Faszination Seifenkistenrennen

Wolf-Dieter Ternedde stellte sein Buch vor und zeigte Film aus dem Jahr 1955

Wolf-Dieter Ternedde mit seinem Buch zu den Seifenkistenrennen in Seesen. Im Hintergrund ein Bild mit ehemaligen Fahrern 2014.

Seesen. Der Seesener Wolf-Dieter Ternedde hatte zu einem Film- und Vortragsabend in den großen Saal des Jacobson-Hauses eingeladen. Zu Beginn führte der Leiter des Städtischen Museums Seesen, Dirk Stroschein, in das Thema ein. Er erinnerte zuerst an die beiden Vorläuferveranstaltungen zum Thema Seifenkistenrennen, die Wolf-Dieter Ternedde bereits zur Jahreswende 2013/14 unter großer Resonanz durchgeführt hatte.

Es folgte damals eine Ausstellung im Städtischen Museum, die auch über die Stadtgrenzen hinaus auf reges Interesse gestoßen war. Stroschein betonte das Verdienst Wolf-Dieter Terneddes, mit dem nun vorliegenden Buch etwas Bleibendes für das Stadtgedächtnis geschaffen zu haben und zollte ihm seinen Dank. In diesem Zusammenhang zitierte er noch den Schriftsteller Erich Kästner, der zur Bedeutung der Pflege einer Erinnerungskultur einmal formuliert hatte: „Alt ist, was man vergessen hat. Und das Unvergessliche war gestern. Der Maßstab ist nicht die Uhr, sondern der Wert. Vergesst das Unvergessliche nicht!“ Und zu diesem Unvergesslichen, so Stroschein abschließend, gehörten auch die Seesener Seifenkistenrennen zu Beginn der 1950er-Jahre.

In der Folge zeigte der Autor zuerst einen Film über das Seifenkistenrennen 1955. In dem historischen Streifen konnten die zahlreichen Zuschauer den Bau einer Kiste in der Firma Schreibmaschinen-Flechsig miterleben sowie eine Sequenz aus der Sitzung des damaligen Organisationsausschusses sehen. Einen breiten Raum nahm die technische Abnahme vor dem Rathaus ein.

Es folgte der Autokorso durch die Stadt und das eigentliche Rennen in der Dehne mit der Siegerehrung. Ferner wurde die Abfahrt der Seesener Sieger Uwe Riese und Ewald Henkel von Northeim aus zu den Deutschen Meisterschaften nach Duisburg gezeigt. Zum Schluss gab es noch Ausschnitte eines internationalen Rennens in München im Jahr 1950.

Während der anschließenden Pause nutzten viele der ehemaligen Fahrer die Gelegenheit, in Gesprächen Erinnerungen aus den 1950er-Jahren auszutauschen. Etliche hatten sich Jahrzehntelang nicht gesehen und so war manch bewegender Moment bei den Zusammenkünften zu erleben.
Im zweiten Teil des Abends stellte der Autor dann sein Buch vor, das den Titel: „Seifenkistenrennen in Seesen 1951 bis 1955“ trägt. Es umfasst 164 Seiten, ist mit 119 Fotos von den Rennen illustriert und in 14 Kapitel unterteilt.

Nach einer Einleitung folgt die Geschichte der Kinderautomobile zu Beginn des letzten Jahrhunderts im Taunus. Es wird dann auf die Entstehung der Seifenkisten (Soap Boxes) in den 1930er-Jahre in den USA eingegangen und die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland beleuchtet.

Auch die Vorbereitungen für das 1. Rennen in Seesen werden näher beschrieben, welche Rolle der Fußballverein VfL dabei spielte und wie die Suche nach einer Rennstrecke verlief. Es folgen dann vier Kapitel von dem Seesener Rennen im Jahr 1951 sowie den drei Rennen in den Jahren 1953 bis 1955. In den nächsten Abschnitten werden private Initiativen auf dem Bulk und die Geschichte der Rennen in Rhüden behandelt.

Des Weiteren gibt es eine Übersicht über die Derbys in Goslar in den Jahren 1950 bis 1953, die mit zehn Fotos von den Rennen illustriert ist und unter anderem Charlotte Neumann am Start zeigt, das wohl erste Mädchen, das bereits 1951 an Seifenkistenrennen teilgenommen hat. Im nächsten Kapitel erfährt der Leser einiges über das Engagement der Firma „Adam Opel AG“ und die Gründung des Vereins „Deutsches Seifenkisten Derby e.V.“ 1973 in Frankfurt. Ebenso werden die verschiedenen Klassen vorgestellt, die im Laufe der Jahre eingeführt wurden. Jede Klasse wird durch ein Farbfoto einer Kiste dokumentiert.

In den Anhängen sind einmal 83 Seesener Fahrer aus den vier Rennen alphabetisch aufgeführt und zum anderen die 33 Patenfirmen, die einst die Kisten gesponsert hatten.

Mehr als 50 Fahrer, die Anfang der 1950er-Jahre zwischen elf und 15 Jahre alt waren, haben dem Verfasser über 150 Fotos zur Digitalisierung überlassen und von den Tricks bei der technischen Vorbereitung und von Unfällen während der Rennen erzählt. Wolf-Dieter Ternedde konnte in Gesprächen manche Geschichten aus den jeweiligen Familien bei den Zusammenkünften erfahren und in dem Buch verarbeiten. Die Leser erfahren etwa, wer mit der Bezeichnung: „Quax der Bruchpilot“ gemeint war. Außerdem wird der Bahnrekord vorgestellt, den ein Seesener bei den Deutschen Meisterschaften 1954 in Duisburg aufstellte. Des Weiteren wird der Reporter vom NWDR vorgestellt, der 1954 über die Seesener Rennen berichtete. Auch einige kuriose Kisten werden näher beschrieben.

Das Buch kann in den beiden Seesener Buchhandlungen „Bücherwelt“ in der Bismarckstraße und „Isabella Beier“ in der Jacobsonstraße für 20 Euro erworben werden.ic