Essensumstellung bei Asklepios schmeckt nicht jedem

Geschäftsführung setzt in Seesen auf andere Verfahrensweise / Im Zuge dessen wurden drei Köche entlassen

In den Essenswagen auf den Stationen wird das Gericht erwärmt, so kommt es dann bei den Patienten an. Bisher wurden das Essen von den Köchen vor Ort verfeinert, das entfällt gänzlich.

Seesen. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Vor allem wenn es ums Essen geht. In den Asklepios Kliniken Schildautal Seesen wurde vergangene Woche das Essen umgestellt. Heißt, es wird nicht mehr vor Ort gekocht, sondern Tiefkühlessen vorgefertigt angeliefert und erwärmt. Das Ganze schmeckt nicht jedem, vor allem weil drei langjährige Köche – zwei Frauen und ein Mann – ihren Job verloren haben. Doch der Reihe nach.

Statt bisher drei gibt es nun 23 Gerichte zur Auswahl

Die Umstellung auf diese umfassende noch modernere Mittagsversorgung in dieser Größenordnung mit einer restaurantähnlichen Speisekarte betrifft laut Kliniksprecher Ralf Nehmzow aktuell vorerst nur den Standort Seesen. „Dass die Speisen vorgefertigt angeliefert werden, ist branchenüblich, und wird auch in Goslar in ähnlicher Form schon länger so praktiziert, wie auch übrigens in vielen anderen Kliniken in Deutschland“, teilt Ralf Nehmzow auf Anfrage mit. Dies sei Standard, darüber hinaus garantiert dies auf höchstem Hygiene-Niveau dieselbe Premium-Qualität, aber nunmehr eine noch größere Vielfalt für die Patienten. Heißt, bisher standen drei Gerichte zur Auswahl, durch das neue System sind es nun 23 verschiedene und Desserts. Nunmehr gibt es beispielsweise Wildlachsfilet, schmackhafte Gemüse- und Salatplatten sowie Frischobst der Saison und weitere attraktive Speisen, heißt es dazu auf Anfrage. „Dabei werden unsere Patienten selbstverständlich weiterhin durch unsere Pflegehelfer zu ihren Wünschen befragt. Natürlich steht das Küchenteam nach wie vor mit Rat und Tat zur Seite“, unterstreicht der Kliniksprecher.

Anfang des Jahres berichtete der „Beobachter“ über die Zertifizierung der Essen bei Asklepios, die in Seesen erfolgte dabei bereits im Jahr 2019. Auch künftig werden die Mittagessen laut Ralf Nehmzow von der Deutsche Gesellschaft für Ernährung genauer unter die Lupe genommen. „Unsere Gerichte sind ernährungsphysiologisch auf einem sehr hohem Niveau, frei von jeglichen Konservierungsstoffen sowie Farbstoffen“, betont Ralf Nehmzow. Und dabei zeigt sich, Geschmäcker sind verschieden, auch was die Wahrnehmung betrifft. Laut Asklepios finden die von ihnen befragten Patienten die Speisen sehr gut. Gegenüber unserer Zeitung äußerten sich einige unter anderem mit den Worten „Überhaupt nicht ansehnlich, geschmacklich geht das gar nicht und Fleisch durchweg in Normgröße“.

Das alle Speisen angeliefert und verteilt werden, darin unterscheidet sich das Ganze auch nicht von der bisherigen Praxis. „Das angelieferte Essen wurden bisher aber insgesamt noch bearbeitet“, äußert sich der Pressesprecher dazu. Der Unterschied: Jetzt werden sie in kompakter Form als vollständige Gerichte gebracht. Heißt, vor Ort wird kein Koch mehr in Seesen benötigt. Ein Umstand, den viele fassungslos machen. Überrascht und bestürzt angesichts der jüngsten Ereignisse zeigt sich beispielsweise der Betriebsratsvorsitzende Oliver Kmiec im Gespräch. Das Gremium hat für das Küchenpersonal kein Mandat mehr. Grund dafür ist die im Jahr 2015 erfolgt Ausgliederung des Bereiches in die Asklepios Service Hotellerie GmbH. Ein Jahr lang gab es noch das Übergangsmandat, seit Ende 2016 hat der eigene Betriebsrat übernommen.

Schicksal der langjährigen Kollegen bewegt

Doch das Schicksal der Kollegen bewegt auch das Gremium, in dem Oliver Kmiec den Vorsitz hat. „Jedoch können auch wir es nicht gutheißen, wie mit langjährigen Mitarbeitern umgegangen wird“, unterstreicht Kmiec. Teilweise 30 Jahre und länger haben die Köche in der Seesener Krankenhausküche gearbeitet. Seit vergangenem Dienstag ist Schluss. „Wenn Pflegekräfte uns verlassen, finden sie wieder Arbeit, aber für die Köche sieht es in der aktuellen Zeit ganz schlecht aus“, äußert er seine große Sorge im Gespräch. Großküche ist etwas anderes in der Gastronomie. Letztere haben gegenwärtig selbst gehörig zu kämpfen und werden vermutlich kaum jemand Neues einstellen. Das Gremium hätte sich in dem Fall gewünscht, dass die drei betroffenen Köche innerhalb des Unternehmens vielleicht eine andere Stelle angeboten gekriegt hätten.

Vor allem die Art und Weise schockiert. „Mit sofortiger Wirkung wurden sie vom Dienst freigestellt, ohne dass diese im Vorfeld über diese einschneidenden Veränderungen informiert wurden“, heißt es in einem Schreiben, das dem „Beobachter“ vorliegt. Warum darf/kann man so mit Menschen umgehen?  Ist auch im Zuge dessen zu hören. Hinter jedem entlassenen/freigestellten Mitarbeiter steckt auch ein Menschenleben, das weiterhin finanziellen und familiäre Verpflichtungen hat, äußert sich derjenige.

Durch Rehaschließung weniger Patienten

Kliniksprecher Ralf Nehmzow führt vor allem die Schließung der Seesener Reha-Klinik Ende Dezember 2020 ins Felde, die einen erheblichen Patientenrückgang nach sich zog. „Daher wurde die Asklepios Service Hotellerie GmbH aufgrund der wirtschaftlichen Lage gezwungen, sich von drei Mitarbeitern in Verbindung mit einer Systemanpassung aus der Küche betriebsbedingt zu trennen“, teilt er dazu mit. Und Nehmzow fügt in dem Zusammenhang an: „Wir bedauern das sehr, sahen aber leider keine andere Möglichkeit. Solche Entscheidungen werden niemals leichtfertig getroffen, sondern nur dann, wenn sie absolut notwendig sind, zur Erhaltung des Betriebes“. Mit zwei Mitarbeiterinnen wurden bereits Einigungen erzielt, mit einem anderen Mitarbeiter ist man weiter im Gespräch, um eine zufriedenstellende und einvernehmliche Lösung zu erzielen.syg