Cyber-Angriff aufs Seesener Trivium-Werk

Wer dahinter steckt ist unklar / Auswirkungen sind spürbar / Mehrere Werke des Unternehmens sind betroffen

Von außen verschafften sich die Täter Zugriff. Bis heute hat Trivium auch in Seesen damit zu kämpfen.

Seesen. Der Arbeitsprozess in den deutschen Firmen wird immer digitaler. Heutzutage geht kaum noch etwas ohne den Computer. Vor allem nutzen das immer häufiger Hacker, die sich von außen Zugriff aufs Firmennetzwerk verschaffen. Jüngstes Opfer in Seesen ist die Firma Trivium Packaging mit ihrem Standort an der Braunschweiger Straße. Die Konzernpressestelle räumt auf „Beobachter“-Anfrage den Cyber-Angriff ein. „Es ist ein Cybersicherheitsvorfall aufgetreten, der sich auf unsere Systeme ausgewirkt hat“, heißt es in der Antwort. Bereits Anfang Mai kam es nach „Beobachter“-Information zu der Attacke. Offenbar nicht nur in Seesen, sondern zumindest in allen europäischen Werken des Unternehmens. Mit den Auswirkungen hat Trivium bis heute zu kämpfen, wie aus der Antwort hervorgeht.

Trivium Packaging ist ein global agierendes Unternehmen für Metallverpackungen mit weltweit über 60 Standorten. Welche Angriffsform die unbekannten Täter wählten, darüber gibt es von der Konzernpressestelle keine Auskunft. Die aktuell bekannteste Methode ist die über eine sogenannte Ransomware. Diese schleust sich auf dem Firmenrechner ein und verschlüsselt entweder nur ein Teil oder das komplette Firmensystem des Opfers. Die Freigabe ist verbunden mit einer Lösegeldforderung. Im April veröffentlichte der Spezialversicherer Hiscox eine Umfrage. Dort gaben 19 Prozent der gut 1.000 befragten deutschen Firmen an, in den vergangenen zwölf Monaten über diese Masche attackiert worden zu sein.

Bei Trivium hat der Angriff „in den unterschiedlichen Werken zu Störungen geführt und die Lieferfähigkeit beeinträchtigt“, räumt die Pressestelle ein. Jedoch haben die Werke unterschiedlich mit den Auswirkungen zu kämpfen. „Wir sind dabei, gemeinsam mit führenden globalen Forensikteams, das Ausmaß des Vorfalls zu bestimmen und ergreifen Maßnahmen, um unsere Systeme, Daten und unsere Fähigkeit zur Versorgung mit dem Ziel zu schützen, die Firmensysteme wieder in Betrieb zu nehmen“, heißt es dazu. Entgegen des Gerüchts in der Stadt, die Produktion im Seesener Werk würde seit drei Wochen komplett stillstehen, wird die „Produktion weiterhin mit reduzierter Kapazität gefahren“, jedoch sind „wichtige Lieferketten und Logistikplattformen betroffen“. Laut Konzernpressestelle kann das den Versand von Lieferungen und damit verbundenen, eingehenden Waren behindern. „Wir implementieren manuelle und alternative Methoden, um bei Bedarf die Produktion und den Versand fortzusetzen“, so Trivium. Heißt, zurück zu den Wurzeln, indem beispielsweise die Lieferlisten wieder manuell ausgefüllt werden. „Wir tun weiterhin alles, um die Situation durch Umgehungen zu bewältigen, aber wir wissen, dass dies zu Betriebsstörungen führt, und es wird alles getan, um dies abzumildern“, heißt es. Das hat für Trivium aktuell oberste Priorität.

Hinter Trivium Packaging stecken, was das Seesener Werk betrifft, die Vorgänger Schmalbach, Impress und Ardagh. 2019 hat Trivium den Standort übernommen. Aktuell sind knapp unter 100 Mitarbeiter hier beschäftigt.

Derzeit ist im Seesener Stadtgebiet zumindest ein weiterer Fall von Cyberkriminalität bekannt. Wie die Polizei Seesen meldete, zeigte am 17. Mai eine ortsansässige Baufirma eine Computersabotage an. Ein unbekannter Täter habe den Firmencomputer gehackt und Personendaten, sowie Bauunterlagen gelöscht beziehungsweise entwendet. Der genaue Schaden konnte noch nicht beziffert werden, ist jedoch im erheblichen Umfang, so die Seesener Polizei in ihrem Bericht.syg