„Es ist kalt“

Grundschule in der Corona-Zeit / Bisher keine Coronafälle, aber viele Einschränkungen auch an der Grundschule Am Schildberg

Bewegung in der Lüftungsphase – so halten sich die Kinder etwas warm. Denn es wird inzwischen schnell kalt, wie das Gerät (rechtes Bild) anzeigt.

Seesen. Eltern wissen es: In eine Schule spontan hineinzukommen, um dem Kind zum Beispiel das vergessene Sportzeug zu bringen, ist derzeit nicht möglich. Da muss das Kommen schon vorher telefonisch angekündigt werden. Nur die Schülerinnen und Schüler und die Schulbediensteten dürfen das Gebäude und den Schulhof betreten. Die Gefahr, dass das Virus von außen hineingeschleppt wird, soll so gering wie möglich gehalten werden.

Der Niedersächsischer Rahmen-Hygieneplan Corona Schule/Version 3.2 (vom 22. Oktober) regelt den Schulbetrieb nach den Herbstferien, derzeit gilt für die Grundschule Am Schildberg Szenario A, also Präsenzunterricht für alle Klassen. Elternabende ja, aber nur zwei Personen pro Schulkind, Kontaktdaten müssen hinterlassen werden und es besteht eine Mund-Nasen-Bedeckungs-Pflicht. Möglichst viel Elternarbeit wird telefonisch, schriftlich oder über das schuleigene iserv-Programm geregelt.

Doch wie kommen Grundschüler mit den (immer) neuen Regeln zurecht? Rektorin Martina Starke lobt die Kinder: „Wir haben in den Klassen viel über die AHA-Regeln und das Lüften gesprochen. Die Kinder tragen den Mundschutz im Bus, auf den Gängen. Zum Glück gibt es noch keine Maskenpflicht im Unterricht, wenn sie auf den Plätzen sitzen, hoffentlich bleibt das so!“ In fast allen elf Klassen, so Starke, gibt es Kinder, die in der Familie Risikopersonen haben oder selbst durch eine Krankheit gefährdet sind. Trotzdem machen kaum Eltern vom Recht auf Homeschooling Gebrauch. Die lange Homeschoolingzeit, die den Kindern die Sozialkontakte verwehrt und viele Eltern ins Homeoffice gezwungen hat, ist noch gut in Erinnerung. „Auch mehrere Kolleginnen und Kollegen,“ so Martina Starke, „gehören Risikogruppen an, trotzdem sind alle im Präsenzunterricht und stehen vor der Klasse! Wir schützen uns so gut wie möglich durch die AHA-Maßnahmen, Plexiglasscheiben und Lüften. Zum Glück hat es an unserer Schule noch keinen Corona-Fall unter den Kindern gegeben. Lediglich Quarantänemaßnahmen für Reiserückkehrer waren angeordnet. Vorbereitungen für das mögliche Szenario B haben wir natürlich getroffen.“

Im Alltag der Schülerinnen und Schüler hat sich viel geändert. Materialien dürfen nicht gemeinsam genutzt werden. Schlimm, wenn einer auch nur seinen Bleistift vergessen hat. Der Wasserspender darf nicht mehr genutzt werden. Immer wieder Händewaschen, das kostet jeden Tag in jeder Klasse mehr als 30 Minuten Unterrichtszeit. Jeder Toilettengang eines Kindes muss mit Zeitangabe von der Lehrkraft notiert werden, damit nachvollziehbar ist, wer wem begegnet ist. Die Sitzordnung jeder Lerngruppe muss dokumentiert werden, denn neuerdings soll nicht mehr die ganze Klasse bei der Corona-Infektion eines Kindes in Quarantäne geschickt werden, sondern nur die unmittelbaren Sitznachbarn. Auf den Gängen müssen die Kinder den Mundschutz tragen und rechts gehen mit Abstand, ohne zu überholen. Der Schulhof ist in vier Sektoren aufgeteilt, welche die Klassenstufen („Kohorten“) wöchentlich abwechselnd nutzen dürfen. Spiele mit Körperkontakt sind verboten – das ist schwierig für Grundschüler.

„Bisher sind wir mit den AHA-Regeln gut zurechtgekommen,“ so die Rektorin. „Bis zu den Herbstferien konnten wir problemlos lüften.“ Jetzt, mit der Kälte, wird es schwieriger. Die vom Kultusminister, Herrn Tonne, angeordnete 20-5-20-Regel, lässt sich immer weniger durchhalten. Zum einen lassen sich nicht alle Fenster öffnen, teilweise müssen Kinder ihren Platz während des Lüftens verlassen, weil der Fensterflügel ihren Sitzplatz blockiert. Im oberen Stockwerk müssen die weit geöffneten Fenster von der Lehrkraft überwacht werden, damit niemand hinausfällt. So ist „normales Weiterunterrichten“ in den Lüftungspausen kaum möglich. Immerhin zeigen die Werte eines Kohlendioxid-Messgeräts, dass verbrauchte Luft durch das Lüften ausgetauscht wird und die Luftqualität steigt. Es ist zu hoffen, dass die gefährlichen Aerosole so auch den Weg nach draußen finden. Allerdings haben die Heizkörper der Schule keine regelbaren Ventile, so dass auch viel Wärme verloren geht.

Christine Usedom, Klassenlehrerin der 4c, nutzt die Lüftungspausen zu gymnastischen Übungen, damit die Kinder sich bewegen. „Die Temperatur sinkt stark, wenn wir nach Vorschriften lüften,“ so Frau Usedom. „Die Kinder frieren, klagen über klamme Finger und kalte Füße. Alle haben schon zusätzlich leichte Jacken mitgebracht, einige sogar Decken. Die Temperatur sinkt nach dem Lüften deutlich unter die für Unterrichtsräume erforderlichen 20 Grad.“

Auch die Elternvertreter sind in Sorge. Janet Luzar, Elternvertreterin der 4c, meint: „Wir befürchten, dass mit der kommenden Erkältungszeit unsere Kinder leichter krank werden. Unterricht bei teilweise nur 16 Grad mit Decken und Winterjacken ist keine Lösung! Gut, dass die Schulen offen bleiben sollen, aber doch nicht auf Kosten der Gesundheit! Uns berufstätigen Eltern ist nicht geholfen, wenn die Kinder sich erkälten und wir deshalb zuhause bleiben müssen. Wenn in Bayern Luftreinigungsgeräte für die Klassen beschafft werden, damit die gefährlichen Aerosole ausgefiltert werden, sollte das auch für unsere Schulen möglich sein!“

Belastend für alle ist, dass so vieles wegfällt, was Spaß und die Schulzeit bunt macht: Singen, Klassenfahrten, Bastelnachmittage, Gesundes Frühstück, Feste, Bücherausstellungen, Feiern, Plätzchenbacken, Schwimmunterricht...

„Wir alle hoffen auf sinkende Infektionszahlen und die Impfung im kommenden Jahr, damit Schule wieder offener und fröhlicher werden kann“, so Usedom abschließend.red