernommen werden.

„Was vordergründig nach einer besseren Vergütung aller Beschäftigten im Krankenhaus klingt, ist in Wirklichkeit jedoch eine Mogelpackung“, sagt Adelheid May, Asklepios-Regionalgeschäftsführerin Region Harz.

„Denn das Gesetz umfasst leider nicht alle Mitarbeiter, die an der Pflege und Betreuung der Patienten beteiligt sind. Therapiemitarbeiter fallen in diesem Gesetz hinten runter und werden nicht kostendeckend vergütet. Äußerst therapieintensive Einrichtungen, wie die Asklepios Kliniken Schildautal in Seesen, werden durch diese neue Gesetzgebung noch einmal zusätzlich benachteiligt. Dadurch wird die ohnehin bestehende Unterfinanzierung der Krankenhäuser in unserem speziellen Fall noch einmal deutlich verschärft“, so May weiter.

Die wirtschaftliche Lage von Krankenhäusern sei schon aufgrund der unzureichenden Investitionsfinanzierung der Länder schwierig. Im Reha-Bereich – der neben dem Akutbereich einen wesentlichen Teil der Asklepios Kliniken Schildautal darstellt – müssen erschwerend sogar alle Investitionen vollständig aus Eigenmitteln finanziert werden, weil sich der Staat dafür nicht verantwortlich sieht.

„Diese Tatsache sowie die neuen regulatorischen Vorgaben erhöhen den Druck auf unsere Einrichtung erheblich. Wir sehen uns daher veranlasst, den Therapiebereich aus dem Krankenhausbetrieb herauszulösen. Neben der klareren Abgrenzung der Therapie schaffen wir dadurch aber auch die Möglichkeit, unsere Therapiekräfte übergreifend einzusetzen und somit auch stärker im ambulanten Bereich tätig zu werden, der in der Region unterversorgt ist. So können wir um so flexibler und effizienter die Belange der stationären Patienten, aber insbesondere auch der ambulanten Fälle erfüllen“, sagt May.

Es sei geplant, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Asklepios Therapie GmbH zu integrieren. Die Geschäftsführung werde dazu nun Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufnehmen. Ziel sei es, die betroffenen Mitarbeiter zum Jahreswechsel in die Asklepios Therapie GmbH übernommen zu haben.uk