„Dracula” – Singende und tanzende Blutsauger in der Seesener Aula

Die Theater-AG des Jacobson–Gymnasiums zeigt das Grusical „Dracula – es ist angerichtet!“

Stoßt die Vampire zurück in die Nacht.

Seesen. Es ist angerichtet! Mit diesem einladenden Titel hat die Theater-AG des Jacobson-Gymnasiums wieder einmal unter der Leitung von Catja Croneberg und Susanne Kettmann ein Theaterstück auf die Bühne gebracht. In zwei Vorstellungen wurde in der Seesener Aula Graf Dracula zum Leben erweckt, diesmal allerdings nicht in Transylvanien. Claus Martin, der Autor des Stücks, ließ die blutrünstigen Wesen in Huntington, einer englischen Kleinstadt ihr Unwesen treiben.

Skurril, wenn auch nicht ganz politisch korrekt ist dabei der Einfall, eine „Irrenanstalt“ zum Zentrum der Handlung zu machen, deren Personal zugleich auch die Patienten sind: Mit witzigen Macken ausgestattet konnten diese vier Patientinnen, in Doppelrollen: Rebecca Loske, Ilse Bakker, Lisa Maiwald und Lena Golz, ihre sehr auf Moral bedachte Pflegedienstleiterin Mrs. Ascot (Hanna Sopalla) und den überdrehten und eitlen Leiter der Anstalt, Dr Sewart (Calvin Knoop) in Fahrt bringen. Insbesondere der Anstaltsleiter Dr. Sewart, der sich als Arzt vor Blut fürchtete, ließ sich nicht nur für einen wirkungsvollen Auftritt mit quietschenden Reifen im Rollstuhl auf die Bühne schieben, sondern unterstrich auch noch seine Großartigkeit und die seiner Anstalt mit einem solistisch überzeugend vorgetragenen Song. Auch das weitere Personal mit der Oberschwester Janet (Lina Buchberger), die ständig aufgrund ihrer militärischen Vergangenheit salutierte, sowie Lucie Westenra (Anastasia Sander, Finja Ziegenbein in der 2. Vorstellung) gaben dem Anstaltsambiente noch eine besondere Note.

Dass es in dieser Welt auch sonst nicht mit rechten Dingen zuging, wurde spätestens mit dem Aufwachen einiger Untoter deutlich: Es waren zunächst vier Vampierdamen, die als extrem durstige Vamps alles vernaschten, was sie zwischen die Zähne kriegten, nachdem sie ihren Särgen entstiegen waren. Mit einer geschmeidigen Choreografie und Gesang wurden die Opfer umgarnt und gefügig gemacht: „Keine Angst wir beißen nicht, wir wollen bloß spielen!“ Jede der Vampirdamen (Chantal Kast, Ricarda Giese, Vanessa Bokelmann, Finja Ziegenbein, in der zweiten Vorstellung auch noch Anastasia Sander und Anke Hillmer) zeigten dabei auf ihre jeweils besondere Weise ihr „Vamptalent“ und machten die Zuschauer zugleich zu ihren Opfern.

Auf die erste Beute brauchte man auch nicht lange zu warten. Es waren die zwei Einbrecher Timmy und Backe (Tim Zamfir, Johannes Mertens), deren zauberhafte Tollpatschigkeit bald zu ihrem Ende führen musste – da stellte sich für die Vamps nur noch eine Frage, nachdem die Witterung aufgenommen worden war – wer ist der Hauptgang, wer die Nachspeise?

Neben diesen wunderbaren Einlagen gab es noch einige Liebeswirren aufzuklären, die doch das eigentliche Handlungsgerüst in diesem Stück darstellen und zugleich Gelegenheit für den Auftritt weiterer schräger Charaktere gaben. Eine Immobilienmaklerin, Meredith Hawkins, (Anke Hillmer, Vanessa Bokelmann in der zweiten Vorstellung) versuchte durch den Adelstitel eines Kunden ihre bürgerliche Existenz aufzuwerten – dieser Adlige war nun ausgerechnet Graf Drakula. Grandios, arrogant, zickig und bösartig und dabei vor allem komisch wurde das gesamte Umfeld mit den aufstrebenden Plänen der Maklerin terrorisiert. Gekrönt wurde dieser Auftritt durch einen wunderbar solistisch vorgetragenen Song, in dem Meredith ihre Wünsche und Begehrlichkeiten mit Nachdruck und Inbrunst zum Ausdruck brachte. Die Angestellten Jonathan und Renfield (Louis Ziegenbein, Oliver Lader) mussten ihr wie Marionetten gehorchen und konnten sich auch in ihrer Schüchternheit und auch wunderbar gespielten Beschränktheit der herrischen Chefin nur unterwerfen.

Jonathan (Louis Ziegenbein) war zudem auch noch unsterblich verliebt in die Schwesternschülerin Mina (Alina Haustow). Hier galt es nun auch noch für beide, nicht der Oberschwester mit ihrem moralisch überstrengen Regiment während ihrer heimlichen Treffen aufzufallen. Mina hatte das aber scheinbar im Griff.

Schließlich war auch noch Graf Dracula (Christopher Mertens) in den Liebesreigen verwickelt. Auch er ließ sich von dem Geruch eines Portraits von Mina von Sinnen bringen und stellte ihr von nun an blutdürstend nach, ernst und distinguiert, wie man es von einem Grafen erwartet. Da Dr. Sewart nicht mit der zunehmend bedrohlicher werdenden Situation fertig wurde, musste noch Dr. van Helsing (Simon Götze), der Vampirforscher, zu Hilfe gerufen werden. Er kannte die bewährten Mittel gegen Vampire, welche dann auch mit köstlich wichtigtuerischer Miene und Kreuz am Gürtel souverän von ihm zum Einsatz gebracht wurden und auch ihre Wirkung nicht verfehlten.

Am Ende, nach einem großen Maskenball, nachdem schließlich fast alle Beteiligten zu schwarzen Untoten mutiert waren und ihre neue Existenz mit einem Can Can auf der Bühne tanzend feierten, war es ein gezielt eingesetzter Sonnenstrahl, der dem Spuk ein Ende bereiten sollte – hier blieb jedoch für den Zuschauer diesbezüglich eine Ungewissheit.

Ebenso, wie das Stück durch eine Erzählerin (Maja Kurz) mit einem großen geöffneten Buch eingeleitet wurde, schloss die Erzählerin mit einem Schlusswort die dramatische Handlung ab.

Zwei Abende, prall gefüllt mit viel Humor, Tanz, launigem Spiel und Gesang, was auch mit entsprechend großem Applaus bedacht wurde. Ein Dank galt auch noch der „Jungen Bühne Seesen“, die beim Erstellen der Bühnenrequisiten Unterstützung gegeben hat.ke